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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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Tukan-Frau zuckte mit den Schultern, blickte auf ihr Baby und heuchelte starkes Interesse an seinem im Schlaf zerzausten Haar. Die Alte spitzte lüstern die Lippen und deutete auf die Paarungshütte, die frisch gestrichen auf ihren Pfählen gegenüber dem Frauenhaus stand. Bis auf die neue Farbe, die noch tropfte, sah die Hütte genauso aus wie unsere, ebenso eckig und abgenutzt. Wann hatten sie sie wohl gestrichen? Gestern Nacht, berauscht? Aber warum?
    Mutter bedankte sich höflichst bei der Vettel und der Tukan-Frau und überquerte dann rasch den Hof. Ich musste mich beeilen, um Schritt zu halten, und blickte dabei starr auf die Risse in ihren ausgetrockneten Fersen, denn ich fühlte, dass uns jetzt jeder interessiert beobachtete. Und das Interesse fühlte sich nicht freundlich an.
    Mutter blieb neben den drei umgestülpten Fässern stehen, auf denen das dekadente Festmahl aus Honigkuchen lag. Zu meinem Schrecken hob sie das Tuch an und nahm zwei darunter heraus. Ich erwartete Schreie, ebenso wie vermutlich auch Mutter, denn ihre Hände zitterten, als sie die klebrige Gaze wieder sorgfältig zurücklegte.
    Aber niemand rief uns an, als wir zur Paarungshütte weitergingen. Mutter stieß die Luft aus, halb seufzend, halb knurrend, setzte sich auf die unterste Stufe der Treppe und bedeutete mir, mich neben sie zu setzen. Dann reichte sie mir einen Kuchen. Ich hieb meine Zähne förmlich hinein, und … ah, war das süß. So süß, dass ich hustete und einen Sprühnebel aus wertvollen Krumen auf den staubigen Boden spie. Mutter schlug mir auf den Rücken.
    »Iss langsamer!«, murmelte sie, den Mund mit Honigkuchen vollgestopft.
    Das konnte ich nicht. Ich schlang das süße Zeug fast ohne zu kauen herunter. Nur Momente später wurde ich von schmerzhaften Blähungen geplagt. Ich beugte mich stöhnend vor, klappte zusammen und wiegte mich vor und zurück. Mutter rieb mir den Rücken, jedenfalls versuchte sie es, aber ihre Hände blieben bald ruhig liegen. Sie war von ihren eigenen Gedanken abgelenkt.
    Wir warteten lange auf diesen Stufen. Die Sonne stand hoch am Himmel, immer mehr Frauen strömten in den Hof, und vor uns spielte sich die alltägliche Morgenarbeit ab. Einige Frauen holten Wasser, andere schnitten Paak, wieder andere fegten den Hof. Doch alles verlief recht ziellos. Die Bewegungen der Frauen verrieten nicht nur ihren Mangel an Schlaf und überreichliches Essen, sondern kündeten auch von unersättlichem Liebesspiel und fermentiertem Saft. Bisher waren keine Männer aufgetaucht, und ich konnte mir denken, wieso sie in ihren Hütten schnarchten.
    »Sie haben immer auf meine Waivia herabgesehen, heho«, murmelte Mutter neben mir. Ihr abwesender Gesichtsausdruck verriet mir, dass sie nicht wirklich zu mir sprach, sondern nur einfach diese Worte loswerden musste. »Niemand hat meine Waisi wirklich gemocht. Sie ist zu klug, zu schnell. Zu schön.«
    Auch wenn ich nicht genau wusste, wen sie mit niemand meinte, beleidigte es mich, dass sie mich darin einschloss. »Ich mag sie gern.«
    Mutter sah mich an, als wäre sie von meiner Gegenwart überrascht.
    »Ah, ja, du. Du bist aber anders als Waisi. Dich mochten die Leute, als du klein warst. Du warst ganz normal und durchschnittlich. Waisi mochten sie nicht. Sie kroch und kletterte schon, als die meisten Babys nicht einmal sitzen konnten. Sie rannte und redete und aß selbstständig, als die anderen nicht mal krabbelten. Immer war sie zu klug, zu strahlend. Mit fünf konnte sie alles wiederholen, was sie hörte, ganz gleich, wie lang es war. Sie konnte Wort für Wort die Tempelrollen rezitieren, obwohl sie nur gehört hatte, wie ein Drachenjünger sie vorlas. Du, du warst nie so. Du warst ein faules Baby, wie die anderen Kinder auch.«
    »War ich nicht!«, widersprach ich beleidigt. »Ich habe immer mit dir im Töpferschuppen gearbeitet.«
    »Ja, ja, du hast die Lehmklumpen zermahlen, hast guten Lehmschlamm gemacht. Aber Waivia? Als sie jünger war, hat sie selbst Urnen und Töpfe hergestellt. Sie hat Techniken erlernt, die nicht einmal Kinder beherrschten, die doppelt so alt waren wie sie. Und sie war stolz darauf, hat mit ihrem Können immer geprahlt. Das gefiel den anderen Müttern nicht. So eine wie Waisi sollte nicht so schlau sein, weißt du. Nicht so hübsch. Nicht so eine wie sie.«
    Eine wie sie?
    Mutter seufzte. »Deshalb habe ich dir diesen Namen gegeben, heho. Zarq. Um dich auf eine ähnliche Art und Weise von den anderen zu unterscheiden, wie sie von

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