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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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Sesalfeldern ernten sollten.
    »Kavarria«, warf Vater warnend ein.
    Sie ließ sich nicht zum Schweigen bringen.
    »Wie viel haben wir verdient, seit wir hier ernten? Sehr viel. Und habe ich uns nicht die ganze Zeit beschützt? Also, warum sollten wir weggehen? Wir haben Nahrung, wir haben Obdach. So früh zu gehen, wenn wir noch so viel verdienen können …«
    »Es sieht nicht gut aus, wenn der Töpferclan, einer der bedeutendsten Brutstätten Malacars, die Sesalernte einbringt wie gemeine Erntehelfer«, erwiderte Onkel Rudik brüsk.
    »Es sah gestern und vorgestern gut genug aus und auch vorvorgestern und die Tage davor!«, schrie Mutter.
    »Res Aristokraten sind auf uns angewiesen, was ihre Fleischplatten, Amphoren, Bodenfliesen und Terrinen angeht.« Onkel Rudik sprach mit ihr wie mit einer Einfältigen. »Das ist unser Gewerbe, und dort liegt unsere Pflicht.«
    »Und wie anstrengend und peinlich kann es wohl sein, wenn Res Erste-Klasse-Bürger für kurze Zeit solche Waren von einer anderen Brut beziehen müssen?«, warf Mutter beiläufig hin.
    »Kavarria!«, blaffte Vater.
    Ihre Stimme klang schrill, als sie antwortete. »Haben wir keinen Stolz? Werden wir so rasch das Angebot des Tempels annehmen, ein Angebot, das er uns vor Monaten hätte machen sollen, als wir wirklich verarmt waren? Ich sage Nein! Denn jetzt, da wir wohlhabend sind, bieten sie uns ihre Hilfe an, als wäre auch unsere Ehre befleckt gewesen, als wir Mangel litten.«
    Mutter klopfte mit den Daumennägeln gegen den Hals, eine beleidigende Geste, und spie dann auf den Boden.
    Die Frauen unseres Clans saßen gebannt vor Schreck über diese Zurschaustellung da. Ich schämte mich zutiefst und fühlte mich gleichzeitig schwindlig vor Erregung. Unsere Männer wurden böse; wären sie Hunde gewesen, hätte sich ihr Nackenhaar gesträubt.
    »Wir reisen in acht Tagen ab!«, verkündete Onkel Rudik steif.
    Mutter trat ein paar Schritte vor, und es sah aus, als wollte sie ihn beim Kragen packen. »Noch einen Monat, länger müssen wir nicht bleiben! Noch einen Monat, dann haben wir alle Scheine zusammen, die wir brauchen, um überleben zu können, ohne dass wir uns dem Tempel verpflichten und ohne ihre ungeheuerlichen Zinsen bezahlen zu müssen …!«
    »Glaubst du, du kannst noch einen Monat lang verheimlichen, was du hier auf den Feldern tust?«, brüllte Onkel Rudik. »Die Leute tuscheln schon und äußern ihren Verdacht. Wenn der Tempel von deinen Handlungen erfährt, wird Danku Re ausradiert! Nicht nur du wirst unter dem Fallbeil sterben, sondern alle Männer, Frauen und Kinder unseres Clans. Hast du daran schon gedacht, Weib? Heho?«
    Er stand wenige Zentimeter vor ihr, die großen, schwieligen Hände zu Fäusten geballt. Ich erwartete, dass er sie schlagen würde.
    Seine Worte, die Überzeugung, mit der er sie ausstieß, ließen Mutter schrumpfen. Sie wich stolpernd einen Schritt von ihm zurück, presste ihre Hände auf ihren Kopf und stieß einen merkwürdigen Laut aus, eine Mischung aus Keuchen und Stöhnen.
    Ich sprang auf und lief zu ihr, schlang meine Hände um ihre Taille, als sie schwankte. Als sie das Bewusstsein verlor, zog ihr Gewicht uns beide zu Boden.
    »Alle zurück in die Büsche!«, befahl Onkel Rudik. »Sofort!«
    Er sah mich an, als unser Clan ihm eiligst gehorchte. »Wenn deine Mutter wieder erwacht, sag ihr, dass sie mit dem, was sie da tut, auch die nächsten acht Tage weitermachen soll, verstanden? Sonst schicke ich dich woanders pflücken, bei einem anderen Clan, wo ihre Djimbi-Gesänge dich nicht schützen können.«
    Ich schluckte und nickte stumm.
     
    Meine Finger waren wie Zweige, so rau und schuppig wie Borke. Meine Arme verwandelten sich in schmutzstarrende Äste. Meine Beine wurden zu schorfigen, narbigen Baumstämmen. Blätter und Spinnweben schmückten mein Haar, und meine Lungen atmeten reinen Staub aus.
    Pflücke Geldpapier für Waivia. Pflücke Geldpapier für Waivia.
    Das war mein Mantra, meine Nahrung, meine Luft zum Atmen. Ich nannte sie nicht mehr Waisi, denn irgendwie wirkte dieser liebevolle Kosename, den ich früher benutzt hatte, unangemessen. Mutter und ich nannten sie nur noch mit ihrem richtigen Namen: Waivia.
    Pflücke Geldpapier für Waivia. Pflücke Geldpapier für Waivia.
    Ich arbeitete gegen die Zeit, führte einen Wettkampf gegen die Umstände, einen Kampf zwischen körperlichen Grenzen und emotionalem Bedürfnis. Für Mutter konnte ich nie genug pflücken. Am Ende des Tages, wenn wir in die

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