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Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
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wegzuschweben.
     
    Es war vollkommen dunkel, als wir heimkamen, und der Mond schimmerte gelb zwischen den Wolken hindurch. Ein leichter Sprühregen hatte eingesetzt, aber der Wind nahm zu und drohte heftigere Schauer zu bringen. »Wir sollten lieber nicht zu lange fürs Gutenachtsagen brauchen«, sagte Justin. »Ich muss mich schnell auf die Socken machen.«

    Ich streckte die Hand nach ihm aus. »Was ist wichtiger, nicht nass zu werden oder einen Kuss zu kriegen?«
    Er lachte und zog mich an sich. In dem Moment sah ich das Fenster.
    Die Glasscheibe neben der Tür hatte ein etwa faustgroßes Loch. »Justin?«, flüsterte ich.
    Wie als Antwort darauf blies der Wind die Tür auf, dann fiel sie wieder ins Schloss. Im Innern brannte kein Licht, kein Laut war zu hören. Justin streckte den Arm aus, um mich zurückzuhalten, und hob einen Blumentopf hoch. »Ich bin sicher, dass nichts ist«, flüsterte er. »Aber bleib trotzdem lieber hier, bis ich genau weiß, dass wirklich alles in Ordnung ist.«
    Er machte die Tür auf und trat ins Haus. Ich wartete auf der Veranda und wünschte mir Licht, irgendetwas Helleres als den kränklich gelben Mond. Der Regen prasselte inzwischen auf das Blechdach, sonst war nichts zu hören. Hier draußen konnte alles Mögliche sein, hinter den Büschen, unter dem Verandagitter - wirklich, er hätte mich nicht allein lassen sollen.
    Ich ging ihm nach in die Diele. Schritte. Die Hand auf den Mund gepresst, drückte ich mich an die Wand. Jemand rannte mit hoch erhobenen Händen aus der Küche auf mich zu. Ich schrie auf.
    »O Gott!«, stieß Justin hervor. »Himmel, Kerry, ich habe doch gesagt, du sollst draußen bleiben!«
    Ich starrte ihn an und brach dann plötzlich in Lachen aus. »Du hättest mich fast über den Haufen gerannt!«
     
    »Also wenn tatsächlich jemand hier war, haben wir ihn sicher mit unserem Lärm in die Flucht geschlagen. Hast du gesehen, ob was fehlt?«

    In dem Moment hörten wir den unterdrückten Schrei.
    Justin und ich sahen uns über die vertrocknete Kletterpflanze hinweg an. Plötzlich wich Justin zurück. »Eve!«
    Wir rannten hintereinander die Treppe hinauf, den Gang hinunter und um die Ecke. Im ganzen Haus war es stockfinster, aber ich sah die Körper und das Aufscheinen von blasser auf gebräunter Haut. Seine Hand drückte ihr den Mund zu, die andere lag um ihren Hals, seine Lenden rieben sich an den ihren und pressten sie auf mein Bett.
    Eve schrie, als sie uns sah, aber Maclean schien weder das zu bemerken, noch hatte er uns gehört, so vertieft wirkte er in seine Bewegungen, und seine Stimme schnappte fast über vor Ekstase oder Trunkenheit. »Du kleine geile Nutte. Tu doch nicht so, als würdest du’s nicht auch wollen!«
    »Geh runter von mir!« Eve schlug ihn. »Du Dreckskerl!«
    »Bitte«, flüsterte ich, »oh, oh, bitte …«
    »Hör auf, hör auf …« Sie schluchzte. »Hör auf, hör endlich auf!«
    Justin war neben mir erstarrt, er stierte auf die Beine und fuchtelnden Arme, auf ihre schwarze Spitzenunterwäsche und ihr zerrissenes Seidenkleid. Wie ein von Scheinwerfern geblendetes Reh sah er aus, dann rammte er mit einer Kraft, die ich nicht von ihm kannte, Mr. Maclean den schweren Blumentopf gegen die Schulter, worauf dieser taumelnd gegen mein Bett fiel. Maclean schrie auf, schlug auf Justin ein, stieß mit den Füßen nach ihm, erwischte ihn am Kinn, aber Justin schien nichts zu spüren. Er ließ den Blumentopf gegen Mr. Macleans Kopf krachen.
    Zeit ist dehnbar. Einstein hat das bewiesen, und jeder kann das nachvollziehen, weil eine Uhr nicht anzeigen kann, wie lange
ein Albtraum dauert. Die Zeit dehnt sich aus, und jede Sekunde klebt an der vorangegangenen: das Zerbrechen von Terrakotta an Knochen, eine Blutfontäne aus Mr. Macleans Nase, die Panik in seinen Augen, das schwere Heben und Senken seiner Brust, das alles sah ich. Der Topf fuhr in die Höhe und schlug immer wieder zu, und die Wut auf Justins Gesicht war schlimmer als alles, was ich je gesehen hatte. Justin, der nie zornig war, der seine Ruhe wie eine Ehrenmedaille trug, wirkte jetzt roh und völlig außer Rand und Band. Noch immer schlug er zu, während Mr. Maclean, das Gesicht vor Schreck verzerrt, ihn gurgelnd mit offenem Mund anstarrte. Eve stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus, ich duckte mich, um Justins Arme zu erwischen, schlang mich um seinen Körper und riss ihn zu Boden.
    Das Geräusch unseres Atems. Stille. Ryan Maclean lag da, mit offenen Augen und offenem

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