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Auf einem Maskenball verführt

Auf einem Maskenball verführt

Titel: Auf einem Maskenball verführt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: TESSA RADLEY
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hinteren Teil der Kirche stehen und hielt den Blick auf das Heft gesenkt, das für die Beerdigung zusammengestellt worden war und das jeder Trauergast am Eingang bekommen hatte.
    Gestern hatte sie David Townsend, den Herausgeber des Magazins Wine Watch, angerufen, und um einige freie Tage gebeten. Um nicht in Tränen auszubrechen, hatte sie ihm den Grund nicht genannt. Alyssa hatte nur versprochen, am Mittwoch zurück zu sein. Doch als sie jetzt in der überfüllten Kirche stand, schienen ihr Auckland und ihre Arbeit unendlich weit weg zu sein. Alles um sich herum nahm sie nur wie durch einen Nebel wahr.
    Als sie sich unter den Trauergästen umblickte, wurde ihr klar, dass ihr grauer Hosenanzug mit den Nadelstreifen, den sie sonst nur beruflich trug, nicht dem Anlass entsprach. Leider hatte Alyssa nichts anderes dabei, denn ihr Aufenthalt war ja nur für übers Wochenende geplant gewesen. Den Anzug hatte sie bei dem Treffen mit Roland am Sonntag anziehen wollen. Doch an diesem Tag war er gestorben.
    Am Montag passende Trauerkleidung zu besorgen war das Letzte, was ihr in den Sinn gekommen wäre. Viel zu groß war ihre Trauer um den toten Bruder.
    Als sie das Heft öffnete, fiel ihr zunächst das Foto auf, dann der Text „Geliebter Sohn von Kay und Phillip, Bruder von Joshua, Heath und Megan“. Es folgte ein Abriss seines Lebens und eine Aufzählung seiner Erfolge. Natürlich waren seine leiblichen Eltern oder seine Schwester, die nie die Chance gehabt hatte, ihn kennenzulernen, nicht erwähnt.
    Schon die Lieder, die gesungen wurden, bewegten Alyssa zutiefst. Als danach Joshua seine Rede hielt, vermochte sie kaum noch die Fassung zu bewahren.
    Auf dem Weg zu dem kleinen Friedhof, wo seit Generationen alle Mitglider der Familie Saxon beigesetzt wurden, war sie so aufgewühlt, dass ihr die Beine zu versagen drohten.
    Bereits im Vorfeld hatte sie gewusst, wie sehr sie die Beerdigung mitnehmen würde. Auch beim Tod ihrer Adoptivmutter war es nicht anders gewesen. Damals hatte sie ganz schrecklich gelitten. Dennoch wollte sie es sich um keinen Preis nehmen lassen, ihrem Bruder die letzte Ehre zu erweisen. Vielleicht würde sie auf diese Weise ihren inneren Frieden finden.
    Als sie durch das Türchen des weiß gestrichenen Lattenzaunes schritt, fiel ihr als Erstes Joshua auf, der sie noch nicht bemerkt hatte, und sie zögerte einen Augenblick.
    Aus der Entfernung beobachtete sie die Saxons an Rolands Grab. Tröstend hatte Joshua den rechten Arm um seine blasse Mutter gelegt, und links von ihm weinte Megan in ihr Taschentuch. Hinter ihnen standen mit ernsten Gesichtern Phillip und Heath. Etwas von den anderen entfernt starrte Amy mit leerem Blick auf die frisch aufgeschüttete Erde.
    In Gedanken blickte Alyssa über die Hügel mit den schier endlosen Reihen von Rebstöcken, die kurz vor dem Austreiben waren. Der neuseeländische Sommer würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Für Roland allerdings würde es keinen Sommer mehr geben. Wieder kämpfte sie mit den Tränen.
    Während der Pfarrer sprach, bemerkte sie kaum, dass ein frischer Wind aufgekommen war und mit ihren Haaren spielte.
    „Amen“, schloss der Prediger, und Alyssa hörte eine gefährlich leise Stimme hinter sich sagen: „Wage es ja nicht, noch länger zu bleiben.“ Ohne dass sie es bemerkt hatte, war Joshua hinter sie getreten.
    „Keine Angst.“
    „Dann ist ja gut.“ Während das letzte Lied gesungen wurde, stellte er sich neben sie. „Ich will nicht, dass Amy noch mehr leiden muss.“
    Amy. Seine Eltern. An sie, Alyssa, dachte er nie. „Wie ich schon sagte, hat sie von mir nichts zu befürchten“, antwortete sie ungeduldig.
    „Das würde ich auch nicht zulassen.“ Intensiv musterte er sie.
    „Sonst noch etwas?“, fragte sie.
    „Ja. Du bist wunderschön.“ Dabei klang seine Stimme kühl und unbewegt.
    „Danke“, sagte sie und wich seinem Blick aus. Was nutzte es, dass er sie schön fand? Schließlich hatte er ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass er Alyssa Blake nicht mochte und nicht in seinem Leben haben wollte.
    Plötzlich kam ihr ein Gedanke. Vielleicht wollte er eine Beziehung mit Amy eingehen, jetzt, da Roland tot war?
    Unter gesenkten Lidern musterte sie ihn unauffällig. „Amy sieht auch sehr gut aus.“
    „Was, zum Teufel, willst du damit sagen?“
    Ihre Blicke begegneten sich. „Nur, dass dir ihr Wohl anscheinend sehr am Herzen liegt.“ Ja, es würde gut passen, überlegte Alyssa. Schließlich war Amy sogar Kays

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