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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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Reglosigkeit, bis auf vereinzelte Stellen, von denen grauer Rauch emporstieg, der Rußflocken in den ascheverhangenen Himmel hinaufwehte. Alles war reglos, aber nicht still. Holz knackte, Glut knisterte, Balken ächzten, Dampf zischte, und sterbende Flammen leckten an herabgefallenen Balken.
    Steif und schwerfällig wegen meines Blutverlustes schlurfte ich in die Zone der Toten.
    Heiße Glut zerbröselte unter meinen Schritten wie weiche fermentierte Eierschalen. Unter meinen Sohlen bildeten sich Brandblasen. Die Hitze der trockenen, scharfen Luft verwandelte meine Augen in kreideartige Bälle, zog die Haut auf meinen Wangen so straff wie ein Trommelfell und ließ meine Wunde mit neuer Wut pochen. Der Gestank des verbrannten Holzes erzeugte eine mehltrockene Bitterkeit in meinem Mund. Niemand sonst bewegte sich auf diesem Leichenfeld, als ich mir langsam meinen Weg zu dem Turm der Makmaki-Brüder suchte.
    Ich erreichte seine Reste schon bald. Hier lagen keine von der Hitze geschrumpften, rußigen Leichen herum, und es gab auch keine Überreste von verbrannten Fensterläden oder Giebeln. Das Feuer hatte hier ganze Arbeit geleistet, alles verzehrt.
    Aber Knochen, Knochen gab es.
    Überall lagen Skelette herum, von der Hitze und den herabstürzenden Steinen zu kleinen Splittern zertrümmert.
    Neben einem rußigen Felsbrocken am Rand des Trümmerfeldes lag ein Schädel. Er kauerte dort, als hinge er noch immer schutzsuchend am Rockzipfel der Mutter. Es war ein kleiner, sehr kleiner Schädel.
    Ich hätte ihn in die Hände nehmen können, so klein war er. Aber ich hob ihn nicht auf, nahm ihn nicht tröstend in die Hände. Drückte keinen Kuss auf die gesprungene Stirn, flüsterte nicht den Namen der kleinen weißen Ammer, die in der Dämmerung so süß trillert.
    Stattdessen stolperte ich zurück, blieb stehen, schwankte. Der Boden hob sich zum Himmel empor, und ich brach zusammen.
    Die Schwertwunde auf meinem Rücken und meinen Schultern brannte glühend heiß. Ich konnte meine Füße nicht mehr fühlen, meine Beine. Eine merkwürdige Feuchtigkeit überzog meine Brust. Von dort, wo ich lag, konnte ich den kleinen Schädel noch sehen, verschwommen wabernd, der mich mit seinen leeren Augenhöhlen anklagend anstarrte.
    Wie war er gestorben? Erschlagen von einem herabfallenden, brennenden Balken? Erstickt am Rauch, mit weit aufgerissenen Augen, verständnislos? Oder hatte Kiz-dan es mit ihm bis zur brennenden Strickleiter geschafft, war panisch hinuntergeklettert, noch während die Flammen das Seil von dem Gawabe lösten? Hatte sie den kleinen Yimyam fallen lassen, als sie stürzte, oder ihn beschützend an ihre Brust gepresst, die liebende Mutter, nur um ihn dann mit ihrem Gewicht zu zerdrücken, als sie auf den Boden prallten?
    »Lasst mich sterben«, krächzte ich, als heiße Glut nach mir schnappte und mich anzischte. »Lasst mich sterben.«
    Da tauchte er vor mir auf, dieser große Aasvogel, in dem der Geist meiner Mutter hauste.
    Er stand vor mir.
    Stinkend und blutig. Maden wanden sich in seinen Augen und fielen von den Nasenlöchern in seinem Schnabel zu Boden. Er war groß, seine langen, schuppigen Beine überragten mich, die ich am Boden lag. Streifen von perlmutternem, grauem Fleisch hatten sich in seinen Krallen verheddert; mehr hing wie Schleimfäden von seinen schimmernden blauen Brustfedern herab.
    In den Augenhöhlen, hinter dem grauenvollen Schleier sich windender Maden, glühten rote runde Augen. Der Vogel bog den Kopf zurück, öffnete den Schnabel und stieß einen grellen Schrei aus, der durch die Zone der Toten hallte.
    Eine Zunge quoll heraus, dick und schwarz. Sie wellte sich in mächtigen Stößen aus der Kehle des Vogels. Es war keine Zunge, sondern eine heruntergewürgte Schlange. Eine gigantische Kwano.
    Ich schrie.
    Die Schlange zuckte vor. Ihre Giftzähne gruben sich in meine Schulter, ihr kühler muskulöser Körper glitt um meinen Hals. Ich kämpfte dagegen an, aber meine Finger fuhren einfach durch sie hindurch wie durch zähes, kühles Gelee. Ich rang nach Atem, würgte, dann griff der Himmelswächter mich an, versuchte, mir das zu geben, worum ich Momente vorher gebetet hatte. Erlösung. Freiheit. Tod.
    Ich hob eine Hand, um mich vor dem Angriff des Vogels zu schützen; er riss mir den Arm von der Hand bis zum Ellbogen auf. Die Schlange drückte zu, schloss mein Blickfeld wie in eine enge Höhle ein, die immer schmaler wurde, dunkler, schwerer. Der Vogel griff erneut an, riss mich aus der

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