Auf einem Maskenball verführt
Saxon’s Folly sind bekannt für ihre Steinfruchtnote.“
„Steinfruchtnote?“
„Ja. Sie haben das feine Aroma reifer Nektarinen.“
Mit einem interessierten Blick zu Alyssa fragte der größere der Männer: „Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Sauvignon Blanc und einem Chardonnay?“
Indem sie zwei neue Probiergläser füllte, erklärte sie: „Am besten schmeckt man die Feinheiten im Gaumenbereich. Sauvignon Blanc ist eine fruchtige Rebsorte. Dagegen empfindet man den Chardonnay als vollmundiger – und er erinnert leicht an Eiche, denn er reift auf Saxon’s Folly in Holzfässern heran.“
„Ich möchte auch probieren, ob ich einen Unterschied schmecke“, meldete sich eine der Frauen zu Wort, und Alyssa füllte auch für sie zwei Gläser.
„Mich erinnert dieser Wein an Pfirsiche“, meinte die Frau.
Pfirsiche … Mit ihnen hatte Joshua Alyssas Duft verglichen, als er sie geküsst hatte. Bei der Erinnerung durchrauschte eine Welle der Erregung ihren Körper. Als Alyssa ihn unter gesenkten Lidern ansah, merkte sie, dass er sie die ganze Zeit über beobachtet hatte.
„Für dieses Gebiet hier sind in der Tat die Steinfruchtaromen typisch“, sagte Joshua. „Wenn Sie nach Marlborough fahren, werden Sie feststellen, dass die Weine grasiger riechen und schmecken, mehr nach Stachelbeeren.“
Wie angenehm seine Stimme klang! Hingerissen lauschte Alyssa seinen sachkundigen Ausführungen.
„Können Sie dieselbe Rebsorte von verschiedenen Erzeugern erkennen?“, fragte der große Mann.
Joshua nickte. „Jenseits der Berge liegt das Weingut meines Bruders. Sein Sauvignon Blanc und unserer unterscheiden sich deutlich voneinander. Heath Saxon ist ein genialer Kellermeister – aber Caitlyn Ross steht ihm in nichts nach.“
„Eine Frau kümmert sich bei Ihnen um die Weine?“, fragte der andere Mann verblüfft.
„Ja. Allerdings. Und ich versichere Ihnen: Sie macht ihre Sache hervorragend“, warf Alyssa ein.
„Kein Wunder, dass Sie das sagen. Sie arbeiten ja hier.“
„Oh nein, eigentlich bin ich Journalistin.“
„Und für wen schreiben Sie?“
„Für den Wine Watch. “
„Dann weiß ich, wer Sie sind“, meinte der größere Mann. „Alyssa Blake. Ich habe Sie im Fernsehen gesehen. Und Sie haben eine Kolumne in der Sonntagszeitung. Wie denken Sie über die Weine von Saxon’s Folly?“
Alyssa lächelte. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Joshua förmlich erstarrte. Angespannt umfasste er eine Flasche Wein. Glaubte er wirklich, dass sie jetzt etwas Schlechtes über das Weingut sagte?
„Sagen Sie mir erst, welchen Eindruck Sie haben“, antwortete sie und reichte dem Mann ein Glas. Joshua atmete sichtlich auf, seine Handknöchel traten nicht mehr weiß hervor.
„Vergessen Sie nicht, von ihm ein Foto zu machen“, sagte die Frau mit dem betörenden Augenaufschlag und wies auf Joshua. „Dann kaufe ich mir das Heft, in dem der Beitrag erscheint.“
Alyssa sagte dazu lieber nichts.
Schließlich verabschiedete sich die kleine Gruppe – drei Kisten Wein im Gepäck. Erschöpft atmete Alyssa durch, und Joshua fragte belustigt: „Ganz schön anstrengend, oder?“
Sie nickte. „Kannst du wirklich deine Weine von Heaths unterscheiden?“
„Aber sicher.“
„Und kannst du auch bei deinen eigenen Weinen den Jahrgang erkennen?“
„Ja. Auch das.“
„Und da willst du mir erzählen, dass die Proben, die beim Golden Harvest Wine Award prämiert wurden, genauso schmecken wie der Wein, der jetzt unter diesem Namen in den Supermärkten verkauft wird?“
„Was soll das?“, fragte Joshua gefährlich leise.
Jetzt durfte sie sich nicht einschüchtern lassen. Wenn Joshua wirklich ein so ehrenhafter Geschäftsmann war, wie er zu sein vorgab, hatte er ja nichts zu verbergen. Aber was sollte sie tun, wenn die Gerüchte stimmten?
Auf keinen Fall wollte sie Kay und Phillip verletzen – und auch die anderen Saxons nicht. Sie alle hatte sie als sehr freundlich erlebt und mit ihnen getrauert. Und Joshua – ein Betrüger? Nicht auszudenken. Im Grunde ihres Herzens wünschte Alyssa sich, dass er so solide und unerschütterlich war wie die Berge, die sein geliebtes Gut umgaben.
Doch die Öffentlichkeit hatte ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Wenn es um das Wohl der Verbraucher ging, mussten ihre Gefühle wohl oder übel zurückstehen. Von klein an hatte ihr Vater sie zu einem gesunden Misstrauen erzogen. Menschen konnten lügen. Was zählte, waren Fakten. Und deshalb brauchte
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