Auf die Freundschaft!
erneut abtippen und Telefongespräche führen, die ich auch am nächsten Tag hätte erledigen können.
„Im Keller ist dieses Regal mit Schulakten von 1985 bis 1990. Das muss neu sortiert werden“, sagte er zu mir, als er das Sekretariat durchquerte.
„Frau Robinson, wenn Sie das bitte machen würden?“
Ich seufzte. Ramona wühlte derweil in ihrer Tasche herum.
„Kommt es mir nur so vor, oder muss ich unnütze Aufgaben machen?“, fragte ich sie.
„Hast du mein Portemonnaie gesehen? Es lag heute Morgen hier neben dem Computer.“
Ich schüttelte den Kopf und ließ Ramona weitersuchen. Seufzend ging ich in den Keller.
Ramona wurde jeden Tag stiller. Die schlechte Stimmung, die zwischen Lutz und mir herrschte, ging offensichtlich auf sie über.
„Hast du dein Portemonnaie gestern gefunden?“, fragte ich sie.
„Nein. Ich werde wohl meine Karten alle sperren lassen müssen.“
„Das kann doch gar nicht sein! Wer sollte das denn genommen haben?“
Lutz kam ins Sekretariat. Er sprach zu Ramona.
„Frau Lohme, ich brauche einen Stapel Etiketten zum Bedrucken.“
Er wusste ganz genau, dass die Etiketten in meinem und nicht in Ramonas Schreibtisch lagen. Unaufgefordert öffnete ich meine Schublade, damit Ramona sich bedienen konnte. Sie stutzte.
„Das ist ja mein Portemonnaie!“
Sie langte in meine Schublade und holte ihr Portemonnaie hervor. Ich erkannte es sofort. Wie kam es in meinen Schublade? Schockiert starrte ich Lutz an, der unbeteiligt zurücksah.
„Claudia, hast du etwa mein Portemonnaie genommen?“, fragte mich Ramona.
„Nein, habe ich nicht! Auf keinen Fall! Ich weiß nicht, wie es da reingekommen ist“, verteidigte ich mich. Lutz hob eine Augenbraue.
„Aber das Portemonnaie lag in deinem Schreibtisch. Und ich suche es seit gestern.“
„Ramona, ich habe es nicht genommen!“
„Meine Damen, das lässt sich sicher aufklären.“ Lutz breitete die Arme aus, als wolle er die ganze Welt umarmen. Ramona sprang auf.
„Mit einer Diebin will ich nicht zusammenarbeiten!“
„Ramona, ich war es nicht!“ Ich hatte Mühe, nicht zu schreien. Aber Ramona wollte mir nicht glauben. Sie behauptete steif und fest, dass nur ich es gewesen sein konnte. Ich konnte es nicht beweisen, aber ich hätte auf alles geschworen, dass Lutz mit dieser Sache zu tun hatte.
„Ein Abmahnung? Ist das dein Ernst?“
Ich fuchtelte mit dem Schreiben, das eine Woche später bei mir eingetroffen war, vor Lutz‘ Nase herum.
„Die Indizien sind offensichtlich“, erklärte Lutz schulterzuckend. „Bei Diebstahl wird abgemahnt. Wenn du noch einmal gegen die Vorschriften verstößt, könnte das eine Kündigung nach sich ziehen. Sei froh, dass es nur eine Abmahnung ist. Ich hätte dich fristlos entlassen können.“
„Das hättest du wohl gerne gemacht.“ Ich versuchte, ihn mit Blicken zu töten. „Du hattest keine Beweise, um mich loszuwerden. Das ist Mobbing, was du hier machst, Lutz.“
„Ich mache nichts“, erwiderte er ebenso kühl. „Hast du schon die Akten sortiert?“
Ich begann, vorsichtiger zu werden. Wenn Lutz es ein Mal geschafft hatte, mich abzumahnen, würde er es auch ein weiteres Mal schaffen.
Ramona sprach kein Wort mehr mit mir. In ihren Augen war ich eindeutig schuldig, auch wenn ihr ihr noch so oft beteuerte, dass ich das Opfer war und nicht der Täter.
„Ramona, bitte glaube mir. Dr. Wantisek will mich bei dir schlecht machen.“ Ich seufzte, bevor ich ihr das Geständnis machte. „Dr. Wantisek und ich hatten eine Affäre, die aber in die Brüche gegangen ist und jetzt will er mich fertigmachen!“
Statt mitfühlende Blick zu ernten, sah Ramona mich abschätzig an. Sie neigte sich zu mir und flüsterte: „Dr. Wantisek hat mich schon gewarnt, dass du so eine Geschichte erfinden würdest, um dich zu rechtfertigen. Er würde niemals eine Affäre mit dir anfangen.“
Es klang wie Schadenfreude.
„Aber du hast uns doch beim Einkaufen zusammen gesehen! Dir muss doch etwas aufgefallen sein!“, versuchte ich es weiter. Kaum zu glauben, dass Lutz so hinterhältig war!
„Nur weil sich zwei Leute zufällig beim Einkaufen treffen, heißt das doch nichts. Dr. Wantisek hat selbst gesagt, es sei ein Zufall gewesen.“
Ich stöhnte auf und sank in mich zusammen. Das konnte alles nicht wahr sein!
„Verstehst du es nicht, Ramona? Ich habe sein Geheimnis aufgedeckt! Er führt ein Doppelleben! Unter der Woche war er mit mir zusammen und am Wochenende ist er nach Braunschweig
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