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Auf einmal ist Hoffnung

Titel: Auf einmal ist Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burk Michael
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hager, abfällig grinsend, so thronte er hinter dem Schreibtisch. Vor ihm lag eine Reitpeitsche, mit deren Ende seine Finger spielten. Er herrschte Louis mit blecherner Stimme an: »Was hat dieser Hurensohn ausgefressen?« Die Frage galt halb dem Unterscharführer, der ihm den Vorgang schildern sollte.
    Louis, im Lagerdrillich, stand armselig, aber aufrecht vor Kagel und fühlte sich angesprochen: »Ich bin mir nicht bewußt, irgend etwas nicht Erlaubtes …«
    »Schnauze!« fuhr Kagel barsch dazwischen und wandte sich plärrend ganz zum Unterscharführer: »Wird's bald?«
    »Arbeitsverweigerung, Hauptsturmführer!« meldete Unterscharführer Witt zackig und knallte die Hacken zusammen.
    »Ich hatte lediglich gefragt …« Louis wollte zu einer Entgegnung ansetzen.
    Kagel schnitt ihm unbarmherzig das Wort ab: »Du hast die Arbeit verweigert! Hast du verstanden?«
    »Nein, ich hatte nur gefragt, ob …«
    »Hast du das verstanden?« Kagel brüllte, daß ihm die Halsschlagadern anschwollen. Wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, hieb er mit der Peitsche auf die Tischplatte, daß Louis zusammenzuckte.
    »Ich hatte nur …«
    »Du hast die Arbeit verweigert!« Kagels Stimme überschlug sich. »Du bist der Sohn einer Hure und hast die Arbeit verweigert!« Wieder pfiff die Peitsche durch die Luft und klatschte durchdringend auf den Tisch, daß Louis unwillkürlich wieder zurückzuckte. »Was bist du?«
    »Ich hatte nur einen Kameraden gefragt, ob …«
    »Du sollst sagen, was du bist!« schrie Kagel außer sich vor Zorn.
    »Ich bin …« Louis stockte.
    »Du bist ein Hurensohn und hast die Arbeit verweigert! Los, sprich nach!« Von neuem klatschte die Peitsche auf den Tisch.
    »Ich bin ein Hurensohn und habe die Arbeit verweigert«, antwortete Louis und zwang sich, seine eigenen Worte nicht zu hören.
    »Auf den Bock!« sprach Kagel das Urteil. Dann war Louis entlassen.
    Er hatte nichts weiter verbrochen gehabt, als bei Erdarbeiten einen Mithäftling um dessen Schaufel zu bitten, damit er das Erdreich planieren könne.
    Am Abend dieses Tages wurde die Strafe vollstreckt.
    Die gesamte Belegschaft des Lagers mußte am Appellplatz antreten. Wie gewöhnlich wurde der Bock von vier Mann hochgehoben und für alle Mann sichtbar, auf die ›Balustrade‹, einen Steinhaufen, gestellt.
    Danach schallte über Lautsprecher die Stimme eines der SS-Scharführer: »Es tritt jetzt vor die Nummer eintausendzweihundertdreiundsiebzig, der Jude Louis Hornberger. Strafgrund ist schwerste Arbeitsverweigerung. Der Saboteur erhält als Belohnung zwanzig vom Feinsten.«
    Louis trat vor und mußte sich nackt ausziehen.
    Zwei SS-Männer packten ihn rüde und zerrten ihn auf den Bock.
    Der Bock glich einer Art Holztisch, der so gebaut war, daß der Verurteilte darauf in einer ganz bestimmten Haltung festgeschnallt werden konnte: auf dem Bauch liegend, mit dem Kopf nach unten, Gesäß hoch herausgedrückt, Beine unten nach vorne gezerrt.
    Die zwei Männer zurrten Louis fest.
    Dann trat ein weiterer SS-Scharführer heran und hieb mit einer Hundepeitsche zwanzigmal, so stark er konnte, auf Louis' Gesäß, bis die Haut platzte und blutüberströmt war.
    Louis zwang sich, unter Aufbietung aller Kräfte, die höllischen Schmerzen zu unterdrücken und weder zu schreien noch zu winseln. Er wollte den SS-Leuten nicht die Genugtuung geben, daß sie ihn zermürbt hatten.
    Als der Scharführer die Züchtigung beendet und die beiden anderen die Gurte wieder gelöst hatten, war Louis aber nicht mehr in der Lage, sich selbst zu erheben.
    Sie schoben ihn brutal vom Bock, so daß er schwer auf den Steinhaufen schlug. Dort blieb er eine Zeitlang wie tot liegen. Erst als der Strafappell über Lautsprecher abgeschlossen wurde und sich die einzelnen Marschblöcke auflösten, durfte Louis von Kameraden abtransportiert werden.
    Monroe war als erster bei ihm. »Bist du in Ordnung?« flüsterte er ihm zu, und Louis bestätigte es kurz mit den Augen. Monroe half ihm auf die Beine, der alte grauhaarige Aaron Breslauer stützte ihn beim Gehen, ein anderer nahm Louis' Kleider, und so brachten sie ihn zurück in ihre Baracke.
    Es dauerte eine gute Stunde, bis Louis wieder ganz bei sich war.
    »Das Schwein greif ich mir«, sagte Monroe kaum hörbar zu Louis, nachdem abgepfiffen war, was soviel hieß, daß sich alle Häftlinge in ihren Blocks einfinden und eine halbe Stunde danach auf der Pritsche liegen und schlafen mußten. Er meinte den Aufseher Witt.
    »Nein«,

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