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Auf der Suche nach Tony McKay

Auf der Suche nach Tony McKay

Titel: Auf der Suche nach Tony McKay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yt Genthe
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wartende Limousine.
    ‘That’s him,’ schreit Bill, ‘someone get him!’
    ‘Listen, hadn’t you better go to hospital to get a few stitches?’ fragt Britta.
    Bill guckt der abfahrenden Limousine nach.
    ‘Nah, no point, I haven’t got health insurance.’
    Bill versucht auf Heiko gestützt aufzustehen. Mit einiger Hilfe kommt er schließlich hoch. Ich hole seinen Rucksack, der immer noch an der Wand lehnt.
    ‘So, where are you guys from?’ fragt er mich.
    ‘Germany,’ sage ich ihm.
    ‘Deutschland? Toll, da war ich viele Jahre mit die Armee.’
    Er freut sich sichtlich über unsere Nationalität. Nicht sicher, warum und wieso, aber zur Abwechslung ist das ja auch mal ganz schön.
    ‘Können wir ihnen irgendwie helfen?’ fragt Heiko.
    ‘Ich mocht mich mal hinsetzen, in mein Kopf dreht sich alles herum,’ sagt Bill und schwankt etwas.
    ‘Du, der hat bestimmt eine Gehirnerschütterung,’ sage ich zu Heiko.
    ‘Lass‘ uns mal zu die Battery Park gehen, das ist nur ein paar Blocks von hier, da kann ich mich auf ein Bank legen,’ antwortet Bill und humpelt auf Heiko gestützt voran.
     
    Britta und ich sitzen mit Bill auf einer Bank im Battery Park und sehen die Staten Island Ferry über’s Wasser nach Manhattan schippern. Heiko ist losgezogen, um Kaffee und ein paar Doughnuts zu holen, ‘Aber nicht von CoffeeAllstars!’ schreit Bill ihm hinterher.
    ‘Für einen Moment dachte ich, Rosa wäre wieder da,’ murmelt Britta leise.
    Die Sonne scheint, aber es ist kalt dabei. Wir gucken über das Wasser. Vor 400 Jahren war das hier bestimmt mal ganz schön, bis irgend so ein Holländer sich gedacht hat ‘Hier kann man Geld machen!’. Und siehe, alle, die nach ihm gekommen sind, teilen diese Obsession, ja haben sie zum kategorischen Imperativ allen Handelns erhoben. Kant rotiert wahrscheinlich in seinem Grab in Kaliningrad, denn so hatte der sich das auch nicht vorgestellt.
    Der Unterschied zu damals ist aber wohl der, dass dieser erste Holländer sein Geld mit Pelzen oder Ähnlichem gemacht hat, also mit richtigen Gütern, die man anfassen konnte, und die irgendwo irgendjemandem nützlich waren. Ich will das jetzt gar nicht verniedlichen, denn ich bin absolut gegen das Tragen von Pelz oder die Ausbeutung der autochthonen Bevölkerung zum Zwecke der Bereicherung einiger weniger Zugereister. Aber verglichen mit der Diktatur der Finanzmärkte, der wir alle heutzutage unterworfen sind, egal wo auf der Welt wir leben, war das geradezu harmlos. Die, die heute in Manhattan Geld machen, haben selber keine Werte, erschaffen nichts, und benutzen nur andere: kleine Anleger, ihre eigene Regierung, wer auch immer ihnen bei ihren finanziellen Machenschaften zur Maximierung ihres persönlichen Profits dienlich sein kann. Das Perverse daran ist noch, dass ihnen das Wohlergehen der Organisation für die sie arbeiten dabei nebensächlich ist, es geht nur mehr um das, was für sie selber dabei herausspringt, und wenn die Institution für die sie arbeiten dabei zu Grunde geht, Hauptsache sie haben vorher ordentlich abgesahnt. Sie saugen aus allen, die ihren Weg kreuzen, den letzten Tropfen Blut und lassen sie dann links liegen, verrecken am Straßenrand, während die Politiker diesen Blutsaugern immer noch mehr Geld in ihre Rachen stecken - denn die Idee einer Welt ohne Blutsauger, in der es möglich ist, gesellschaftlichen Reichtum gerecht zu verteilen, eine Welt wo nicht einem Prozent der Bevölkerung 95 Prozent des Reichtums gehören, ist unseren demokratisch gewählten Führern offenbar so zuwider, ja die Idee an sich ist so abstrus, dass alle, die wagen die Ungerechtigkeit der augenblicklichen Verhältnisse auch nur zu erwähnen, zu Ketzern erklärt werden, denen unbedingt der Garaus gemacht werden muss.
     
    Bill sitzt neben mir und sagt, ‘Denen haben wir’s gezeigt, was?’
    Ich gucke ihn an: aufgeplatzte Augenbraue, Gesicht verbeult, Hose zerrissen, Jacke voller Blut. Für den ist das Glas wahrscheinlich immer voll.
    ‘Äh, ja, hm, vielleicht irgendwie,’ stottere ich. Nicht sicher, was ich darauf antworten soll.
    Er guckt mich an und grinst.
    ‘Ich weiß, was du denkst.’ Er betastet seine Kopfplatzwunde.
    ‘Wichtig ist, dass du Widerstand machst. Dass du zeigst, dass es noch andere Meinung gibt. Dass nicht alle Menschen stumm sind. Wir müssen zeigen, dass es noch Leute gibt, die denken nach und wissen die lügen alle, unsere Politiker in Washington und die Banker hier an Wall Street. Wenn keiner mehr

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