Auf einem Maskenball verführt
einem Anwalt gehst und mich verklagst. Indem ich dich einlade, vermeide ich also auch Gerichtskosten.“
Schwach lächelte sie. „Na gut, wenn es so ist … Aber nicht dass du meinen Aufenthalt auf Saxon’s Folly wieder für einen Annäherungsversuch hältst.“
„Natürlich nicht. Wie könnte ich.“ Kein Wunder, dass sie gezögert hatte. Schließlich war es noch nicht lange her, dass er versucht hatte, sie von seiner Familie fernzuhalten. Und was ihn selbst betraf: Er hatte Angst. Er hatte schreckliche Angst davor, dass ihn seine Gefühle für sie überwältigten.
Doch als er sah, wie blass sie mit geschlossenen Augen in dem Krankenhausbett lag, erschien ihm diese Furcht mehr als unbegründet.
„Danke für alles, Joshua“, sagte sie mit sanfter Stimme.
Joshua saß still an Alyssas Bett, während sie schlief. Auch als die Nachtschicht begann, wachte Alyssa nicht auf.
Wie blass sie war, dachte Joshua. Und zugleich so schön. Die ebenmäßigen Gesichtszüge, die gerade Nase, der sinnliche Mund. Das herrliche kastanienbraune Haar … Seltsam, dass ihm das erst jetzt so richtig zu Bewusstsein kam. Allerdings war er bisher meist vor ihr auf der Hut gewesen. Die ganze Zeit über hatte er vermutet, dass Alyssa ihm, seiner Familie oder dem Weingut schaden wollte. Die ständige Sorge hatte ihn derart beschäftigt, dass er nie richtig auf ihre Schönheit geachtet hatte. Und dabei faszinierte sie ihn mehr als jede andere Frau.
Doch schon in der Ballnacht, als er noch nicht gewusst hatte, wer sie war, waren ihm ihre attraktive Figur, ihre Souveränität und Selbstsicherheit aufgefallen. Und als er sie in den Armen gehalten hatte … Später, als seine Sorge Roland hätte gelten müssen, war ihm klar geworden, dass er dessen heimliche Geliebte begehrte. Eine Entdeckung, die ihn in seinen Grundfesten erschüttert hatte.
Wie einsam sie gewirkt hatte, als sie über ihre verheirateten Freunde gesprochen hatte. Ob sie sich nach einer eigenen Familie sehnte? Nach Kindern? Vielleicht hatte Alyssa davon geträumt, Roland zu heiraten. Der mit Amy verlobt gewesen war.
Sie sollte ihn nun, da er tot war, in guter Erinnerung behalten. Joshua hielt es für besser, wenn sie nicht mit Alyssa zusammentraf. Einerseits.
Andererseits fühlte er sich auch für Alyssa verantwortlich, die niemanden hatte, der sie im Krankenhaus besuchte. Kaum zu glauben, diese starke Frau brauchte ihn …
Plötzlich wünschte er, sein Bruder würde noch leben, damit er ihn auf seine Dummheit ansprechen konnte. Gut, Roland war immer so etwas wie ein Playboy gewesen, aber sich mit zwei Frauen zugleich einzulassen war einfach nur dumm und verantwortungslos! Und jetzt musste Joshua das ausbaden.
Wieder betrachtete er Alyssa. Allmählich wurde ihm klar, dass er alles tun würde, was sie von ihm verlangte. Er wollte sie, und sie sollte ihm allein gehören.
Beinah wäre es schon so weit gekommen – am Wasserfall. Joshua dachte daran, wie sie im Gras gelegen, einander gestreichelt und sich gegenseitig mit Erdbeeren gefüttert hatten. Auf jeden Fall wäre mehr als das geschehen, hätte Alyssa nicht plötzlich behauptet, nur wegen Roland mitgekommen zu sein.
Verzweifelt seufzte er auf. Was war nur mit ihm los? Schließlich war Alyssa die Geliebte seines Bruders gewesen – und der war noch nicht einmal seit zwei Wochen tot.
7. KAPITEL
Als Alyssa am frühen Morgen aufwachte, drang die Sonne blass durch die halb geöffneten Jalousien in ihr Krankenzimmer. Vom Flur her war das Klappern von Geschirr zu hören: Der Tee wurde gebracht.
Noch etwas ungeschickt versuchte sie, sich aufzurichten. Durch eine Bewegung in der Zimmerecke wurde sie auf Joshua aufmerksam, der sich aus einem Sessel erhob, in dem er offensichtlich die Nacht zugebracht hatte.
„Warte, ich helfe dir“, sagte er und beeilte sich, ihr ein Kissen hinter den Rücken zu schieben.
„Danke.“ Wie gut dieser Mann roch! Nach Sonne, Erde, frischer Luft und einem Hauch von Zitronen und Gewürzen.
Obwohl tiefe Schatten unter seinen Augen erahnen ließen, wie schlecht er in dem Sessel geschlafen haben musste, wirkte er anziehend wie immer. Nein, durch die Ereignisse der vergangenen Woche und seine Sorge um sie wirkte er sogar noch attraktiver auf sie.
Sie dagegen sah vermutlich ziemlich mitgenommen aussah, so verschlafen und mit zerzausten Haaren.
„Du hättest nach Hause gehen sollen. Hast du denn in dem Sessel überhaupt schlafen können?“
„Nicht richtig. Mir ist zu viel durch den Kopf
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