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Auf einem Maskenball verführt

Auf einem Maskenball verführt

Titel: Auf einem Maskenball verführt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: TESSA RADLEY
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bückte sich Joshua, ergriff eine Handvoll der roten Erde und ließ sie durch die Finger rieseln. „Und das ist der Mutterboden, auf dem alles gedeiht.“
    In seiner Stimme schwang so viel Stolz mit, dass sich Alyssa seiner Begeisterung kaum entziehen konnte. Genau wie sie auch ansonsten seiner Ausstrahlung nicht widerstehen konnte. Offenbar wurde dieser Mann ihr gefährlicher, als sie es je für möglich gehalten hätte.
    Aber woran lag das?
    Natürlich war er groß, schlank und beinah unverschämt gut aussehend. In der Morgensonne wirkte sein gebräunter Teint beinah goldfarben. Aber es waren nicht die Äußerlichkeiten allein. Da war noch mehr … Vorsichtig berührte er einige der zarten Knospen.
    „Dieser Teil des Weinbergs wurde schon 1916 angelegt. Damals, im Ersten Weltkrieg, haben einerseits Männer aus Napier in Europa gekämpft, und andererseits haben spanische Mönche hier auf der Nordinsel Neuseelands Rebstöcke gepflanzt. Das Leben muss weitergehen, auch wenn Menschen sterben.“
    Alyssa verstand: Es ging um Roland. Um Trauer. Und darum, dass man nach vorn blicken muste. Als ob Joshua ihr tief in die Seele blickte.
    Um sich nicht anmerken zu lassen, wie tief bewegt sie war, lenkte sie die Unterhaltung auf ein anderes Thema: „Welche Rebsorte ist das?“
    „Cabernet Franc, die einen fruchtigen Rotwein ergibt.“
    Unauffällig musterte sie ihn. Wie er dastand, breitbeinig, stolz und Herr über das Land, so weit das Auge reichte.
    „Du bist gern hier draußen, stimmt’s?“
    „Wer wäre das an meiner Stelle nicht?“ Als er glücklich lächelte, fielen Alyssa seine makellosen weißen Zähne auf. Mehr denn je sehnte sie sich nach seiner Nähe. „Zuerst war ich für die Pflanzungen zuständig. Als dann Dad als Geschäftsführer zurücktrat, wurde ich sein Nachfolger. Aber die Weingärten und das Gedeihen der Rebstöcke haben mich immer am meisten interessiert. Die Weinherstellung an sich, die Entwicklung der herrlichen Aromen – das Ausbauen der Weine, wie der Fachmann sagt –, war von Anfang an die Domäne von Heath und Caitlyn, unserer Kellermeisterin.“
    Alyssa war beeindruckt: Joshua war ein selbstbewusster Mann, der stolz auf seine Herkunft war und wusste, was er wollte. Das machte ihn so begehrenswert für sie. Sie unterdrückte ein Seufzen. „Vermisst du manchmal deine alte Tätigkeit?“
    Er nickte. „Obwohl wir mittlerweile zwei Weingärtner angestellt haben – einen für hier und einen für die Ländereien bei Gimblett’s Gravels –, schaue ich zwischendurch immer noch persönlich nach dem Rechten.“
    Nach kurzem Zögern wagte sie zu fragen: „War es schwer, hier ohne Heath weiterzumachen, als er wegzog?“
    In diesem Augenblick klingelte das Handy in ihrer Tasche. Sie nahm es heraus und sah auf dem Display die Nummer von David, ihrem Chef. Sofort unterdrückte sie den Anruf.
    „Sorry“, entschuldigte sie sich mit einem charmanten Lächeln. „Was wolltest du gerade sagen?“
    „Die letzte Frage war ein wenig zu direkt für meinen Geschmack“, antwortete er, ernst geworden. „Klang mir ein bisschen zur sehr nach der Reporterin Alyssa Blake. Du hättest lieber den Anruf annehmen sollen.“
    Wie gut, dass er nicht mitbekommen hatte, wer versucht hatte, sie zu erreichen. „Ach was, ich rufe später zurück.“ Wieder wechselte sie das Thema. „Und wie ist all das in den Besitz deiner Familie gekommen?“
    „Nach dem Ersten Weltkrieg gaben die Mönche ihre Gründung auf, und das Land wurde verkauft. Drei Jahre später gewann es unser Urgroßvater beim Poker. Es galt als ziemlich unfruchtbar, weil die Mönche nur im kleinen Maßstab für den Eigenbedarf produziert hatten. Als bekannt wurde, dass Joseph Saxon dort Wein für kommerzielle Zwecke anbauen wollte, wurde er schnell zum Gespött der Leute.“ Joshua lachte. „Sie nannten seine Idee ‚Saxon’s Folly‘: eben eine Narretei. Aber er ließ sich nicht davon abbringen. Und der Name blieb bis heute bestehen.“
    „Ach, daher hast du …“
    „… den Namen Saxon?“
    „Dein Selbstvertrauen und deine Sturheit.“
    Als er ihr zulächelte, wurde Alyssa ganz warm ums Herz, und voller Sympathie erwiderte sie das Lächeln.
    Nachmittags in ihrem Zimmer blieb ihr keine Wahl, als ihren Herausgeber zurückzurufen. Ohne Umschweife begann David: „Es gibt Gerüchte über die Saxons. Ich muss noch ein bisschen recherchieren. Dann rufe ich dich an und sage dir, ob es für eine Story reicht.“
    Eine Story über Saxon’s Folly?

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