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Auf die Ohren

Auf die Ohren

Titel: Auf die Ohren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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eigentlich auch aufhören?«
    Er hat Recht, das wollte ich. Eigentlich. Mit Clarissa zusammen. Schon vor ein paar Wochen. Aber irgendwie hat das bis jetzt nicht so hingehauen.
    »Nach dem Auftritt«, sage ich. »Das Abi war einfach zu stressig, und jetzt kommt noch das Mündliche und dann unser Konzert, das steh ich ohne Kippen nervlich nicht durch. Apropos, hast du mal eine für mich, Lisa? Ich hab meine letzte gerade Bechthold gegeben.«
    Ob sie wirklich so dumm ist und auf meine simple Überrumplungstaktik hereinfällt? Christopher hat es sofort durchschaut und versucht sie durch ein gekünsteltes Räuspern zu warnen, aber dafür ist es schon zu spät.
    »Ja, klar«, sagt Lisa und zieht ein Zigarettenpäckchen aus ihrer Jackentasche. »Sind aber nur die Leich…«
    Jetzt hat sie ihren fatalen Fehler bemerkt.
    »Oh Mann!«, flucht sie und schlägt sich die Hand vor die Stirn. »Wie doof kann man sein?!«
    »Diese Frage kannst wohl nur du allein beantworten«, sage ich genüsslich fies grinsend. »Aber falls es dich beruhigt, ich habe es schon vorher gewusst.«
    »Du hast es ihm gesagt?!«, faucht sie Christopher an und boxt ihn auf den Arm.
    »Aua, nein!«, beschwert sich Christopher. »Kein Wort hab ich gesagt! Echt nicht!«
    »Du kannst aufhören, deinen Freund zu verprügeln«, sage ich. »Er hat dichtgehalten. Und dafür, dass er es seinem besten Kumpel nicht erzählt hat, darf nur ich ihn verprügeln.«
    Christopher kriegt von mir einen Hieb auf den anderen Arm.
    »Aua!«, motzt er. »Hat euch schon mal jemand gesagt, dass ihr eine ausgesprochen gewalttätige Familie seid?«
    »’tschuldigung, Schnucki«, sagt Lisa und reibt mit schuldbewusster Miene Christophers Arm. »War nicht so gemeint.«
    »Ja, ’tschuldigung auch von mir, Schnucki«, sage ich grinsend. »Kommt nicht wieder vor – wenn du mir von jetzt an brav alles erzählst.«
    »Wird er nicht!«, erwidert Lisa. »Und woher weißt du das überhaupt mit dem Rauchen?«
    »Also erstens, liebes Schwesterchen, bin ich nicht blind«, erkläre ich, »und zweitens habe ich quasi Abitur und kann dementsprechend eins und eins zusammenzählen. Wenn es aus einem Busch eben noch qualmt und du aus genau diesem Busch Sekunden später Kaugummi kauend herauskommst, muss man nicht Sherlock Holmes sein, um den Zusammenhang zu erkennen.«
    »Oh Mann! Mist, verdammter!«, flucht sie. »Aber du erzählst es nicht Mama und Papa! Bitte! Du darfst es ihnen nicht erzählen!«
    »Hm«, sage ich und streiche mir gespielt nachdenklich übers Kinn. »Das kommt ganz drauf an, würde ich sagen.«
    »Worauf?«, fragt sie skeptisch.
    »Sagen wir mal, für den Anfang kommt es darauf an, wer von uns beiden heute Abend die Spülmaschine einräumt«, sage ich mit einem fiesen Lächeln auf den Lippen. »Worauf es sonst noch ankommt, da wird mir bestimmt noch das eine oder andere einfallen, mach dir da mal keine Sorgen.«
    Spätestens jetzt ist der Groschen bei ihr gefallen. Ihre Augen verziehen sich zu schmalen, böse funkelnden Schlitzen.
    »Oh, du … du mieser …«, zischt sie mich auf der Suche nach einer angemessenen Beleidigung an.
    »Ha, siehst du!«, würge ich sie ab. »Und schon habe ich noch etwas gefunden, worauf es ankommt! Es kommt darauf an, wie nett du in nächster Zeit zu deinem großen Bruder bist und dass du ihn auf gar keinen Fall beschimpfst. Sorry, ich habe dich unterbrochen. Was wolltest du eben noch sagen?«
    Wenn Blicke und heruntergeschluckte Schimpfwörter töten könnten, wären unsere Eltern von diesem Moment an kinderlos.
    »Du …«, knurrt Lisa mich an. »Du … liebster und gütigster Bruder der Welt.«
    »Ich sehe, wir verstehen uns«, sage ich grinsend.
    »Aber das ist nicht fair!«, motzt sie. »Du rauchst doch auch!«
    »Stimmt«, sage ich. »Und genau deswegen müsstest du dich eigentlich noch sehr gut daran erinnern können, was zu Hause los war, als Mama und Papa es rausgekriegt haben.«
    »Oh ja«, seufzt sie. »Da war die Hölle los. Du durftest über einen Monat lang gar nichts mehr.«
    »Doch«, widerspreche ich. »Ich durfte sechs Wochen lang sämtliche Drecksarbeiten zu Hause erledigen. Und genau das wirst du jetzt machen. Ich nenne das ausgleichende Gerechtigkeit.«
    »Oh Mann!«, stöhnt sie. »Da kann ich es ihnen ja auch gleich selbst erzählen. Dann gehst du mir wenigstens nicht auf den Geist.«
    »Das kannst du natürlich gern machen«, sage ich. »Ich gebe allerdings zu bedenken, dass ich dir nicht sechs Wochen lang verbieten

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