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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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klebten nun still an der Wand. Das Schnarchen und die schweren Atemzüge der anderen Frauen und Kinder unseres Clans, die Rücken an Rücken im Zelt lagen, wirkten in dem düsteren Grau des Morgens ruhiger, gleichmäßiger.
    Mutter saß neben mir, mit einer Hand auf meinem Arm. Sie hatte mich geweckt.
    »Heute kommst du mit uns, heho«, flüsterte sie. »Erntest Nüsse und verdienst Geldpapier.«
    Ihr Griff um meinen Arm verstärkte sich.
    »Diese Krankheit ist unsere Möglichkeit, Waivia zurückzukaufen, Zarq. Solange Sesal und Hintoop geerntet werden, übersieht Roshu-Lupini Re die Berührung seines vom Tempel gesegneten Geldpapiers durch uns Frauen. Wer pflückt, wird bezahlt. So einfach ist das.«
    Sie sah sich hastig um, vergewisserte sich, dass niemand wach war und uns belauschte. Dann raffte sie ihren Bitoo und hob ihn an. Es entsetzte mich, wie dünn ihre Schenkel geworden waren und wie sehr ihr Bauch sich wölbte. Alle Kinder des Töpferclans, mich eingeschlossen, hatten kleine Hungerbäuche. Nach Monaten harter Arbeit, bei der wir Schlingpflanzenäste geschnitten hatten, um sie zu verkaufen, und uns nicht von Eiern und Fleisch, sondern nur von grober Nahrung ernährt hatten, die zwar den Bauch anschwellen ließ, aber den Hunger nicht stillte, sahen wir alle so aus. Aber mir war ein solcher Bauch noch nie an einem Erwachsenen aufgefallen.
    Es war jedoch das Ding, das sie über den Bauch geschnallt hatte, das Mutter mir zeigen wollte. Eine Gürteltasche, hergestellt aus einem breiten Blatt, das sie mit faserigen Strängen einer anderen Pflanze zusammengenäht hatte. Der Gürtel saß auf ihren Hüften, und der Beutel hing direkt über dem zimtfarbenen Pfeil ihres Geschlechts.
    »Es funktioniert so, sieh her«, flüsterte sie. »Man sammelt Sack um Sack von Nüssen und Früchten, die werden gewogen, und am Ende des Tages wird das Geldpapier vor dir auf den Sammeltisch gelegt.«
    Sie ließ ihren Bitoo fallen, strich ihn über den Schenkeln glatt.
    »Dein Vater weiß nicht, dass ich diesen Beutel habe. Keiner aus dem Danku weiß es. Sie glauben, ich achte zu sehr darauf, dass alle pflücken, deshalb ist niemand überrascht, wie wenig Geldpapier ich Rudik am Ende des Tages gebe. Wir werden Waivia zurückkaufen, Zarq. Aber ich brauche dich, verstehst du? Du musst mir beim Pflücken helfen, für Waivia.«
    Ihre Worte, ihre Dringlichkeit, erschöpften mich. Ich schloss die Augen.
    »Ich hole dir noch etwas Yanichee, ja? Heiß, ganz heiß, erst heute Morgen von den Lagerköchen frisch gemacht.«
    Sie stand auf, schlich auf Zehenspitzen durch das Zelt und duckte sich nach draußen.
    Als sie zurückkam, regten sich bereits die ersten Frauen im Zelt. Babys jammerten, und Kinder bettelten um Essen oder wollten zur Latrine. Als ich den Napf Yanichee geleert hatte, den Mutter für mich geholt hatte, summten bereits die allgegenwärtigen Fliegen über unseren Ohren, als würde allein unsere Anwesenheit sie verärgern.
    »Du kannst jetzt aufstehen, ja? Du brauchst nicht mehr in leere Flaschenkürbisse zu pinkeln. Ich helfe dir zu den Latrinen, dann gehen wir zu den Wagen, die uns aufs Feld fahren. Du kommst heute mit zum Pflücken.«
    Ich stützte mich schwer auf Mutters Arm und schlurfte zu den Latrinen, die, wie ich feststellte, nur eine fliegenübersäte Rinne am Rand des Lagers waren, die direkt in die Sesalfelder führte.
    »Beeil dich, Zarq«, zischte Mutter, als wir uns mit nackten Füßen in den stinkenden Abwasserkanal hockten, zusammen mit einer Klauevoll anderer Frauen und Kinder. »Die Männer kommen gleich. Frauen müssen ihre schmutzigen Geschäfte erledigen, bevor sie aufwachen.«
    »Ich beeile mich ja«, murmelte ich.
    Über uns färbte das Morgenrot den Himmel lavendelfarben. Vögel zwitscherten und krähten aus den Sesalbüschen um uns herum, und die Gerüche des Dschungels kämpften mit dem salzigen Aroma des Breis und dem aschigen Duft von Holzfeuern. Die Sonne kroch über die östlichen Berggipfel, und sofort lastete eine brütende Hitze auf der gesamten Brutstätte Re.
    Mir war nicht nach Arbeiten; ich wollte einfach nur schlafen. Schlafen und essen. Aber ich war nicht mehr im Delirium, und ich konnte stehen; also ging es mir gut genug, dass ich pflücken konnte.
    Mutter schlängelte sich durch das Chaos der Männer, Frauen und aufgeregten Kinder, die sich in einer langen Reihe vor den von Brutdrachen gezogenen Wagen sammelten. Ich blieb dicht bei ihr, überwältigt von der lärmenden Horde und immer

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