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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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versuchte ich, zu verarbeiten, was ich sah.
    Ich lag auf einer von zwei Hängematten in einer niedrigen Kammer, die man anscheinend in den blanken Fels geschlagen hatte. Durch den niedrigen offenen Eingang fiel dämmriges Licht herein und kroch zäh über rußgeschwärzte Steinwände und einen festgestampften Lehmboden, der von Bambusrollen übersät war. Gegenüber von meiner Hängematte stand ein Schrank, der mit Schriftrollen vollgestopft war und auf dem eine grinsende Clackron-Maske stand. Neben dem Schrank befand sich ein Tisch, der mit Pergamenten, Federn, Farbpigmenten, Tintenfässern, Krügen und Kerzen übersät war. Jemand in der weißen Tunika und dem grünen Überwurf eines Tempelakolyten saß auf einem Stuhl davor. Ich starrte ihn an, erinnerte mich an sein Profil …
    Dieses Grübchen im Kinn, das dunkle Haar, das über diesen dunklen Augen in seine Stirn hing: Es war der Akolyt, mit dem ich die Fahrt in die Zone der Toten ausgehandelt hatte, als Kiz-dan und ich vor einem Jahr aus Brut Re hierhergekommen waren. Mit dieser Erkenntnis kam auch das Verstehen. Ich war in der unterirdischen Vorkammer des verfallenen Tempels Ornisak.
    Noch während dieses Wissen wie aufgewärmtes Schmalz in mich hineinsickerte, nagte etwas anderes in mir. Ein merkwürdiges Gefühl, eine latente Erinnerung, die versuchte, in mein Bewusstsein zu gelangen …
    Der gestrige Kampf mit dem Himmelswächter.
    Wie hatte ich das vergessen können?
    Dann erinnerte ich mich auch an die Entscheidung, die ich während dieses Kampfes getroffen hatte, und an die Gründe dafür. Ich wollte leben, um meinen stillen Schwur zu erfüllen, Waikar Re Kratt zu töten und meine Familie zu rächen. Ich würde leben, um meinen Traum zu verwirklichen, eines Tages einen Drachensitz mein Eigen zu nennen.
    Aber ich konnte keinen Drachensitz haben, nicht jetzt, nicht später, nie! Ich war eine Rishi, ich war weiblich, durch meine Adern floss das Blut eingeborener Djimbi. Niemals würde der Tempel mir die Ehre gewähren, ihm als Kriegerfürst einer der Brutstätten zu dienen. Niemals würde man mich meine eigenen Brutdrachen aufziehen lassen.
    Was hatte ich mir dabei gedacht?
    Es war besser, diesen unmöglichen Traum unter dem zu begraben, was erreichbar war. Besser, es in einem Grabmal von Hass auf Kratt einzuschließen. Das konnte ich leicht bewerkstelligen. Kratt zu hassen. Mich auf meinen Schwur zu konzentrieren, ihn zu töten, meine Familie zu rächen.
    Meine Familie …
    Feuer. Ein kleiner Schädel.
    »Kiz-dan!«, stieß ich hervor. Wie hatte ich das vergessen können? Kiz-dan, ihr Baby, die beiden Brüder, die Zerstörung der Zone der Toten … Oh, Re, hab Erbarmen! Mach, dass es nicht wahr ist, dass alles nur ein böser Traum war! Sie mussten leben, sie mussten einfach noch am Leben …
    Bei meinem Schrei drehte sich der Akolyt an dem Tisch zu mir um.
    »Steh nicht auf«, sagte er eindringlich und erhob sich. »Dir wird schlecht.«
    »Aber ich … das Feuer …«
    Er drückte mich nicht gerade sanft in die Hängematte zurück. Schmerz zuckte über meinen Rücken, eine glühende Pein, die ich begrüßte. Ich verdiente, zu leiden, ich verdiente es, verdiente es!
    »Du wirst gesund werden«, meinte der Akolyt brüsk.
    Ich erinnerte mich an die sanfte Stimme von letzter Nacht, die so anders war als der scharfe Ton, in dem der Akolyt jetzt zu mir sprach. Der verrückte Hüne, der mich vor dem Himmelswächter gerettet hatte, musste mir die hölzerne Schale im Dunkeln an die Lippen gehalten, mir beruhigende Worte zugemurmelt haben, nicht dieser Akolyt hier.
    Der Akolyt berührte mit seinen langen, kühlen Fingern kurz meine Stirn, prüfte, ob ich noch fieberte. Seine Haut roch nach Asche und bitterer Tinte.
    »Trink das.« Er kehrte mir den Rücken zu und nahm eine Trinkschale von dem überquellenden Schreibtisch. Er hielt sie an meine Lippen.
    Ich drehte den Kopf zur Seite; ich verdiente keine Linderung meiner Schmerzen.
    Er missverstand den Grund für meine Weigerung. »Das schadet dir nicht«, erklärte er ungeduldig. »Es ist ein Opiat, um den Schmerz deiner Wunden zu lindern. Du hast gestern Nacht dasselbe getrunken. Sieh her, ich trinke selbst einen Schluck. Siehst du?«
    Er nippte kurz und hielt dann die Schale erneut an meine Lippen. »Jetzt trink.«
    Ich hatte keine Kraft mehr, mich länger zu weigern, und trank das klebrig süße Zeug.
    Als ich die Schale geleert hatte, wandte er sich von mir ab.
    »Ich habe dir deine Machete abgenommen«, sagte

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