Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf die Ohren

Auf die Ohren

Titel: Auf die Ohren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
Vom Netzwerk:
warum. Clarissas Aufforderung, wir sollten uns lieber setzen, war offensichtlich nicht ordentlich durchdacht, denn das einzige Sitzmöbel im Proberaum ist mein Schlagzeughocker, und der ist naturgemäß bereits von mir belegt.
    »Äh … setzen? Und wohin genau?«, fragt Robbie und zeigt demonstrativ auf die nicht vorhandenen Sitzgelegenheiten.
    »Ach, das war doch nur rhetorisch gemeint«, erwidert Clarissa aufgekratzt. Sie klettert zu mir hinters Schlagzeug, schwingt sich auf meinen Schoß und gibt mir einen stürmischen Begrüßungskuss. »So, jetzt sitze ich wenigstens«, sagt sie. »Ihr anderen haltet euch besser fest, sonst kippt ihr gleich um. Und das war nicht rhetorisch gemeint, ihr solltet euch wirklich irgendwo festhalten.«
    Die Jungs schauen sich erneut verwirrt an, keiner bewegt sich.
    »Na los!«, fordert Clarissa mit Nachdruck. »Ich erzähle nichts, bevor ihr euch nicht festhaltet!«
    »Von mir aus«, sagt Robbie schulterzuckend und legt eine Hand auf den Türgriff.
    Christopher umklammert skeptisch schauend den Tragegriff seines Amps und Steffen greift nach einem meiner Beckenständer.
    »Sehr gut«, sagt Clarissa grinsend. »Dann kann ja nichts mehr passieren. Seid ihr bereit für die umwerfendste Nachricht aller Zeiten?«
    »Oh Mann, jetzt lass dich nicht so feiern!«, stöhnt Steffen. »Raus damit!«
    »Okay, okay. Aaaalso … Ich habe euch doch von meinem Onkel aus Berlin erzählt? Der Musikjournalist?«
    »Nein, hast du nicht«, sagt Steffen. »Macht aber nix, erzähl weiter.«
    » Mir hast du davon erzählt«, werfe ich ein. »Das ist der, der gerade bei euch zu Besuch ist, oder?«
    »Genau«, bestätigt Clarissa. »Und gestern nach dem Abendessen haben wir noch ewig gequatscht und ich habe ihm von der Band erzählt und dann wollte er gleich was von uns hören und ich habe ihm die Proberaumaufnahmen vorgespielt.«
    »Oh nein!«, stöhnt Christopher. »Bist du wahnsinnig? Die haben doch eine total beschissene Qualität, das kann man niemandem zumuten, schon gar nicht einem Musikjournalisten. Für welche Zeitschrift schreibt er denn?«
    »Keine Ahnung, für alle möglichen«, antwortet Clarissa. »Dass die Aufnahmen nicht so toll sind, habe ich ihm natürlich vorher gesagt, aber er wollte sie trotzdem unbedingt hören. Und er fand die Songs richtig gut!«
    »Was, echt?!«, platzt es aus mir heraus.
    »Also richtig, richtig gut!«, fährt Clarissa enthusiastisch fort. »Und das hat er nicht nur gesagt, weil er mein Onkel ist! Er war wirklich total begeistert!«
    »Ja, wie geil!«, jubelt Steffen.
    »Und was bedeutet das jetzt genau?«, will Robbie wissen. »Sind wir jetzt nächste Woche in der Bravo, oder was?«
    » Bravo?«, sagt Christopher und verzieht angewidert das Gesicht. »Geht’s noch? Da will ich gar nicht rein. Außerdem arbeiten da keine Musik –, sondern nur Klatschjournalisten. Richtige Musikjournalisten arbeiten für den Musikexpress. Oder den Rolling Stone. Das wäre dann echt der Hammer. Wenn wir im Rolling Stone stehen würden. Sag mir bitte, dass dein Onkel etwas über uns im Rolling Stone schreibt, Clarissa.«
    »Nein«, sagt Clarissa verheißungsvoll lächelnd. »Besser. Viel, viel besser.«
    »Besser als der Rolling Stone?!«, sagt Christopher mit weit aufgerissenen Augen. »Was soll das denn sein?«
    »Ich weiß es!«, ruft Steffen triumphierend. »Wir werden in die Rock ’n’ Roll Hall of Fame aufgenommen! Als erste Band, die noch nicht mal ein Album rausgebracht hat! Weil wir schlicht und einfach die Besten sind!«
    »Nein, das ist es auch nicht«, sagt Clarissa lachend. »Aber es könnte dazu führen. Rein theoretisch zumindest. Wenn alles klappt. Und wir ganz viel Glück haben. Und …«
    »Oh Mann, jetzt hör auf, uns auf die Folter zu spannen!«, sage ich und zwicke sie kräftig in die Seite. »Los, erzähl schon, was ist es?«
    »Au!«, quiekt sie kurz auf. »Schon gut, schon gut! Ich erzähl’s ja! Aber ich brauche einen Trommelwirbel! Ohne Trommelwirbel erzähle ich gar nichts mehr!«
    »Okay, den kannst du haben«, sage ich und wende mich an die Jungs. »Robbie, Christopher, ein Trommelwirbel? Wie, das könnt ihr nicht? Steffen, du vielleicht? Auch nicht? Ach, stimmt ja! Der Einzige, der einen Trommelwirbel liefern und damit die Situation retten kann, ist … Ta-daaa! Der Schlagzeuger!«
    Zufrieden grinsend greife ich um Clarissa herum nach meinen Sticks. Oha, ganz so einfach wird das nicht. Ein Trommelwirbel, wenn jemand auf deinem Schoß sitzt – das

Weitere Kostenlose Bücher