auf der verbotenen Insel
wirklich um eine organisierte Entführerbande handelt – dann sind die doch sicherlich perfekt ausgerüstet.«
Julius sah sich noch einmal genau in der Hütte um. Dann nickte er. »Es ist wirklich wahr: wenn wir nicht den klaren Beweis hätten, dann würde niemand annehmen, daß die Entführer mit dem kleinen Mädchen hier gewesen sind.«
»Ob die Baskenmütze dem Mädchen gehört?« fragte Georg zweifelnd, »Sie sieht so groß aus.«
»Sie ist auch viel zu abgetragen und schmutzig«, meinte Anne mit einem leichten Naserümpfen. »Die Tochter eines Millionärs läuft doch bestimmt nicht in solchen Sachen herum. Aber vielleicht gehört sie einem der Männer.«
»Um so besser«, meinte Julius entschlossen, »dann haben wir das erste Corpus delicti.« »Das erste was?« fragte Anne mit offenem Mund. Julius lachte belustigt. »Das ist Lateinisch, mein kleines Schwesterchen, und wird in der Fachsprache der Juristen, Rechtsanwälte und Richter und so verwendet. Es bedeutet so viel wie Beweismittel.«
Anne schnitt eine Grimasse. »Wenn du das englische Wort dafür weißt, warum sagst du es dann erst auf lateinisch!«
»Ist doch klar«, sagte Georg schnippisch, .der kluge Julius möchte ein bißchen mit seinen Kenntnissen angeben. Das tut er doch dauernd, seit er auf dem anderen Internat ist. Seitdem redet der doch ständig so unverständliche Sachen.«
Julius überhörte die Stichelei, er war nicht nachtragend, und schon gar nicht in den Ferien.
Außerdem wurde er von Tim abgelenkt. Der hatte nämlich wieder einmal seine anhängliche Tour. Schwanzwedelnd strich er so eng an Julius Beinen entlang, daß Julius bei jedem Schritt befürchten mußte, ihm auf die Pfoten zu treten.
»Geh zu, Tim«, sagte er, »was ist denn los? Warum guckst du mich so seelenvoll an? Ich hab keine Kekse, da mußt du schon bei Richard betteln.«
»Er will nur, daß wir ihn nicht vergessen«, sagte Georg.
»Bestimmt brummt sein Magen schon, und er merkt, daß Futterzeit ist. Da macht er sich dann immer besonders beliebt. Ganz schön raffiniert, was?«
X
Die Spur führt zum Kloster
Später, als sie mit den Arbeitern zusammen beim Essen saßen, kam plötzlich ein heftiger Wind auf. Die Tischdecke bauschte sich, und die Blätter der Obstbäume rauschten.
»Hoffentlich kommt nicht ausgerechnet jetzt der Regen!« rief Ellie Black ärgerlich. »Das wäre wirklich zu dumm.«
»Aber wir brauchen dringend Regen«, erwiderte einer der Arbeiter, den sie Joe nannten. »Das Rübenfeld ist schon ganz gelb. Sonst vertrocknet uns noch die ganze Ernte.«
»Rübenfeld hin, Rübenfeld her«, sagte Ellie Black ungeduldig. »Ausgerechnet heute haben Bettie und ich die Gardinen aus den oberen Zimmern gewaschen und draußen zum Trocknen aufgehängt. Hundert Wäscheklammern! Mein Rücken ist jetzt noch ganz steif!« Der Gedanke an die Gardinen beschäftigte sie so, daß sie sich gar nicht richtig auf die köstliche Lammkeule konzentrieren konnte.
Der Himmel wurde tatsächlich immer dunkler, dicke Wolken zogen auf und ballten sich am Horizont zusammen.
Auch die Kinder beobachteten das Wetter mit großer Sorge. Sie hatten sich doch vorgenommen, zum Strand hinunterzugehen, und im Regen würde das nun wirklich keinen Spaß machen. Außerdem würde wahrscheinlich selbst die gutmütige Ellie Black es sehr verwunderlich finden, wenn die Kinder bei strömendem Regen mit ihren Badesachen in Richtung Klippen verschwänden!
Julius beschloß also, daß Mittagessen so lange wie möglich hinauszuzögern, um die Wetterlage abzuwarten. Das war auch nicht schwer, denn das Essen war wieder einmal vorzüglich, und die Kinder hatten von ihrem langen Weg einen tüchtigen Hunger mitgebracht.
Nur Anne fiel manchmal mitten beim Kauen die kleine Denise ein. Wo sie jetzt wohl war! Und wie einsam und ängstlich sie sich wohl fühlte. Anne hatte ein weiches Herz. Der Gedanke, daß ein Kind in diesem Augenblick nicht so glücklich und fröhlich sein konnte wie sie, beschäftigte sie sehr. Sie bückte sich und streichelte Tim, der unter dem Tisch saß, um sich abzulenken.
»Ich glaube wirklich, es ist noch einmal gutgegangen«, sagte Ellie Black aufatmend. Das Gewitter zieht vorbei. Was wollt ihr denn heute nachmittag machen, Kinder? Ich habe mir schon überlegt, ob es nicht lustig für euch wäre, wenn wir ein paar Kinder aus dem Dorf einladen und so ein kleines Fest veranstalten würden, mit Pfänderspielen und Topfschlagen und Geschicklichkeitsspielen. Ich würde Kuchen backen
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