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Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt

Titel: Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni di Lorenzo Helmut Schmidt
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die Gefahren des Rauchens?
    Nee, damals gab’s diese Hysterie noch nicht.
    Würden Sie jungen Menschen wenigstens heute dazu raten, gar nicht erst damit anzufangen?
    Ich würde niemand unerbetene Ratschläge geben.
    Haben Sie jemals den Versuch unternommen zu zählen, wie viele Zigaretten Sie am Tag rauchen?
    Hab ich nie gezählt. Ich habe mal versucht, auf Pfeife umzustellen, aber das ist mir nicht bekommen, weil ich als Zigarettenraucher die Pfeife immer inhaliert hab.
    Und wie sind Sie auf Menthol gekommen?
    Als in den Sechzigerjahren die Zeit des Zechensterbens an der Ruhr war, bin ich viele Male in Schächte eingefahren. Damals habe ich von den Bergleuten gelernt, Schnupftabak zu nehmen, denn da unten durfte man wegen der Explosionsgefahr nicht rauchen. Das habe ich von denen übernommen, weil man im Bundestag auch nicht rauchen durfte. Und der Schnupftabak war mit Menthol parfümiert.
    Und haben Sie nie versucht, das Rauchen ganz einzustellen?
    Nee. Ich bin doch nicht verrückt.
    Geht es Ihnen schlecht, wenn Sie nicht rauchen?
    Nein. Wenn ich es für notwendig hielte, könnte ich morgen aufhören.
    Das sagen alle Süchtigen.
    Ich könnte das, aber es ist ja nicht notwendig. Weder gesundheitlich noch seelisch noch philosophisch.
    Zyniker behaupten ja, dass Raucher viel fürs Gemeinwohl tun: Sie zahlen Milliarden Tabaksteuer und sterben früher.
    Den Gefallen, früher zu sterben, kann ich ihnen nicht mehr tun. (Zündet sich die nächste Zigarette an) Dazu ist es zu spät. (Helmut Schmidt lacht)

    14. Februar 2008

[ Inhalt ]
    Italienische Zustände?
    Über das deutsche Parteiensystem
    Lieber Herr Schmidt, bekommen wir politisch in Deutschland bald italienische Verhältnisse: immer mehr Parteien und Koalitionsmöglichkeiten?
    Es gibt eine Übereinstimmung zwischen Italien und Deutschland.
    Oh Gott!
    Die gleiche Übereinstimmung gibt es aber auch mit Frankreich, mit Belgien oder Holland. Im deutschen Fall fallen immerhin alle Stimmen für jene Splitterparteien unter den Tisch, die weniger als fünf Prozent erreichen. Aber theoretisch könnten wir im Bundestag bis zu 19 Parteien haben, wenn jede 5,1 Prozent erhält. Das Verhältniswahlrecht zwingt überall zur Koalitionsbildung, weil es zu viele Parteien hervorbringt.
    Wollen Sie wirklich das Mehrheitswahlrecht in Deutschland haben?
    Wehner, Barzel und ich haben das 1966 gewollt und sind damit gescheitert. Heute haben wir deswegen Vielparteienparlamente – anders als in England oder in Amerika, wo ein Mehrheitswahlrecht gilt. Andererseits haben wir uns angewöhnt, Wahlkämpfe als Zweikämpfe zwischen zwei Personen zu betrachten, Merkel gegen Schröder zum Beispiel. Wenn aber die Wahl vorüberist, stellt sich heraus: In Wirklichkeit haben wir nicht diese Personen, sondern eine ganze Menge Parteien gewählt. Noch aber haben die Italiener mehr Parteien als wir Deutschen.
    Aber wir holen auf. Jetzt gibt es noch Die Linke, und es sieht nicht so aus, als würde sie schnell wieder verschwinden.
    Das ist beim Verhältniswahlrecht normal.
    Dass sich die Linke in mehrere Parteien spaltet?
    Die Linke spaltet sich auf, die Rechte desgleichen. Auch solche Leute wie Haider in Österreich, Blocher in der Schweiz oder Fortuyn in Holland gibt es immer mal wieder. Jedoch deshalb das Wahlrecht zu ändern hat wenig Aussicht auf Erfolg. Wir sind damals aus zwei Gründen gescheitert: Eine Hälfte der Abgeordneten des damaligen Bundestags war über Listen gewählt worden. Die Listen würden bei einem Mehrheitswahlrecht wegfallen, die Abgeordneten hätten sich also selber abschaffen müssen. Und innerhalb der anderen Hälfte, die in ihren Wahlkreisen direkt gewählt worden war, fanden manche es ungerecht, dass bei einem geänderten Wahlrecht viele Stimmen unter den Tisch fallen würden.
    Das Auftreten einer zusätzlichen Partei führt in Hessen zu einer Blockade.
    Das ist eigentlich nicht so schlimm. Die 16 Bundesländer brauchen nicht notwendig Regierung und Opposition; notwendig ist eine anständige Verwaltung und ebenso ein Landtag, der die Verwaltung sorgfältig überwacht. Das Problem der Koalitionsbildung stellt sichim Bund, denn in Berlin muss wirklich regiert werden. Zurzeit ist es mit der Großen Koalition gelöst.
    Die einige der Beteiligten längst überhaben.
    Einige der Leute an der Spitze reden so, als ob sie die Koalition nicht mehr wollten. Sie setzen sie aber fort.
    Mangels Alternativen.
    Ja, sie müssen.
    Wie Sie über Die Linke reden – das klingt so, als würde das

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