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Auf die Ohren

Auf die Ohren

Titel: Auf die Ohren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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Bau fest. Aber keine Sorge, es gibt Mittel und Wege, dies zu verhindern. Fangen Sie einfach an, schlechter zu kochen, und waschen Sie nur noch bei neunzig Grad, dann erledigt sich das Problem irgendwann von selbst.«
    Elterliches Gelächter durchzieht die Aula – und meine lachen mit am lautesten. Hey, was soll das denn bedeuten? Sie wollen mich doch wohl hoffentlich nicht möglichst schnell loswerden, jetzt, wo ich mein Abi habe? Das war so nicht geplant. Ich dachte, ich fange erst mal in aller Ruhe an zu studieren, ohne mir Sorgen um die Finanzierung machen zu müssen. Und dann, wenn ich Rockstar bin und mein Studium ruhigen Gewissens hinschmeißen kann, kaufe ich mir meine erste Villa und ziehe aus. Das ist doch ein guter, wohldurchdachter und vernünftiger Plan, oder? Und das werden – das müssen – meine Eltern ja wohl genauso sehen. Wobei ich den Rockstar-Teil lieber erst mal weglasse, dafür fehlt ihnen wahrscheinlich die Vorstellungskraft.
    »Aber Spaß beiseite«, fährt unser erstaunlich aufgeräumter Direktor fort. »Schreiten wir nun zur Übergabe. Dieser Jahrgang bestand aus siebenundachtzig Schülern und Schülerinnen, von denen dreiundachtzig ihr Abitur erfolgreich absolviert haben. Von den vieren, die es nicht geschafft haben, dürfen drei es im nächsten Jahr noch einmal versuchen. Der Vierte ist ein asozialer Taugenichts, der es nie zu etwas bringen wird.«
    Ein entrüstetes Raunen erfüllt die Aula. Natürlich wissen die meisten Schüler, dass er damit Vinnie gemeint hat. Einige der Eltern scheinen allerdings zu befürchten, dass ihnen eine böse Überraschung bevorstehen könnte.
    »Keine Sorge, ich darf das sagen, denn seine Eltern sind heute nicht anwesend«, erklärt unser Direx mit einem verschmitzten Grinsen und erntet dafür einige erleichterte Lacher. »Nun aber in alphabetischer Reihenfolge zu denjenigen, die sich ihr Abitur redlich verdient haben. Aichner, Viktor, bitte kommen Sie zu mir auf die Bühne.«
    Der Aichner. Er war bei mir im Deutschkurs. Vierzehn Punkte. Zwölf für seine Leistung und zwei für seine widerliche Schleimerei. Der hat bestimmt ein Einser-Abi. Das hat Clarissa natürlich auch, aber ohne Schleimen. Sie hat ausgerechnet, dass ich einen Durchschnitt von 3,7 habe. Nicht, dass das für meine Zukunft irgendwie wichtig wäre – Rockstars werden nur sehr selten nach ihrer Abi-Note gefragt.
    Viktor steht auf und kämpft sich durch die Stuhlreihen an etlichen Beinen vorbei. Es dauert eine Ewigkeit, bis er auf der Bühne angekommen ist. Der Direktor überreicht ihm sein Abiturzeugnis.
    »Mit einem Durchschnitt von 1,6 gehört Viktor zu den fünf Besten seines Jahrganges«, verkündet er. »Womit ich natürlich bereits verraten habe, dass es noch vier Schüler gibt, die besser waren. Aber grämen Sie sich deswegen nicht, Herr Aichner, das war trotzdem eine reife Leistung.«
    Und ob sich der Herr Aichner grämt! Zumindest sieht er auf dem Rückweg nicht gerade wie jemand aus, der sich jubilierend über sein Abi freut.
    Der Direktor verkündet den nächsten Namen.
    »Antonic, Irena.«
    Wie bitte, wer? Nie gehört, den Namen. Und gesehen habe ich das Mädchen, das da fünf Reihen hinter uns aufsteht, auch noch nie, jedenfalls nicht bewusst. Eigentlich sollte man ja meinen, dass man bei einem Jahrgang von knapp neunzig Schülern jeden zumindest vom Sehen auf dem Pausenhof kennt, aber ich stand heute schon mindestens drei Jungs im Anzug gegenüber, die mir so fremd waren, dass sie genauso gut ukrainische Austauschschüler hätten sein können.
    »Arendt, Marianne.«
    Die kenne ich immerhin, wir waren zusammen in Englisch, Leistung.
    Okay, diesmal stoppe ich die Zeit mit, habe ja eh nichts Besseres zu tun. Marianne steht auf, ich blicke auf die Sekundenanzeige meiner Uhr.
    Als sie wieder zurück an ihrem Platz ist, sind exakt fünfundneunzig Sekunden vergangen. Das bedeutet, dass diese lahme Veranstaltung hier bei noch achtzig ausstehenden Abiturienten insgesamt volle zwei Stunden dauern wird. Fuck, das überlebe ich nicht. Und mein Vater erst recht nicht. Ein flüchtiger Blick auf ihn zeigt mir, dass er jetzt bereits Schwierigkeiten hat, die Augen offen zu halten. Meine Mutter hat dies offenbar auch bemerkt, denn sie stupst ihn kräftig mit dem Ellenbogen in die Seite, worauf mein Vater erschrocken zusammenzuckt.
    Die nächste Stunde verbringe ich größtenteils mit Dehnübungen für meine Hand. Sie ist schon viel besser geworden, ich habe sie die letzten zwei Tage aber

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