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Auf die Ohren

Auf die Ohren

Titel: Auf die Ohren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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in diesem Fall auf keinen Fall der Schlagzeuger sein wird!
    »Ich glaub, jetzt muss ich mich wirklich setzen«, sagt Christopher und bläst laut Luft aus den Wangen.
    Bei Christopher muss ich mir keine Sorgen machen. Er weiß ganz genau, was das bedeutet, und außerdem ist er sowieso der beste Musiker von uns.
    »Quatsch, setzen! Darauf müssen wir erst mal anstoßen!«, jubelt Steffen. »Zum Glück bin ich auf solche Fälle immer vorbereitet!«
    Steffen sollte eigentlich auch kein Problem sein, den kann überhaupt nichts erschüttern. Am Bass ist er spitze und wenn er von der Bühne aus genauso viel gute Laune verbreitet wie im Proberaum, können wir dadurch nur gewinnen.
    Steffen greift nach seinem Army-Rucksack, aus dem ein wohlbekanntes Klimpern ertönt. Er öffnet ihn und greift hinein.
    »Pils oder Ex?«, fragt er in die Runde.
    »Also wenn ich schon die Wahl habe, nehme ich ein Pils«, sage ich.
    »Ich auch«, sagt Clarissa.
    »Ich auch«, sagt Christopher.
    »Mir egal«, sagt Robbie.
    Okay, somit wäre das schwächste Mitglied der Band identifiziert – unser Rhythmusgitarrist. Wobei sich die Schwäche mehr auf seinen Charakter als auf sein Können bezieht. Daran, dass er gut spielen wird, habe ich kaum Zweifel, aber mit seiner Wischiwaschi-Egal-Einstellung würde er bei Sony wahrscheinlich nicht einmal den Nachtwächter vom Hocker reißen. Ich kann nur hoffen, dass ihm bewusst ist, was ab jetzt für uns auf dem Spiel steht. Und dass es alles andere als egal ist, welchen Eindruck wir bei dem Talentscout hinterlassen. Ich denke, ich werde ihn mir die Tage mal schnappen und ihm auf den Zahn fühlen müssen, kann auf jeden Fall nicht schaden.
    Steffen reicht Clarissa und mir zwei Flaschen Pils hinters Schlagzeug, Clarissa gibt ihre gleich an mich weiter.
    »Aufmachen, bitte«, sagt sie lächelnd.
    Eins steht fest: Wegen Clarissa muss ich mir nicht den Kopf zerbrechen, im Gegenteil. Als Frontfrau mit dieser Stimme und diesem Aussehen ist sie unsere Trumpfkarte. Wer Clarissa und ihren Gesang nicht absolut umwerfend findet, muss taub, blind und total bescheuert sein. Die einzige Gefahr, die ich bei ihr sehe, besteht darin, dass der Sony-Typ dermaßen begeistert von ihr sein könnte, dass er uns Jungs überhaupt nicht mehr wahrnimmt und ihr einen Vertrag als Solokünstlerin anbietet. Aber da hat er sich geschnitten, der Herr Sony! Clarissa würde uns nämlich nie im Stich lassen, niemals! Wir sind eine Band und uns gibt es nur als Komplettpaket! Jawohl!
    Ich drücke Clarissa für ihre Loyalität einen Kuss auf die Lippen und öffne unsere Bierflaschen. Sie erhebt sich von meinem Schoß und zieht mich hinter sich her in die Mitte des Raums.
    »Okay, Jungs«, sagt sie. »Dann lasst uns mal anstoßen.«
    Wir bilden einen Kreis und strecken alle unsere Flaschen in die Höhe.
    »Na dann«, sagt Christopher. »Auf uns!«
    »Auf die Zukunft!«, stimmt Clarissa mit ein.
    »Auf deinen Onkel!«, füge ich hinzu.
    »Auf den Mann von Sony!«, ruft Robbie. »Wie heißt der überhaupt? Ach, auch egal, jedenfalls Prost!«
    »Auf Auf die Ohren!«, skandiert Steffen. »Und darauf, dass unser Konzert ein absoluter Kracher wird!«
    Wir lassen die Flaschen in der Mitte laut zusammenklirren und jeder trinkt einen großen Schluck.
    »Ich kann’s immer noch nicht ganz fassen«, sagt Christopher, nachdem er sich wohlig ächzend den Mund mit dem Ärmel abgewischt hat. »Euch ist hoffentlich klar, dass wir ab jetzt noch intensiver proben müssen. Es muss alles perfekt sitzen.«
    Ich wusste es, auf Christopher kann ich immer zählen.
    »Quatsch, perfekt«, erwidert Steffen. »Wir machen Punk. Punk ist nicht perfekt. Punk ist dreckig und rotzig. Punk muss holpern und scheppern.«
    »Stimmt«, sage ich. »Aber das Holpern und Scheppern muss perfekt sein. Wir dürfen auf keinen Fall wie irgendeine x-beliebige Dilettanten-Schülerband rüberkommen.«
    »Für den Sony-Mann sind wir aber eine x-beliebige Dilettanten-Schülerband«, stellt Robbie fest.
    »Eben«, sage ich. »Und genau deswegen müssen wir ihn davon überzeugen, dass wir mehr draufhaben, dass wir besser sind als alle anderen. Ich werde jedenfalls vor dem Konzert noch üben, bis mir die Arme abfallen.«
    »Ein Schlagzeuger ohne Arme?«, sagt Steffen grinsend. »Damit würden wir garantiert groß rauskommen.«
    »Ein Schlagzeuger ohne Kopf, das wäre noch besser!«, scherzt Robbie.
    »Nein, das wäre nichts Besonderes«, erwidert Steffen. »Schlagzeuger benutzen ihren Kopf doch

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