Auf einem Maskenball verführt

es dabei eigentlich ging.“
    „Ach was, wir waren eben jung. Wir haben uns doch immerzu irgendwelche Verrücktheiten ausgedacht.“ Joshua lachte.
    Während Ivy abräumte, sagte er leise zu Alyssa: „Zum Wasserfall ist es wirklich ziemlich weit – und wenn du ans Reiten nicht gewöhnt bist …“
    Offenbar war er nicht gerade erpicht darauf, mit ihr diesen Ausflug zu unternehmen.
    „Wenn du keine Zeit hast, können wir es auch lassen“, erwiderte Alyssa.
    „Na ja. Vielleicht klappt es am Montag, wenn das Gut geschlossen ist.“
    Ausgerechnet Montag, wenn sie wieder im Büro sein sollte. Da sie aber so gut wie nie freinahm, würde sich David damit abfinden müssen, wenn sie einen Tag länger blieb. Wenn sie dadurch mehr über Roland erfuhr, war es ein wenig Ärger mit ihrem Chef wert.
    „Den Ritt überstehe ich schon. Hauptsache, dass ich abends wieder zurück in Auckland bin. Also, wenn es dir nichts ausmacht, nehme ich dein Angebot gerne an.“
    Nach kurzem Schweigen brachte Caitlyn das Gespräch auf ein neues Thema, indem sie Megan fragte: „Fliegst du jetzt doch nicht nach Europa zur Weinpräsentation?“
    „Nein, im Moment bleibe ich lieber hier“, antwortete Megan mit Blick auf Kay. „Aber nächsten Monat finden weitere Weinvorstellungen statt, allen voran die große in Paris …“
    Allen war klar, dass sie wegen des Trauerfalls die Reise abgesagt hatte, auch wenn der Grund unausgesprochen blieb.
    Caitlyn versuchte alle etwas aufzumuntern, indem sie sagte: „In Frankreich sollen nicht nur die Weine sehr sinnlich sein, auch die Männer …“
    Mit einem verschwörerischen Zwinkern in Caitlyns Richtung sagte Megan: „Habe ich auch schon gehört. Vielleicht finde ich heraus, ob es stimmt …“
    Lächelnd sagte Alyssa: „Das liegt an der Sprache, ich verstehe zwar nicht viel Französisch, aber alles klingt einfach so unglaublich sexy.“
    „ Passez-moi votre verre de vin, s’il vous plaît “, sagte Joshua zu Alyssa, die ihn verständnislos anschaute.
    „Er möchte Ihr Glas füllen“, erklärte Megan lachend.
    Alyssa, die nicht zu viel Wein trinken wollte, lehnte dankend ab. Durch das Zusammensein mit der Familie, die angeregte Unterhaltung und die gelöste Stimmung fühlte sie sich heiter und ausgeglichen.
    Nach einer Weile verlegte sich das Gespräch auf Dinge, die mit der Weinherstellung zu tun hatten: Temperatur, Gärung, Reife … am Beispiel von Chardonnay, einer qualitativ hochwertigen weißen Rebsorte.
    Dabei entging Alyssa nicht der selbstverständliche Umgangston zwischen Joshua und Caitlyn. Ob die beiden …? Irgendwie würde das gut passen.
    Bei dem Gedanken spürte Alyssa so etwas wie Neid in sich aufsteigen. Oder war es womöglich sogar Eifersucht?
    Am Samstag rief David Alyssa an und teilte ihr mit, dass sich die Gerüchte verdichtet hatten.
    Offenbar hatte sich herausgestellt, dass ein Chardonnay, der anlässlich des Golden Harvest Wine Awards prämiert worden war, in weitaus minderer Qualität auf den Markt gekommen war.
    „Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Alyssa atemlos.
    „So wie es aussieht, wird die Jury Joshua Saxon Gelegenheit geben, den Wein zurückzuziehen – bevor sich die Angelegenheit zu einem Skandal auswächst. Es könnte aber auch sein, dass ein Ermittler auf den Fall angesetzt wird. Noch weiß ich nichts Genaues“, sagte ihr Chef. „Bitte versuche, etwas herauszufinden.“
    „Ich bleibe ja nicht mehr lange. Spätestens am Dienstag bin ich zurück im Büro.“
    „Das macht noch drei Tage, an denen du …“
    „Nein, David, vergiss es. Wie du weißt, habe ich frei“, sagte sie entschieden und legte auf. Den Rest des Tages entspannte sie sich und genoss die Annehmlichkeiten, die das Weingut zu bieten hatte.
    Als am nächsten Morgen zwei studentische Hilfskräfte nicht zur Arbeit erschienen, erklärte sich Alyssa bereit, sie bei Weinverkostung und – verkauf zu vertreten.
    „Vielen Dank, dass du einspringst“, freute sich Kay. „Joshua wird dir alles erklären.“
    Auf dem Parkplatz standen eine Menge Autos. Mit so großem Andrang hatte Alyssa nicht gerechnet. Kein Zweifel, die Weinprobe auf Saxon’s Folly war eine gefragte Touristenattraktion.
    Mit merklichem Zweifel in der Stimme sagte Joshua: „Na, als Mitarbeiterin von Wine Watch ist dir wenigstens der Ablauf nichts Neues …“
    „Wird schon schiefgehen“, scherzte sie und stellte sich neben ihn hinter den Tresen – eine Preisliste und eine Menge bereits entkorkter Flaschen in Reichweite.