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Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Titel: Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Benecke
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Rat zu bitten. So konnte ein erfahrener Polizeibeamter zu Rate gezogen werden, ohne dass die Entführer davon erfuhren. Schließlich würde so nicht offiziell ermittelt werden.
    Die vertrauliche Information über Roberts Entführung gelangte jedoch noch am gleichen Tag, wohl durch einen Informanten, zu einem Zeitungsreporter. Dieser erfuhr nun auch, dass Bahnarbeiter in einem abgelegenen Gebiet an der Grenze zwischen Chicago und dem Bundesstaat Illinois die Leiche eines Jungen entdeckt hatten. Es wurde gerade geprüft, ob der Junge bei einem Unfall ertrunken oder auf andere Art ums Leben gekommen sein könnte. Dass jemand die Leiche so schnell entdecken würde, damit hatten Nathan und Richard nicht gerechnet. Ausgerechnet dieser Zeitungsreporter zählte eins und eins zusammen und nahm Kontakt zu Roberts Vater auf. Der wollte zunächst nicht glauben, dass es sich bei dem Toten um seinen Sohn handeln könnte. Er schickte seinen Schwager los, der sich die Leiche ansehen sollte.
    Kurz darauf klingelte wie angekündigt das Telefon im Haus von Roberts Eltern. Ettelson nahm das Gespräch an und hörte, wie der angebliche »George Johnson« ihm eine Anweisung mitteilte: »Ich werde ein Taxi zu Ihrem Haus schicken. Steigen Sie ein und fahren Sie zum Drugstore an der 1456 East Sixty-third Street.« Ettelson war sehr nervös, ebenso wie Roberts Vater, der sich den Telefonhörer reichen ließ und die Anweisung nochmals mitgeteilt bekam. Damit endete das Gespräch. Dummerweise hatten Vater und Anwalt weder Stift noch Papier zur Hand, als sie das Telefonat entgegennahmen. Die Männer, beide nach schlafloser Nacht und äußerst angespannt, stellten fest, dass sie die Adresse nicht richtig erinnerten. Bevor sie sich näher mit diesem Problem auseinandersetzen konnten, klingelte das Telefon erneut. Roberts Onkel berichtete aufgelöst, es handele sich bei der gefundenen Leiche tatsächlich um Robert.
    Nun wussten die Beteiligten, dass der Junge tot war. Doch davon wussten wiederum Nathan und Richard noch nichts. Das angekündigte Taxi kam zum Haus von Roberts Familie, der Fahrer hatte allerdings auch keine Anweisung erhalten, zu welcher Adresse er von dort aus fahren sollte. Da auch Ettelson und Roberts Vater die Adresse nicht erinnerten, mussten sie das Taxi fortschicken. Nathan und Robert jedoch hatten geplant, Roberts Vater im Drugstore anzurufen und ihm weitere Anweisungen zu geben. Als sie dies nun taten und einen »Mr. Franks« sprechen wollten, wusste der Ladenbesitzer nicht, wovon sie redeten. In dem Laden war kein »Mr. Franks«. Das war der erste Moment, in dem der Plan der kriminellen Jurastudenten auch für sie offensichtlich nicht mehr wie erhofft aufging. Sie riefen einige Zeit später nochmals in dem Laden an, mit dem gleichen Ergebnis.
    Die Nachricht, der Millionärssohn sei ermordet worden, verbreitete sich schnell. Roberts Familie, die Polizei von Chicago und zwei große Zeitungen der Stadt begannen zusammenzuarbeiten. Gemeinsam wurde eine Belohnung von 11000 Dollar ausgesetzt für Hinweise, die zur Ergreifung des oder der Täter führen würden. Nathan und Richard merkten, dass sie die Kontrolle über die Sache verloren. Sie zerstörten daraufhin sofort die Schreibmaschine, mit der sie den Erpresserbrief getippt hatten. Gleichzeitig arbeiteten die Ermittler mit den Sachbeweisen, die sie finden konnten – der Leiche, dem Brief und einem entscheidenden kleinen Gegenstand, der in der Nähe von Roberts Leiche gefunden wurde: einer kleinen Hornbrille. Diese hatte Nathan verloren. Ein sehr wichtiger Zufall, der im weiteren Verlauf eine entscheidende Rolle spielen sollte.
Möchtegern-Verbrechergenies und ihre unklugen Fehler
    Aufgrund des Erpresserbriefes war der Polizei sofort klar, dass der oder die Täter intelligent und gebildet sein mussten. Dies teilte sie auch der Presse mit, die gezielt benutzt wurde, um den Druck auf die Täter zu erhöhen. Die Polizei veröffentlichte alles, was sie über die Sachbeweise ermitteln konnte, um mithilfe der Belohnung jeden, der etwas über die Täter sagen konnte, zur Aussage zu motivieren.
    So wurde berichtet, dass der Erpresserbrief auf einer Schreibmaschine der Firma Underwood getippt worden war. Die forensischen Spurenkundler waren sogar in der Lage festzustellen, dass die Person, die den Brief getippt hatte, noch nicht lange mit der Maschine gearbeitet hatte. Dies konnte man bei Schreibmaschinen beispielsweise durch die Härte des Anschlags bei bestimmten Buchstaben erkennen.

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