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Auf doppelter Spur

Auf doppelter Spur

Titel: Auf doppelter Spur
Autoren: Agatha Christie
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dass sie mit Sheila außerhalb des Büros sprechen wollte.
    Der einzige Anhaltspunkt sind die Worte, die sie zu dem Polizisten nach der gerichtlichen Untersuchung sagte: ›Es ist nur, dass es nicht stimmen kann, was sie gesagt hat.‹ An diesem Morgen hatten drei Frauen ausgesagt. Edna hätte Miss Pebmarsh meinen können. Oder, wie allgemein angenommen, Sheila Webb. Doch es gibt eine dritte Möglichkeit: Sie hätte Miss Marti n dale meinen können.«
    »Miss Martindale? Die hat aber doch nur ganz kurz ausgesagt!«
    »Eben. Und nur über den Anruf, von dem sie behauptete, dass Miss Pebmarsh am Apparat gewesen sei.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Edna wusste, dass dieser Anruf nicht von Miss Pebmarsh stammte?«
    »Ich glaube, es war viel einfacher. Ich glaube, dass es ü berhaupt keinen Anruf gab. – Ednas Schuh ging entzwei. Sie kehrte ins Büro zurück. Aber das wusste Miss Martindale in ihrem Privatbüro nicht, sie wähnte sich allein. Sie brauchte nichts weiter zu tun, als zu sagen, dass um 13.49 Uhr angerufen worden sei. Zunächst erkennt Edna noch nicht die Bedeutung dessen, was sie weiß. Sheila wird zu Miss Martindale gerufen, und man sagt ihr, wohin sie zu gehen hat. Wie und wann diese Verabredung getroffen wurde, wird Edna gegenüber nicht erwähnt. Der Mord wird bekannt, und nach und nach wird das Bild deutlich und klar. Miss Pebmarsh rief an und forderte Sheila Webb an. Miss Pebmarsh behauptet aber, sie hätte nicht angerufen. Der Anruf soll zehn Minuten vor zwei erfolgt sein. Und Edna weiß, dass das nicht wahr sein kann. Aber Miss Martindale ist bekannt für ihre Gewissenhaftigkeit. Je mehr Edna darüber nachdenkt, desto verwirrender wird es. Sie muss Sheila fragen. Sheila wird es schon wissen.
    Und dann gehen alle Mädchen zu der gerichtlichen Voruntersuchung. Miss Martindale wiederholt die Geschichte mit dem Anruf, und jetzt weiß Edna mit Bestimmtheit, dass die so präzise Aussage falsch ist. Deswegen fragte sie einen Polizisten, ob sie mit dem Inspektor sprechen könne. Vermutlich hat Miss Martindale, die mit vielen anderen das Gebäude verließ, das gehört. Vielleicht hatte sie inzwischen von den Mädchen von Ednas Pech mit dem Schuh gehört, ohne sich klarzumachen, was das bedeutet. Jedenfalls ging sie dem Mädchen zur Wilbraham Crescent nach. Weshalb Edna wohl dorthin ging, frage ich mich?«
    »Nur, um sich den Ort des Geschehens anzusehen, nehme ich an«, sagte Hardcastle seufzend. »Es gibt Leute, die so was tun.«
    »Ja, das stimmt. Vielleicht spricht Miss Martindale sie an, geht mit ihr die Straße entlang, und Edna stellt die verhängnisvolle Frage. Miss Martindale reagiert schnell. Sie sind gerade bei der Telefonzelle. Sie sagt: ›Das ist sehr wichtig. Sie müssen sofort die Polizei anrufen. Die Nummer ist… Sagen Sie, dass wir beide sofort hinkommen.‹ Edna ist zum Gehorsam erzogen. Sie tut, was man ihr sagt. Sie geht hinein, nimmt den Hörer ab, und Miss Martindale folgt ihr, schlingt ihr den Schal um den Hals und erdrosselt sie… Es war gerade Mittagspause, und die Leute, die sich auf der Straße aufhielten, waren damit beschäftigt, auf Nr. 19 zu starren. Es war eine Chance, die von einer tatkräftigen und skrupellosen Frau kühn ergriffen wurde.
    Auf den ersten Blick versteht man natürlich nicht, was Miss Martindale mit dem ganzen Fall zu tun hat. Aber da sie zweifellos Edna tötete, muss sie etwas damit zu tun haben – ich fange an, in ihr die Lady Macbeth des Verbrechens zu sehen, eine rücksichtslose und berechnende Frau.«
    »Aber wieso? Wo ist das Motiv?«, wollte Hardcastle wissen.
    »Sie dachten, die Unterhaltung mit den Nachbarn habe nichts ergeben. Erinnern Sie sich, das Mrs Bland, nachdem sie über das Leben im Ausland gesprochen hatten, sagte, sie wäre gern in Crowdean, weil sie dort eine Schwester habe? Aber Mrs Bland durfte ja gar keine Schwester haben! Sie hatte vor einem Jahr von einem kanadischen Großonkel ein Vermögen geerbt, weil sie die einzige Überlebende der Familie war!«
    Poirot lehnte sich zurück, legte die Fingerspitzen aneinander und sprach fast träumerisch mit halbgeschlossenen Augen weiter.
    »Nehmen Sie an, Sie wären ein durchschnittlicher und nicht von allzu vielen Skrupeln geplagter Mann in großen finanziellen Schwierigkeiten. Eines Tages kommt ein Brief vom Rechtsanwalt: Ihre Frau habe ein großes Vermögen von einem Großonkel in Kanada geerbt. Der Brief ist an Mrs Bland gerichtet, nur ist diese nicht die richtige Empfängerin – Mrs
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