Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf die feine Art

Auf die feine Art

Titel: Auf die feine Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
aber was soll ich machen, meine Schwester hat mich gebeten, ein paar Tage ihren Hund zu hüten.«
    Für einen lauen Frühlingsabend war Hellström in Schal und dickem Mantel viel zu warm angezogen. Plötzlich nieste er kräftig. Aha, eine Frühjahrsgrippe, dachte ich und antwortete:
    »Ja, es sieht so aus, als ob Kimmo wegen Mordes angeklagt werden wird.«
    »Schlimm, schlimm. Annamari kann einem Leid tun. Zuerst Sannas Tod, und nun das.«
    »Annamari scheint seelisch nicht sehr stabil zu sein. Ist Armi gut mit ihr ausgekommen?«
    Hellström lachte auf. »Armi ist mit allen gut ausgekommen. Annamaris Verhältnis zu ihr ist etwas anderes, wenn du verstehst, was ich meine. Wahrscheinlich gibt es kein Mädchen, das Annamari als Schwiegertochter akzeptieren würde. Sie bemuttert Kimmo viel zu sehr, während sie Sanna völlig sich selbst überlassen hat.«
    »War Sanna Hänninen auch Ihre Patientin?« Ich erinnerte mich, dass Eki von Abtreibungen gesprochen hatte; Hellström musste davon wissen.
    »Meine Klientin. Ja, das war sie. Wieso?«
    Plötzlich war es mir unmöglich, mit Hellström über Sannas Sexualleben zu sprechen. Zum Glück legte sich sein Köter mit einem Windhund an, sodass ich mich verdrücken konnte.
    Annamari flatterte im wehenden Gewand in ihrem Haus herum wie ein vom Licht verwirrter Nachtfalter. In den letzten Tagen hatte sie Kimmo besuchen dürfen, was ihre Verwirrung offenbar nur verstärkt hatte.
    »Das mit Sannas Papieren, also ich weiß nicht recht«, zögerte sie. »Vielleicht sollte man sie wie die Tagebücher verbrennen. Sollten wir die arme Sanna nicht endlich in Frieden ruhen lassen? Ihr Leben war schwer genug, am besten denken wir gar nicht mehr daran.«
    »Ist dieser Stapel alles, was von ihr übrig geblieben ist? Ist denn nichts in ihrem Zimmer zurückgeblieben? Irgendwas, Kleider, Bücher?«
    »Wir haben es zum Gästezimmer gemacht, Matti und Mikko schlafen manchmal dort. Sannas Kleider hat Henrik auf den Flohmarkt gebracht. Diese Fummel hätte sowieso keiner von uns tragen können. Kimmo hat wohl einen Teil von ihren Büchern und Platten aufbewahrt, in seinem Zimmer, aber ich weiß nicht, was ihm gehört und was von Sanna kommt. Guck dich einfach um!«
    »Aber zuerst holen wir die Papiere.« Ich hatte einen großen Rucksack und Satteltaschen mitgebracht. Zum Glück hatte ich Sannas Aufzeichnungen am Montagabend bei den Hänninens gelassen, sonst wären sie mit mir im Meer gelandet und nicht mehr zu entziffern gewesen. Ob Annamari darauf spekuliert hatte?
    »Glaubst du wirklich, es hilft Kimmo, wenn du das alles liest? Du begreifst ja gar nicht, Maria, wie schwer es ist, Mutter zu sein. Noch dazu so allein, wie ich, Henrik ist ja immer auf Dienstreise. Ich hab sein Kind großgezogen und zwei eigene dazu. Und immer diese Angst, dass den Kindern was passiert. Dass sie unters Auto kommen oder später in schlechte Gesellschaft geraten und kriminell werden. Und eines Tages merkst du dann, dass du nichts verhindern kannst. Am Ende passiert doch das Schlimmste, wie bei Sanna. Dann willst du nur noch vergessen«, jammerte Annamari. Sie war an der Treppe stehen geblieben, während ich den Stapel aus dem Schrank holte.
    Ich öffnete die Tür zu Kimmos Zimmer. Annamari hatte es nach der polizeilichen Durchsuchung nicht aufgeräumt. Die Bettdecke war zerknüllt, der Kleiderschrank durchwühlt, hier und da lagen seltsame Gegenstände herum, die sich bei näherer Betrachtung als S/M-Zubehör entpuppten: eine Reitpeitsche, ein kleines Gummilaken, Schlösser … Pertsas Ermittler hatten die Schublade mit Kimmos Sexutensilien offenbar auf den Fußboden geleert.
    »Haben die Polizisten gesagt, dass hier nichts verändert werden darf?«, fragte ich Annamari, die auf einmal hinter mir stand.
    »Nein … Ich mag da nicht reingehen. Ich will gar nicht wissen, was für schreckliche Sachen Kimmo da drinnen aufbewahrt!«
    Abgesehen von seinem Sexspielzeug wirkte Kimmos Zimmer wie eine ganz gewöhnliche Studentenbude. Auf dem Schreibtisch stand ein 386er PC mit zusätzlichem Festplattenlaufwerk und Drucker, an der Wand hingen einige Poster mit Landschaftsaufnahmen und ein großes Foto von Armi im geblümten Sommerkleid. Fernseher und Video standen in der Ecke, das Regal füllten hauptsächlich Fachbücher und ein paar Bestseller. Sannas Bücher waren leicht zu identifizieren: Sylvia Plath’ Gesammelte Werke, einige Bände von Virginia Woolf, ältere englische Lyrik. Die Plath-Bände mit den vielen

Weitere Kostenlose Bücher