Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)
Kombis ab.
Einen Tag später arbeitet Dana Crappa zusammen mit ihrem Kollegen William Poepke zufällig ganz in der Nähe der Stelle, an der sie die Leiche gefunden hat. Ihr Kollege will ihr einen Streich spielen, er wirft mit etwas nach ihr, das er für einen Hirschknochen hält. Dana reagiert erschrocken und aufgebracht. Am selben Abend kehrt sie nochmals alleine zu der Leiche zurück. Sie will sichergehen, dass der angebliche Wildknochen in Wirklichkeit von der Leiche stammte. Diesmal sieht sie ein kleines, menschliches Skelett, dem ein Armknochen fehlt. Außerdem entdeckt sie, dass Kindershorts, ein kleines T-Shirt und Mädchen-Tennisschuhe ordentlich gestapelt in der Nähe des Skeletts liegen. Sechs Patronenhülsen vom Kaliber .22, die sie ebenfalls findet, nimmt sie mit und wirft sie in den Müll.
Später wird sie dazu sagen, dass in dem Waldgebiet häufig Patronenhülsen und Scherben von Tontauben herumliegen. Sie sei daher nicht auf den Gedanken gekommen, dass diese Hülsen etwas mit der Leiche zu tun haben könnten. Dieses Verhalten wirkt auf den ersten Blick sehr merkwürdig. Doch offensichtlich war Dana Crappa inzwischen in einem emotionalen Ausnahmezustand. Schon bei ihrer ersten Beobachtung hatte sie nicht wahrhaben wollen, was sie da tatsächlich sah: einen Mann, der ein kleines Mädchen in den Wald verschleppt. Seit sie die Leichenüberreste entdeckt hat, wird sie immer verzweifelter. Entsetzen, Panik, Schuldgefühle und Scham werden allmählich unerträglich.
In einem solchen Zustand handelt Dana nicht mehr nach vernünftigen Überlegungen. Am liebsten wäre ihr, die Leiche und alles, was damit zu tun hat, würden einfach verschwinden. Dann könnte sie vielleicht glauben, das alles sei nie passiert. Wenn sie sich einredet, die Hülsen seien der übliche Müll im Wald, kann sie diese ohne weitere Bedenken mitnehmen und für immer verschwinden lassen. Dann ist wenigstens ein kleiner Bestandteil dieser grauenvollen Situation, in die sie hineingeraten ist, nicht mehr da. Dies ist ein unbewusster Versuch ihres Gehirns, dafür zu sorgen, dass all dies gar nicht wirklich wahr sein kann. Nach dem Motto: Was ich nicht mehr sehen kann, das war auch nie wirklich da.
Danas Ausnahmezustand erklärt, warum sie auch nach diesem Abend niemandem von alldem erzählt. Drei Tage später arbeitet William Poepke zusammen mit zwei anderen Kollegen wieder in derselben Gegend. Schockiert entdecken sie einen menschlichen Schädel und einige Knochen. In diesem Moment wird William klar: Dana muss gewusst haben, dass hier eine menschliche Leiche liegt. Deshalb hat sie so seltsam auf seinen Streich reagiert.
Die drei Forstarbeiter melden ihren Fund sofort der Polizei. Diese sichert den Tatort ab und bringt die menschlichen Überreste in die Gerichtsmedizin. Vier Tage nach dem Fund der Leiche, am 8. Juli 1979, steht fest: Es ist das Skelett eines etwa 12-jährigen Mädchens. Die Zahnabdrücke beweisen endgültig, dass es sich um Robin handelt.
Alcala 2010 vor Gericht. Und ein Bild seines Lieblingsopfers Robin Samsoe.
Das Skelett ist in einem so schlechten Zustand, dass es keine Informationen mehr darüber liefert, ob Robin sexuell missbraucht wurde und woran sie starb. Nur eine Kieferverletzung legt nahe, dass sie an dieser Stelle einen heftigen Schlag abbekommen hat. Ein Schuh ist alles, was die Polizeibeamten noch von ihrer Kleidung finden. In der Umgebung entdecken sie auch die Tatwaffe, das Tranchiermesser, und Robins Strandhandtuch, mit dem das blutige Messer abgewischt worden ist.
Eine lange Flucht geht zu Ende
Rodney begreift, dass er wahrscheinlich keine Möglichkeit mehr hat, zu entkommen. Die Frage ist nicht mehr, ob die Polizei ihn erwischen kann, sondern nur, wann. Zwei Tage, nachdem Robins Leiche offiziell identifiziert worden ist, erklärt er seiner Freundin Elizabeth Moore, dass er kurzfristig verreisen will. Er muss nach Dallas, wo er plant, ein Fotogeschäft zu eröffnen, sagt er ihr. Dass Rodney in der letzten Zeit seine Frisur deutlich verändert hat, ist Elisabeth zwar aufgefallen, doch sie dachte sich nichts dabei.
In Wahrheit reist Rodney unbemerkt nach Seattle, wo er einen Schrank in einer Lagereinrichtung mietet. Dort bringt er Dinge unter, die einerseits sehr gefährliche Beweismittel gegen ihn sind, die ihm andererseits aber auch zu viel bedeuten, als dass er sie im Interesse seiner eigenen Sicherheit vernichten könnte: riesige Stapel von ihm selbst aufgenommener und entwickelter Fotos sowie
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