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Auf die Ohren

Auf die Ohren

Titel: Auf die Ohren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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JUZ ist insgesamt ziemlich groß, wesentlich größer als das, in dem wir letztes Jahr gespielt haben. Der Raum, in dem das Konzert stattfindet, hat aber in etwa die gleiche Größe, da passen ungefähr hundert Leute rein. Die Bühne ist nicht sehr hoch, fast ebenerdig. Das Schlagzeug sieht nicht schlecht aus, aber lang nicht so gut wie meine Schießbude.
    Wir sind ziemlich früh dran, es ist noch nicht viel los. Links von der Bühne steht eine kleine Gruppe Glatzen, die uns argwöhnisch beobachtet. Den einen kenne ich, das ist Knickel, einer der Vollpfosten aus Goppels Clique. Goppel ist zum Glück nicht zu sehen, aber der spielt ja auch in der Band. Die sind wahrscheinlich alle Backstage, falls es hier so was gibt.
    Die drei Antifa-Jungs stehen mit vor der Brust verschränkten Armen bewegungslos neben mir.
    »Notausgang links, Glastür«, knurrt der eine, ohne die Lippen zu bewegen.
    »Hinterausgang wahrscheinlich bei den Toiletten, check ich gleich«, knurrt der zweite, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Billardtisch im Nebenraum«, knurrt der dritte. »Waffenpotenzial, vier Queues in Wandhalterung.«
    Okay, spätestens jetzt bin ich mir sicher, dass die Jungs nicht bloß gekommen sind, um sich ein schlechtes Konzert anzuhören. Scheiße, worauf habe ich mich da nur eingelassen?
    »Wir gehen noch mal raus, oder?«, fragt Steffen in die Runde. »Geht ja eh erst in einer halben Stunde los.«
    Wir stimmen ihm zu und folgen ihm nach draußen. Robbie verteilt eine Runde Dosenbier und wir stellen uns links neben dem Eingang auf eine Rasenfläche.
    »Der Raum ist ganz geil«, sagt Christopher. »Vielleicht können wir hier auch mal spielen.«
    »Aber nur, wenn sie das Publikum austauschen«, sage ich, denn eine weitere Gruppe Glatzen ist bereits im Anmarsch.
    »Die würden bei uns erst gar nicht kommen«, sagt Steffen. »Und falls doch – ich kenne da ein paar gute Türsteher.«
    Er prostet grinsend den Antifa-Jungs zu, sie nicken stumm zurück.
    »Die können einem ja schon irgendwie Angst einjagen«, sagt Clarissa.
    »Sollen sie ja auch«, sagt Hannah. »Zumindest, wenn du zu kurze Haare und die falsche Gesinnung hast.«
    »Wenn man vom Teufel spricht«, knurrt Christopher und zeigt auf den Eingang. »Da ist Vinnie.«
    Mein Blick folgt seinem Finger. Tatsache, da ist er. Ein sehr seltsames Gefühl, ihn wiederzusehen. Das hätte ich nicht erwartet. Ich dachte, das berührt mich so gar nicht mehr und geht mir mittlerweile komplett am Arsch vorbei. Tut es aber nicht.
    Ich meine, das war jahrelang mein allerbester Freund. Wir haben alles gemeinsam gemacht und sehr viel zusammen erlebt. Und dann war er es von einem Tag auf den anderen plötzlich nicht mehr. Und auch, wenn das meine und definitiv die richtige Entscheidung war – ein bisschen habe ich ihn doch vermisst. Nicht sein großes Maul, nicht seine maßlose Selbstüberschätzung, nicht seine immer asozialer und rechter werdende Grundhaltung. Aber das, was wir vorher einmal waren, was uns über all die Jahre verbunden hat, das hat mir schon gefehlt. Und jetzt steht er da, zwanzig Meter von mir entfernt, und das alles kommt wieder hoch. Wahrscheinlich hatte ich unterbewusst deswegen so wenig Bock auf dieses Konzert.
    Am Anfang, nachdem ich ihm die Freundschaft gekündigt hatte, sind wir uns ja immer noch regelmäßig in der Schule über den Weg gelaufen. Aber nach den Weihnachtsferien ist er dann plötzlich nicht mehr aufgetaucht. Robbie hat ihn kurz danach zufällig mal irgendwo getroffen und erzählt, Vinnie hätte die Schule geschmissen und würde bei einem Getränkehändler jobben. Und seitdem habe ich nichts mehr über ihn gehört, geschweige denn ihn gesehen – bis jetzt.
    Robbie pfeift laut durch die Finger.
    »Hey, Vinnie, alter Sack!«, ruft er und winkt Vinnie zu. »Hier sind wir!«
    Er hat uns entdeckt und kommt breit grinsend auf uns zu.
    Clarissa greift nach meiner Hand und drückt sie kurz fest. Sie ahnt wohl, dass mir das Wiedersehen mit Vinnie nicht leichtfällt. Wobei diese Begegnung für sie sicher auch nicht sehr prickelnd sein dürfte, schließlich ist Vinnie ihr Ex und hat sie damals ziemlich scheiße behandelt.
    »Hey-ho, die Ohren -Bande!«, ruft er strahlend. »Das ist ja geil, dass ihr hier seid! Robbie, alter Scheißtyp! Alles fit?«
    »Bei mir immer, du alte Kackbratze!«, sagt Robbie und die beiden geben sich einen Clap.
    »Küken! Du bist ja auch da!«, ruft Vinnie freudig, als er Lisa entdeckt. »Mann, wir haben uns ja ewig nicht

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