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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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Erinnerungen des vergangenen Tages über mich herein: der Drachenmeister, das Rennen, die Peitsche, die er mir in die Hand drückte. Heute war Sa Gikiro, der Tag nach Mombe Taro.
    Mein Herz hüpfte wie ein Wassertropfen, der auf eine glühende Herdplatte fällt. Ich umfasste entsetzt Waisis Arm. »Wach auf! Wach auf! Der Tag des Untergangs ist da!«
    Sie stöhnte im Schlaf.
    »Waisi, der Drachenmeister wird mich ganz bestimmt auswählen. Er wird meine Hand sehen, sich erinnern und mich auswählen …!«
    »Halt die Klappe, Zarq!«, knurrte sie und rollte sich von mir weg. »Und sei nicht so ein Angsthase. Du bist ein Mädchen!«
    Ich war ein Mädchen. Also war ich in Sicherheit. Ich starrte ihre langen Zöpfe an und fragte mich, was mich da wohl überkommen hatte.
    »Paak-Zeit, Waivia!«, murmelte Mutter auf der Matte neben mir. Wenn sie Waisi mit ihrem richtigen Namen ansprach, Waivia, dann meinte sie es ernst. Ansonsten rief sie meine Schwester bei ihrem zärtlichen Kosenamen Waisi, so wie ich es tat.
    »Heho, Mädchen, aufstehen!«
    Die anderen wurden ebenfalls wach. Die Mütter der jungen Männer erhoben sich sehr rasch. Fast gleichzeitig knieten sie sich hin, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, die Stirn auf den Boden gedrückt, die Gebetshaltung in Drachenposition, und stimmten ihren Singsang an.
    Ihr Geleier vertrieb die Luft aus dem Langhaus und erfüllte es mit Spannung. Einige Babys fingen an zu wimmern.
    Ich rollte meine Matte zusammen, weil ich so schnell wie möglich hinaus wollte.
    »Was soll dieses ganze Gewese?«, murmelte Waisi mürrisch und rieb sich den Schlaf aus den Augen. »Der Drachenmeister kommt doch sowieso nie in diese Zone.«
    »Er könnte aber kommen«, erwiderte ich, leise, damit die singenden Mütter mich nicht hören konnten. Sie konnten gut darauf verzichten, dass jemand ihre Ängste laut aussprach. »Die Möglichkeit, dass er es tut, besteht immer.«
    Waisi tat das mit einer abfälligen Handbewegung ab, stand auf und trottete vor mir her, die ausgetretenen Stufen des Frauenhauses hinab in den Hof unseres Anwesens. Der rote Staub auf dem Hof roch nach Tau, und als wir uns näherten, flog ein Schwarm winziger Milbenfliegen vom Boden auf. Obwohl die Sonne den östlichen Dschungelkamm noch nicht überstiegen hatte, machte ihre drohende Ankunft die Luft bereits schwül. Waisi löste im Gehen ihre Zöpfe.
    »Ich hoffe, der Drachenmeister kommt«, meinte sie. »Ich hoffe, er kommt und holt Dono.«
    »Leise!«, zischte ich und deutete auf die buckligen Lehmhütten gegenüber von uns. Sie gehörten dem alten Yeli; er und seine Söhne lebten dort, auch Dono. »Sie sind wahrscheinlich schon wach.«
    »Ach ja?« Waisi sog verächtlich die Luft ein. Trotzdem senkte sie ihre Stimme. So tollkühn, ihre Meinung in Hörweite der Männer zu bekunden, war sie doch nicht. »Es ist so albern. Während die Frauen beten, dass unsere Zone nicht besucht wird, beten die Männer um das Gegenteil. Findest du, dass mein Haar schön ist?« Sie schüttelte ihr dichtes Haar aus und schlang es um ihren Busen. »Meine Brüste werden größer als Mamas. Nicht wie deine. Das hast du jetzt davon, dass du den Namen eines Mannes trägst.«
    Ich wurde nicht gern an meine dürre Gestalt und meinen männlichen Namen erinnert und versuchte, das Gespräch wieder auf die Bedeutung dieses Tages zu lenken. Aber das ließ Waisi nicht zu.
    »Schlapper Karotten Tag«, meinte sie in einer absichtlichen Missdeutung der Sprache des Imperators.
    Als wir über die hölzerne Paak-Rampe zum Fass gingen, verspottete sie den Ernst des Wahltages, indem sie in einem Singsang alle anderen Namen anführte, die diesem Tag gegeben wurden – Drachenmeisters Fang, Tag von Re, Tag der Abrechnung -, und dann natürlich unseren Lieblingsnamen, Schlapper Karotten Tag. Ihre Litanei ärgerte mich, und zwar nicht wegen der Respektlosigkeit, sondern wegen ihres geistreichen Sarkasmus.
    »Du solltest nicht darüber lachen, Waisi. Sa Gikiro ist wichtig!«
    Sie machte ein unanständiges Geräusch mit den Lippen und bedeutete mir, ihr zu helfen, den Eiertrog anzuheben. Wir bückten uns, stöhnten, wuchteten den verrosteten Eiertrog auf das Mischfass und ließen ihn korrekt einrasten.
    »Ich weiß, wie wichtig er ist«, sagte sie und legte den Riegel um. »Deshalb hoffe ich ja, dass der Drachenmeister kommt und Dono zu einem seiner Schüler macht. Ich will Seide für ein ordentliches Kleid und Juwelen …«
    »Ich dachte, du magst Dono.«
    Sie zuckte mit

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