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Auf die Freundschaft!

Auf die Freundschaft!

Titel: Auf die Freundschaft! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Bühnemann
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der Versicherung („Was mein Chef kann, kann ich schon lange!“, höhnte er. „Irgendwann werde ich der Chef sein.“) und über das Gespräch mit Lutz.
    „Du hast mit diesem Lutz jetzt Schluss gemacht, oder?“, fragte er mich.
    „Wenn man es aus seiner Sichtweise betrachtet, waren wir gar nicht zusammen, aber ja, ich habe Schluss gemacht. Wäre ja noch dämlicher, ihm nach so einem Betrug noch eine Chance zu geben.“ Ein kleiner Seitenhieb konnte nicht schaden.
    Nachdenklich nickend sah Ken mich an.
    „Keine zweite Chance, Ken“, machte ich ihm klar und fuchtelte mit meiner Gabel vor seiner Nase herum. Er lachte.
    „Das weiß ich doch. Ich hab nur gerade eben gedacht, wie ich dich bewundere. Du hast dir hier echt ein tolles Leben aufgebaut.“
    „Pass auf, dass du auf der Schleimspur nicht ausrutschst, die du hinter dir herziehst.“
    „Ich meine es ernst.“
    Ich kaufte es ihm ab und nahm das Lob zur Kenntnis. Ehrlich gesagt fühlte ich mich geschmeichelt, aber ich wollte Ken nicht wissen lassen, wie gut mir seine Komplimente taten. Bevor ich etwas erwidern konnte, sprach Ken weiter.
    „Ich weiß, dass ich keine Chance habe, dich jemals zurück zu bekommen, aber ich danke dir, dass du mit mir essen gehst und dass ich Zeit mit Mike verbringen kann. Ich werde dich trotzdem immer lieben, aber da ich das nicht von dir erzwingen kann, würde ich mich freuen, wenn wir wenigstens Freunde sein könnten. So kitschig das auch klingt.“
    „Ehrlich gesagt, hatte ich schon die gleichen Gedanken.“
    „Wie immer.“
    Sein Lächeln ließ es in meinem Bauch kribbeln.
     
    Die Stunden vergingen und wir fanden erst ein Ende, als ein Kellner uns fragte, ob wir noch etwas bestellen wollten, weil der Platz ansonsten beansprucht werden würde. Wir zahlten und stellten fest, dass unser Kinofilm bereits angefangen hatte. „Und jetzt?“ fragte ich.
    „Lass uns einfach ein wenig spazieren gehen“, schlug Ken vor.
    Während wir die Straße entlang schlenderten, dachte ich zurück an Hoffman Estates, den Vorort von Chicago, in dem wir so lange gewohnt hatten. Die Zeit war wirklich schön gewesen. Wenn es dort, wie hier jetzt, frühlingshaft war, hatten wir an Kens freien Tagen zu dritt Spaziergänge unternommen. Hand in Hand waren wir die Straße entlanggeschlendert und auf den kleinen Waldweg abgebogen, der unweit von unserem Haus entfernt begann. Mike war um uns herum gerannt, auf umgefallene Baumstämme gesprungen oder hatte Blätter eingesammelt, während Ken und ich ins Gespräch vertieft gewesen waren. Es war, als könne ich diese ungezwungene Verbundenheit unserer Seelen von damals heute wieder spüren.
    Ken benahm sich tatsächlich wie ein Freund und nicht wie jemand, der mich wiederhaben wollte. Er schien meine Entscheidung zu akzeptieren. Als er mich abends nach Hause brachte, umarmte ich ihn lange und intensiv, sog seinen einmaligen, männlichen Geruch ein und ignorierte das Kribbeln in meinem Bauch. Am liebsten hätte ich seinen Geruch in ein Glas geschlossen, um ihn immer zu riechen, wenn es mir schlecht ging.
    „Gute Nacht.“
    „Schlaf gut.“
    Ich schloss die Tür und beobachtete heimlich durch das Fenster, wie Ken davonging.
     
    ***
     
    Die Arbeit wurde zur Hölle, aber fangen wir vorne an: Am Montag kam ich nach einwöchiger Abwesenheit wieder ins Büro, grüßte meine Kollegin Ramona freundlich wie immer und nahm keine Veränderungen wahr. Ich erzählte Ramona alles über den Unfall, ohne meine Begegnung mit Lutz zu erwähnen. Lutz saß bereits in seinem Büro. Die Tür war einen Spalt geöffnet.
    Er grüßte mich nicht, aber das hatte er früher auch nicht getan. Ramona und ich plauderten wie immer. Irgendwann am Vormittag kam Lutz dann aus seinem Büro und legte mir einen Stapel Blätter hin.
    „Die müssten bitte abgelegt werden.“
    Ich beäugte den Stapel skeptisch: Krankenbescheinigungen, Entschuldigungen der Schüler, Briefverkehr. Alles ungeordnet. Seufzend machte ich mich an die Arbeit. Normalerweise war der Stapel halb so hoch. Das brachte meinen ganzen Tagesplan durcheinander. Lutz sprach nicht ein Wort mit mir, aber das störte mich nicht.
     
    Auch der nächste Tag verlief nicht besser. Ich musste einen weiteren Papierstapel bearbeiten, der noch umfangreicher war als der vorherige, was mich den ganzen Vormittag kostete. Alle Viertelstunde rief Lutz mich zu sich und gab mir unnütze Aufgaben, ließ mich Kaffee kochen, Kopierpapier aus dem Keller holen, drei Jahre alte Rundschreiben

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