Auf die Freundschaft!
an, als wolle sie sagen: Ihr seht richtig, ich bin tatsächlich da!
Resigniert sank Karin in sich zusammen.
„Das darf nicht wahr sein“, stammelte sie immer wieder. Wir saßen eine Weile dort und ließen Karin den Schock verarbeiten, aber irgendwann hielt ich es nicht mehr aus.
„Du kriegst das schon hin“, sagte ich und ich hoffte, es würde ihr etwas Mut machen. Karin drehte sich zu mir um und kam mir wütend vor.
„Ich habe bereits fünf Kinder, die genug Arbeit machen! Ich liebe Kinder, aber das Letzte, was ich jetzt will, ist einen Säugling im Haus! Ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll. Wie konnte das überhaupt passieren?“
„Normalerweise durch Geschlechtsverkehr“, sagte Hannah trocken und Karin bewarf sie mit einem Kissen.
„Ich nehme die Pille, du dumme Nuss.“
„Dann hast du sie wohl vergessen“, war Hannahs Antwort. Karin dachte nach. Selbst wir hörten den Groschen in Karins Kopf fallen.
„Natürlich! Ich weiß! Oh nein, dass ich so leichtsinnig sein konnte nach so vielen Jahren. Ja, ich habe sie vergessen, beziehungsweise ich habe sie zwei Tage gar nicht genommen, als ich krank war.“
„Sieh an, sogar Mutter Teresa vergisst mal die Pille“, spöttelte Maria, die die ganze Zeit über nichts gesagt hatte.
„Aber Mutter Teresa hätte nicht vergessen, zu verhüten“, sagte ich und hob mahnend einen Zeigefinger.
„Mutter Teresa hatte überhaupt keinen Sex“, verbesserte Hannah.
Karin schien nicht mehr wahrzunehmen, was wir redeten.
„Ich muss nachdenken.“
Sie ging in unserem Zimmer auf und ab. Plötzlich hielt sie abrupt inne.
„Und ich habe Alkohol getrunken! Oh mein Gott, ich habe das Baby gefährdet!“
Instinktiv strich sie über ihren Bauch und schaute uns mit großen Augen an.
„Da wird schon nichts passiert sein“, beruhigte ich sie. „Ich habe am Anfang auch mal ein Glas Wein getrunken, als ich noch nicht wusste, dass ich schwanger war. Hauptsache, du lässt es nun sein und gehst nächste Woche zum Arzt.“
„Dann ist es ja kein Wunder, dass dein Sohn so geworden ist.“ Jetzt grinste Karin endlich wieder. Sie setzte sich auf das Bett zu uns.
„Manfred wollte immer sechs Kinder haben“, sagte sie nachdenklich. Maria legte ihren Arm um sie. Mein Magen knurrte vernehmlich und Karin sah mich mitleidig an.
„Also gut, lasst uns essen gehen und das Wochenende genießen! Ich kann jetzt ohnehin nichts ändern. Wenn ich zu Hause bin, spreche ich in Ruhe mit Manfred und wir überlegen uns, wie wir das hinkriegen.“
Karin sah uns an und wir stimmten ihr zu.
Beim Abendessen war das Baby natürlich das Gesprächsthema Nummer eins. Wir überzeugten Karin von ihrer geheimen Zweitidentität als Superfrau und sprachen ihr gut zu. Dann stellten wir diverse Szenarien auf, wie sie Manfred mit der neuen Kunde überraschen könnte. Maria wurde dabei immer stiller, bis sie sich schließlich entschuldigte und in Richtung der Toiletten verschwand. Ich folgte ihr.
Sie stand am Waschbecken und sah mich traurig an, als ich eintrat.
„Das muss alles ganz schön schwer für dich sein“, sagte ich. Sie zog geräuschvoll die Nase hoch.
„Alle außer mir werden schwanger.“
„Ich nicht“, antwortete ich, wusste aber, dass das Argument nicht zählte, weil ich bereits ein Kind hatte und kein weiteres wollte. Maria sagte nichts.
„Irgendwie hofft ein Teil in mir noch immer, dass es klappt“, seufzte sie dann und blickte wieder in den Spiegel.
„Maria, ich kann dir nicht versprechen, dass ihr mal Eltern werdet, aber ich weiß, dass ihr es verdient hättet. Ihr wärt großartige Eltern. Hattet ihr euch inzwischen über Adoption informiert?“
„Darüber nachgedacht, ja. Wir haben auch Infomaterial angefordert, aber eine solche Entscheidung braucht ihre Zeit. Wir kämpfen noch immer damit, keine eigenen Kinder bekommen zu können. Christian ist richtig melancholisch, ihn nimmt das unendlich mit. Die ganze Zeit schwingt so eine Traurigkeit mit, wenn wir miteinander sprechen und Sex hatten wir schon seit Wochen nicht mehr.“
„Und was ist mit seiner Meinung, auf Kinder ganz zu verzichten?“
„Ach, das will er noch immer. Es wäre ja alles unkomplizierter ohne Kinder, man könne sich viel mehr leisten, jedes Jahr in den Urlaub fliegen und so weiter. Aber das ist nur eine Phase, denke ich.“
Ich hatte den Eindruck, dass es ihr gut tat, sich alles von der Seele zu reden und hörte einfach zu.
„Es ist so gemein, Claudia, so ungerecht!“
Die
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