Auf einem Maskenball verführt
Bruder, der im Sterben lag! Sie brach in Tränen aus. Warum musste es so enden? Morgen, nein heute, wollte sie sich mit ihm treffen. Seit sie achtzehn war, hatte sie sich danach gesehnt.
„Nein!“, flüsterte sie verzweifelt. Sie stand fassungslos da und konnte nichts anderes tun, als um ihren Bruder zu weinen, den sie nie kennenlernen würde.
„Alice, würden Sie uns jetzt bitte allein lassen?“, hörte sie nach einer Weile Kay leise sagen. „Seine Brüder kommen gleich – und Phillip und ich möchten ihnen nicht den Grund Ihrer Anwesenheit erklären. Bitte gehen Sie, uns und Roland zuliebe.“
Noch bevor sie antworten konnte, hatte die Krankenschwester das Zimmer betreten und war an ihre Seite getreten, um Alyssa hinauszubegleiten.
Sie schluckte. „Bitte nur noch eine Minute. Um mich von ihm zu verabschieden.“ Ihr versagte die Stimme.
Vorsichtig beugte Alyssa sich über Roland und küsste ihn mit kalten Lippen auf die Stirn. Erst als sie verwundert die Tropfen auf dem Verband sah, wurde ihr bewusst, dass sie noch immer weinte. Mit geschlossenen Augen betete sie. Für Roland. Um ein Wunder. Und sie dachte an all die Jahre, in denen sie voneinander getrennt gewesen waren. Dann küsste sie ihn noch einmal und flüsterte: „ Au revoir. “
Beinah blind vor Tränen, verließ sie den Raum.
Mit Heath an der einen und Megan, seiner jüngeren Schwester, an der anderen Seite stürmte Joshua in das Krankenhaus. Auf dem Flur kam ihnen Alyssa entgegen.
„Was machst du hier?“
Alyssa antwortete nicht. Sie schien ihn kaum zu bemerken.
Zu Heath und Megan gewandt, sagte Joshua: „Geht schon voraus. Ich komme gleich nach.“
Ihm entging nicht, wie mitgenommen Alyssa aussah: die wunderschönen Haare einfach zurückgebunden, die tiefen Schatten unter den Augen, keinerlei Make-up – als ob sie in Eile aufgebrochen wäre. War das noch die Frau von gestern Nacht?
„Was machst du hier?“, wiederholte er.
„Ich wollte wissen, wie es Roland geht“, antwortete sie, indem sie seinem Blick auswich.
Wieder hatte er das Gefühl, von ihr nur die halbe Wahrheit zu erfahren. „Warum bist du so außer dir? Was bedeutet er für dich?“
Doch sie schüttelte nur wortlos den Kopf.
Joshua hatte die ganze Zeit schon an Amy denken müssen, der es gar nicht gut ging. Jetzt konnte er sich nicht mehr zurückhalten und sagte aufgebracht: „Heath musste Amy eine Beruhigungstablette geben. Sie ist bei ihm, weil sie nicht allein sein sollte. Seine Haushälterin kümmert sich um sie. Wie konntest du das nur tun, Alyssa?“
Verständnislos starrte sie ihn an.
„Roland und sie wollten in zwei Monaten heiraten. Alles ist nur passiert, weil du nicht die Finger von ihm lassen konntest“, warf er ihr vor.
„Wie bitte?“ , fragte sie und starrte ihn verständnislos an.
Kein Zweifel, ihre Verblüffung war echt. Ein bisschen wunderte er sich selbst über seinen Ausbruch. Normalerweise brachte ihn so leicht nichts aus der Ruhe. Er war es gewohnt, dass seine Ratschläge und Befehle befolgt wurden. Aber diese Frau stellte seine Welt auf den Kopf.
Er fuhr sich mit der Hand durch das Haar. „Warum musstest du auf den Ball kommen und Ärger machen? War es das wert? Wieso hast du Amy von deiner Beziehung zu Roland erzählt?“
„Habe ich nicht.“
Erleichtert seufzte er. Also wusste Amy nichts von den beiden. Ob sie aber einen Verdacht hegte?
Ihm selbst waren die heimlichen Anzeichen einer flammenden
Affäre nicht entgangen, wenn er genauer darüber nachdachte. Die regelmäßigen Fahrten nach Auckland, die vielen Telefonate, die Roland leise und mit zärtlicher Stimme geführt hatte … Plötzlich verstand er.
„Wenn sie das mit euch erfährt, bricht eine Welt für sie zusammen. Auch meine Eltern wären wahnsinnig enttäuscht darüber, dass Roland Amy betrogen hat! Nicht nur, weil Amy die Patentochter meiner Mutter ist. Gerade jetzt ist es so wichtig, dass sie nur gut von ihm denken.“
„Du glaubst doch nicht …“
Im tiefsten Herzen wünschte er, dass sie es leugnen würde. Doch sie stand nur da und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Nur ihrem Gesicht war anzumerken, wie aufgewühlt sie in Wirklichkeit war.
Wieder fuhr er sich durch die ohnehin zerzausten Haare und schlug ein wenig ratlos vor: „Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt nach Auckland zurückfährst.“
„Ich gehe nirgendwohin, bis …“, sie schluckte, „… alles vorbei ist. Dann seid ihr mich los. Ich weiß, wenn ich irgendwo
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