Auf die Freundschaft!
hatte.
Eine Woche lang war ich krankgeschrieben. Ken kam morgens vor der Arbeit und stand gleich nach Feierabend wieder in meiner Wohnung. Schon nach einigen Tagen ließen die Kopfschmerzen nach. Am Montag würde ich Lutz wieder gegenübertreten. Ich blickte auf mein Handy, das auf dem Esszimmertisch lag. Keine SMS, kein Anruf. Seit unserem zufälligen Treffen im Theater hatte ich keine Silbe von ihm gehört. Ich fragte mich, wie sich Lutz mir gegenüber verhalten würde, wenn wir uns in der Schule wiedersehen würden.
Karin besuchte mich mittags. Sie brachte Finn und eine volle Kiste mit Lebensmitteln mit.
„Ich wollte dir etwas Schönes kochen“, begrüßte sie mich, nachdem ich fragend die Kiste beäugt hatte.
„Das ist aber süß von dir! Komm, gib mir die.“
Ich nahm Karin die Kiste ab und stellte sie auf den Esszimmertisch. Wir packten nach und nach Kartoffeln, Zwiebeln, Gemüse und Hackfleisch aus.
„Ist mit Lutz jetzt Schluss?“
Karin schälte die Kartoffeln und warf sie in einen Topf. Ich seufzte und schälte im halben Tempo eine Mohrrübe.
„Auf jeden Fall. So etwas lasse ich mir doch nicht bieten!“
„Ja, das ist meiner Meinung nach auch die richtige Entscheidung. Und wie ist jetzt dein Plan?“
„Keine Ahnung. Ich meine, vielleicht sollte ich einfach mal mein Leben in die Hand nehmen und etwas draus machen. Mich nicht immer von anderen abhängig machen.“
„Verstehe.“ Karin nickte. „Und Ken?“
„Über Ken müssen wir uns noch unterhalten.“
„Bitte sag jetzt nicht, du willst wieder zu ihm!“
„Ich will Ken nicht zurück, keine Angst. Aber wir haben uns so gut verstanden, dass ich überlege, ob wir vielleicht häufiger etwas zusammen unternehmen sollten, einfach als Freunde.“
„Und was?“, fragte Karin.
„Was Freunde so machen: Schwimmen gehen, ins Kino gehen, kegeln oder was weiß ich.“ Dabei überlegte ich krampfhaft, wann ich das letzte Mal schwimmen gewesen war. Oder im Kino. Oder kegeln.
Wie auch immer.
„Warum eigentlich nicht?“ Karin zuckte mit den Schultern. Dann trug sie den Topf in die Küche, wo sie ihn mit Wasser füllte und auf die Herdplatte stellte.
„Die anderen beiden werden dich zwar köpfen, aber das ist ja deine Entscheidung.“
„Meinst du echt? Aber wir verstehen uns einfach so gut, dass ich es schade fände, wenn wir uns… entfremden. Alleine schon wegen Mike, der unter unserer Trennung ohnehin leiden muss. Ich würde jedenfalls gerne mit euch zusammen demnächst mal bowlen gehen und Ken mitbringen. Denkst du, das wäre eine gute Idee?“
„Ich würde ihn auf jeden Fall gerne kennenlernen. Und ich wette, Hannah denkt ganz genau so.“
Das dachte ich mir. Schließlich war Ken ledig und Hannah saß auf dem Trockenen, seit sie Philipp, dem Studenten, den Laufpass gegeben hatte.
„Weißt du was? Ich ruf Ken an und frage ihn.“
Ich hatte Kens neue Nummer schneller gewählt, als Karin Einwände erheben konnte. In kurzen Worten erklärte ich ihm mein Vorhaben.
„Sehr gerne“, sagte er. „Aber wäre es vielleicht möglich, dass wir uns vorher noch mal sehen? Alleine? Also ohne dass Mike da ist oder du krank auf dem Sofa liegst?“ Ich überlegte, ob es wohl ein Verbrechen war, mit seinem Exmann essen zu gehen oder ins Kino und beschloss, mir nicht mehr vorschreiben zu lassen, was ich zu tun durfte und was nicht. Hannah hatte wirklich einen wunderbaren Einfluss auf mich!
„Gute Idee. Wie wäre es am Donnerstag? Wir könnten ins Kino gehen.“
„Wie wäre es, wenn ich dich morgen zum Mittagessen einlade und wir danach ins Kino gehen?“
„Danach? In die Nachmittagsvorstellung?“ Ich dachte, da liefen nur die Kinderfilme.
„Ich muss abends leider zu einem Geschäftsessen. Sonst müssen wir das Kino verschieben.“
„Nein, ist schon gut. Nachmittags Kino ist mal etwas anderes.“
Essen und Kino – das klang nach meinem sechzehnjährigen Ich bei seiner ersten Verabredung.
„Ich komme aber nachher trotzdem vorbei, wenn das okay für dich ist.“
„Klar. Dann bis nachher.“ Ich musste über das ganze Gesicht grinsen. Karin rollte mit den Augen.
Am nächsten Mittag trafen Ken und ich uns mittags im Baldinis , wo ich normalerweise immer mit den Mädels meine Freitagabende verbrachte, und bestellten einen Teller für zwei Personen. Es fühlte sich an, als würde ich einen Freund treffen, den ich lange Zeit nicht gesehen hatte. Wir unterhielten uns über unser altes Leben in den USA, über Kens Arbeit bei
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