Auf die Freundschaft!
läuft. Seit Ramona, meine Kollegin, uns im Supermarkt gesehen hat, ist er noch viel erpichter darauf, dem Gerücht, wir könnten in einer außerberuflichen Beziehung zueinander stehen , entgegen zu wirken, wie es so schön formuliert hat.“ Entrüstet schnaubte ich und hoffte auf die Solidarität meiner Freundinnen. Ich wurde nicht enttäuscht.
„Aber das ist doch schon drei Monate her!“, rief Karin.
„Das klingt echt nicht gut, Claudia. Warum will er es denn nicht öffentlich machen? Habt ihr mal offen darüber gesprochen?“, wollte Maria wissen, aber ich zuckte mit den Schultern.
„Seit Weihnachten haben wir nicht mehr darüber gesprochen. Er meinte ja, ich solle Geduld haben, aber das ist jetzt auch schon bald vier Wochen her. Wie lange soll ich denn noch warten?“
„Ich denke, sein Ruf ist ihm wichtiger“, meinte Hannah. „Ich kenne solche Typen. Er ist doch hoch angesehen in seinen Kreisen. Vielleicht hat er immer noch die Befürchtung, dass eine Beziehung mit seiner Angestellten das Bild verändern könnte. Karin, alles in Ordnung?“
Karin war kreideweiß und sprang unvermittelt auf, als habe sie einen elektrischen Schlag bekommen. Panisch blickte sie sich um, aber offensichtlich fand sie nicht das, was sie suchte. Ehe wir verstanden, was ihr Problem war, übergab sie sich in einen übergroßen Blumentopf, der vor dem Lokal stand und mit einer Palme bepflanzt war.
Wir taten das, was alle Freundinnen in einer solchen Situation tun: Wir streichelten ihr den Rücken, sprachen ihr gut zu und versuchten sie vor neugierigen Blicken abzuschirmen. Hannah organisierte ein Glas Wasser, während Maria und ich Karin in das Café geleiteten, wo sie sich auf eine Couch setzte und den Kopf in die Hände stützte. Eine Gruppe von fünf Jugendlichen war vergnügt vor dem Café stehengeblieben, um das Schauspiel zu betrachten. Sie amüsierten sich prächtig, bis Hannah sie mit säuerlicher Miene verscheuchte.
„Ich weiß gar nicht, was mit mir los ist“, keuchte Karin. Ich reichte ihr ein Taschentuch und sie wischte sich durch ihr Gesicht.
„Mir ist schon seit zwei Tagen schlecht. Ich glaube der Fisch neulich war nicht gut. Vielleicht sollte ich Montag zum Arzt gehen.“
Wir nickten und warteten, bis Karin sich wieder gefangen hatte. Sie sah noch immer sehr blass aus.
„Ich möchte zurück ins Hotel“, murmelte Karin dann und wir erfüllten ihr den Wunsch.
Im Hotel angekommen legten wir Karin ins Bett. Sie sah eigentlich nicht krank aus, nur ein wenig blass. Sicherheitshalber stellte Maria ihr eine Schüssel daneben, und wir ließen sie zwei Stunden lang schlafen, während wir schwimmen gingen und ich mir eine Hautbehandlung gönnte, nach der ich Mike eine SMS schrieb, ob alles in Ordnung sei. Er ließ sich lange Zeit mit dem Antworten, schrieb dann aber, dass es ihm noch nie so gut gegangen sei.
Gegen sechs Uhr, als wir Karin zum Abendessen abholen wollten, kamen wir zurück auf unser Zimmer, wo wir sie tränenüberströmt vorfanden.
„Was ist los?“, rief ich besorgt.
Karin schluchzte.
„Ich habe eine ganz furchtbare Angst“, gestand sie und wischte sich die Tränen weg. Wir warteten, dass sie weitersprach, aber sie starrte nur aus dem Fenster. Stumme Tränen rannen ihr das Gesicht herunter. Ich hatte sie nicht mehr so elend erlebt, seit Thomas Hillmann ihr in der zweiten Klasse mitten auf dem Schulhof den Rock runtergezogen hatte. Es musste schon etwas Erschütterndes geschehen, um Karin derart aus der Fassung zu bringen. Sie riss ihren Blick vom Fenster los und sah uns alle mit vor Sorge zusammengezogenen Augenbrauen an.
„Ich habe meine Tage nicht bekommen.“
Hannah schaffte es in Rekordzeit, wieder da zu sein. Wir hatten sie zu einer Apotheke geschickt, um sich mit Schwangerschaftstests einzudecken. In weiser Voraussicht hatte sie auch Beruhigungsdragees und Gute-Laune-Tee mitgebracht. Mit einer Handvoll Tests schickten wir Karin ins Badezimmer, während Maria vor lauter Aufregung die ganzen Dragees aufaß und ich Tee kochte.
Als sie wieder in den Wohnraum kam sah Karin aus, als würde man gleich entscheiden, ob sie zu lebenslanger Haft verurteilt würde oder nicht. Die Tests hatte sie mitgebracht und wir legten sie gut sichtbar auf den kleinen Couchtisch und beugten uns darüber.
Wir brauchten gar nicht lange warten. Bereits nach einer Minute waren zwei dicke Linien sichtbar. Wir warteten trotzdem bis zum Ende der Zeit ab, aber die zweite Linie leuchtete uns förmlich
Weitere Kostenlose Bücher