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Auf doppelter Spur

Auf doppelter Spur

Titel: Auf doppelter Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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und – und an meiner Hand war Blut. Es war schrecklich – dick und klebrig.«
    Sie schüttelte sich.
    »Na, na«, meinte Hardcastle beruhigend, »ist ja alles vorbei. Denken Sie nicht mehr an das Blut. Was geschah dann?«
    »Ich weiß nicht… Oh, doch, sie kam nachhause.«
    »Sie meinen Miss Pebmarsh?«
    »Ja. Nur in dem Augenblick dachte ich nicht, dass sie es wäre. Sie kam mit einem Einkaufskorb!« Ihr Ton kennzeichnete den Korb als etwas, das nicht ins Bild passte. »Ich glaube, ich sagte nichts… ich wollte, aber ich konnte nicht… Und dann – und dann – fragte sie: ›Wer ist da?‹, und sie ging um das Sofa herum, und ich dachte – ich dachte, sie würde auf ihn treten. Und ich schrie… und dann konnte ich nicht mehr aufhören zu schreien, und irgendwie war ich aus dem Zimmer und durch die Tür…«
    »Das war ein guter Bericht. Denken Sie nun nicht mehr daran. Oh, eine Frage noch: Wieso waren Sie überhaupt im Zimmer?«
    »Wieso?« Sie sah verdutzt aus. »Weil sie es mir gesagt hatte – Miss Pebmarsh –, sie sagte es zu Miss Martindale – dass ich hineingehen und im Zimmer rechts von der Diele warten sollte.«
    Nachdenklich meinte Hardcastle: »So war das also… Würden Sie vielleicht noch zehn Minuten hierbleiben – falls ich Sie noch etwas fragen möchte? Ich lasse Sie dann nachhause bringen. Haben Sie Angehörige?«
    »Meine Eltern sind tot. Ich wohne bei einer Tante – Mrs Lawton.«
    Der Inspektor stand auf und gab ihr die Hand.
    »Danke sehr, Miss Webb. Versuchen Sie, heute Nacht gut zu schlafen. Sie werden es brauchen können nach allem, was Sie erlebt haben.«
    Sie lächelte ihn schüchtern an, während sie ins Esszimmer ging.
    »Kümmere dich um Miss Webb, Colin«, sagte der Inspektor. »Dürfte ich jetzt Sie, Miss Pebmarsh, bitten zu mir zu kommen?«
    Hardcastle hatte die Hand halb ausgestreckt, um sie zu führen, aber Miss Pebmarsh ging resolut an ihm vorbei, tastete mit den Fingerspitzen nach einem Stuhl an der Wand, zog ihn vor und setzte sich.
    Hardcastle schloss die Tür. Ehe er etwas sagen konnte, fragte Millicent Pebmarsh plötzlich:
    »Wer ist der junge Mann?«
    »Sein Name ist Colin Lamb.«
    »Das sagte er mir. Aber wer ist er? Warum kam er her?«
    Hardcastle sah sie etwas überrascht an.
    »Er kam zufällig die Straße entlang, als Miss Webb aus dem Hause stürzte und Mord schrie. Nachdem er sich des Tatbestands vergewissert hatte, rief er uns an und wurde gebeten, zurückzugehen und zu warten.«
    »Sie nannten ihn Colin.«
    »Sie passen gut auf, Miss Pebmarsh. Colin Lamb ist ein Freund von mir, wenn ich ihn auch längere Zeit nicht gesehen hatte… Er ist Meeresbiologe.«
    »Oh!«
    »Nun, Miss Pebmarsh, ich würde mich freuen, wenn Sie mir etwas über diese ziemlich merkwürdige Sache erzählen könnten.«
    »Gern. Aber es gibt wenig zu sagen.«
    »Sie wohnen schon längere Zeit hier, glaube ich?«
    »Seit 1950. Ich bin – war – Lehrerin von Beruf. Als mir gesagt wurde, dass man nichts mehr gegen meine schwindende Sehkraft machen könne und dass ich bald blind sein würde, spezialisierte ich mich auf Blindenschrift und ähnliche Verständigungsmittel, die den Blinden ihr Los erleichtern sollen. Ich bin am Aaronberg-Institut für blinde und behinderte Kinder angestellt.«
    »Danke. Und nun zu den Ereignissen dieses Nachmittags. Erwarteten Sie Besuch?«
    »Nein.«
    »Ich werde Ihnen jetzt eine Beschreibung des Toten vorlesen, und Sie werden mir sagen, ob Sie dadurch an jemanden erinnert werden. Größe 1,72 bis 1,74, Alter ungefähr sechzig, dunkles, schon ergrauendes Haar, braune Augen, glatt rasiert, schmales Gesicht, festes Kinn. Gut genährt, aber nicht dick. Dunkelgrauer Anzug, gepflegte Hände. Könnte ein Bankangestellter sein, Buchhalter, Anwalt oder etwas in dieser Richtung. Erinnert Sie das an jemanden, den Sie kennen?«
    Millicent Pebmarsh überlegte lange, ehe sie antwortete.
    »Ich glaube nicht. Natürlich ist es eine ziemlich allgemeine Beschreibung. Sie könnte auf viele Menschen zutreffen. Es könnte jemand sein, den ich gelegentlich gesehen oder getroffen habe, aber bestimmt niemand, den ich gut kenne.«
    »Sie haben in letzter Zeit keinen Brief erhalten, mit dem jemand seinen Besuch ankündigte?«
    »Bestimmt nicht.«
    »Gut. Also – Sie riefen das Cavendish-Sekretariats- und Schreibbüro an und fragten nach einer Stenotypistin und…«
    Sie unterbrach ihn.
    »Verzeihung. Ich habe nichts dergleichen getan.«
    »Sie haben das Büro nicht angerufen

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