Auf einmal ist Hoffnung
unterbrechen, und sagte schließlich: »Gib mir Zenon noch mal.« Seine Stimme klang nicht mehr so selbstherrlich wie am Anfang.
Rocha hielt den Hörer von neuem an Zenons Ohr, und als der sich meldete, fragte Vacas ihn leise: »Was ist mit Gomes und Arrincha?«
»Keine Ahnung«, gab Menendez bewußt unklar zur Antwort, damit Rocha aus seinen Worten keine Schlüsse ziehen konnte.
Vacas begriff sofort und dämpfte noch mehr die Stimme. »Arrincha hat mich vorhin noch von Galveston aus verständigt und die Objekte völlig unter Kontrolle.«
Diesen Satz allerdings sprach Vacas, ohne es zu wissen, zu Rocha, denn der hatte Menendez überraschend den Hörer vom Ohr genommen.
»Mach dir keine Hoffnungen, Compañero«, sprach Rocha spöttisch in die Muschel, »hör dir lieber genau an, was ich dir zu sagen habe.«
»Du verfluchter Hund, du!« kam es in ohnmächtigem Zorn über die Leitung, und Vacas setzte noch mehrere Flüche hinzu, bei denen er sogar den Beistand von ein paar Heiligen bemühte.
Rocha blieb unbeeindruckt. »Ich gebe dir genau drei Stunden Zeit«, sagte er beherrscht, »wenn Elena und ihre Familie dann nicht frei und im sicheren Ausland sind, hast du drei deiner Spezialisten verloren.«
»Du übernimmst dich, Rocha!«
»Genau drei Stunden. Nicht eine Sekunde länger. Ab jetzt.« Rochas Stimme klang fest.
»So kannst du mir nicht kommen!« Vacas gab sich überlegen.
»Du verlierst wertvolle Zeit, Compañero!« sagte Rocha kalt.
»Ich laß mich nicht erpressen.«
»Du wirst es überleben.«
»So einer wie du hat keine Chance.«
»Drei deiner Spezialisten, ein Artikel in der New York Times und ein ausführlicher Bericht für Compañero Fidel und das Politbüro. Was hältst du davon?«
Eine Weile schwieg Vacas. Dann fragte er unsicher: »Woher soll ich wissen, daß du nicht bluffst?«
»Diesen Beweis kannst du gleich haben«, sagte Rocha zu Vacas, drückte dann Menendez den Hörer ans Ohr und forderte ihn auf, sich zu melden. Als Menendez aber ansetzte, um mit Vacas zu sprechen, hieb ihm Rocha den Knauf der Webley ins Gesicht, daß er wild aufschrie vor Schmerz. Dann sprach Rocha wieder mit Vacas: »Hast du endlich begriffen?«
»Ich wünsche dir die Hölle, Rocha!« kam es wutschnaubend zurück.
Rocha ging nicht darauf ein. »Dir bleiben nur noch zwei Stunden und sechsundfünfzig Minuten.«
»Ich bin noch immer auf Cozumel«, sagte Vacas, als hindere ihn diese Tatsache daran, Rochas Forderung zu erfüllen.
»Ein Anruf genügt«, sagte Rocha hart. »Die Fahrt vom Staatsgefängnis zum Flughafen dauert zwanzig Minuten.«
»So spät bekomme ich keine Sondermaschine mehr«, brachte Vacas als Ausflucht vor.
»Ich bin überzeugt, daß du es schaffst.« Rochas Stimme klang streng.
»Laß mir bis morgen Zeit«, gab sich Vacas kleinlaut.
Rocha hörte nicht darauf. »Elena muß sich in spätestens zwei Stunden und fünfundfünfzig Minuten bei mir melden, daß sie und ihre Eltern im Ausland in Freiheit sind«, sagte er unmißverständlich. Ohne eine Antwort abzuwarten, legte er auf.
10
Louis Hornberger hatte die Augen bewußt für eine Weile geschlossen, als er mit der Schilderung seiner Berliner Zeit begann. Er brachte sich auf diese Weise die Vergangenheit zurück.
»Mon wurde in seinem Elternhaus am Löwenhardt-Damm geboren, ich im Krankenhaus an der Gontermannstraße, keine zwei Minuten davon entfernt, denn meine Eltern wohnten in der Nähe der Klinik, in der Paradestraße. Den für einen Berliner Jungen ungewöhnlichen Vornamen Monroe erhielt er von seinem Großvater. In der Schule haben wir uns angefreundet. Von da an machten wir beinahe alles gemeinsam. Es war eine schöne Zeit, damals am Anfang der zwanziger Jahre, eine unbeschwert schöne Zeit.« Er kam ins Schwärmen und beschrieb lebhaft seine Jugend und seine Freundschaft mit Monroe Kahn.
Jennifer und Patrick hörten ihm gespannt zu. Die Bibliothek, der Ausblick durchs Fenster auf die Zwergpalmen und den weißen Zapotebaum, ja Zeit und Anlaß schienen für sie auf einmal nicht mehr vorhanden zu sein, und sie erfuhren nach und nach, wie es im damaligen Berlin gewesen war.
Es war eine Weltstadt des pulsierenden, berauschenden, hektischen Lebens, aber auch der Idylle, kurzum ein Magnet, der die Menschen von überall her an sich zog. Am Kaiser-Wilhelm-Institut lehrte und forschte Albert Einstein. Am selben Institut gelang dem Chemiker Otto Hahn als erstem der Grundstein für die spätere Verwendung der Atomkraft, die Spaltung des
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