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Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
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Zwillings-Scherze, die sie offensichtlich komisch fanden.
    Aber schließlich war es Eve, mit der sie redeten. Schon nach wenigen Minuten war ich für sie so uninteressant wie ein Staubkorn. Sie wurden immer ausgelassener und lachten über alles, was sie sagte, noch bevor sie den Satz beendet hatte.
    Justin und ich saßen vor unserem abgestandenen Bier und verfolgten das Ganze. Es war unglaublich, ihr zuzusehen, obwohl ich sie doch mein Leben lang kannte. Hatte sie einen bestimmten Duft an sich? Ein Pheromon? Lag es an der Art, wie sie den Kopf zurückwarf, wenn sie lachte? Wahrscheinlich war es all das zusammen und dazu noch etwas Undefinierbares, das sie umgab. Ich sah genauso aus, konnte mit ihren Worten sprechen, mich wie sie bewegen und wirkte trotzdem nur wie ein Abglanz von ihr.
    Als der Raum sich langsam zu leeren begann, setzte sich Eve auf die Theke. »Ich möchte einen Toast ausbringen«, lallte sie.
    Köpfe drehten sich zu ihr um, die Männer setzten ein gieriges Grinsen auf. Justin stieß zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: »Eve! Komm da runter!«
    Eve strahlte, schob ihren Rock noch ein Stück höher und hob ihr Bierglas. »Auf die Red Sox!«, rief sie. »Darauf, dass wir bis nach drei aufbleiben und Zungen haben, die lang genug sind, um die Nasenspitze zu berühren.«
    Ein Johlen drang aus dem hinteren Teil des Raums. »Los, Mädchen«, rief ein anderer.

    »Auf deutsches Bier und Marlboros und darauf, dass wir den Ihr-wisst-schon-was eines Typen beim Tanzen spüren.«
    Justins Gesichtsausdruck erstarrte. »Das reicht«, sagte er. »Du kannst hier bei ihr bleiben, wenn du willst, aber ich gehe jetzt.«
    »Du lässt mich hier zurück?«
    »Ich lasse Eve zurück. Ich kann das nicht mehr mit ansehen, es macht mich krank.«
    Ich blickte zu Eve auf. Sie klatschte mit hoch erhobenen Armen Männern zum High five in die Hände, und während ich zusah, verschränkte einer seine Finger mit den ihren, und ein anderer nahm sie um die Taille und hob sie hoch.
    »Also gut«, sagte ich. »Geh nur. Ich muss sie zurückbegleiten.«
     
    Stunden später brachte ich Eve zum Hotel zurück. Ich half ihr, ihren Schlafanzug anzuziehen, und drückte Zahnpasta auf ihre Bürste. Ich legte mich neben sie, atmete ihre Alkoholfahne ein, ihr Haar kitzelte mich, und dabei kam mir der Gedanke, der sich wie ein zarter Schleier auf mich legte, dass ich die Einzige war, die Bescheid wusste. Ich war die Einzige, die sie wirklich kannte.

25
    Es waren sieben Schüler in der Abschlussklasse, und während wir die kleine Prozession beobachteten, Eve auf dem Klappstuhl zu meiner Rechten, Justin zu meiner Linken, dachte ich nicht daran, wie meine eigene Zukunft in einem Jahr aussehen würde. Was ich spürte, war die zerbrechliche Muschelschale, die uns endlich wieder wie ein Kokon umschloss. Ich wusste, wie vorsichtig ich sein und was man tun musste, um sie nicht zu zerbrechen. Und schon bald wären wir wieder in der Lage, wir selbst zu sein.
    Ryan Maclean war hier, um die Festrede zu halten. Er saß mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen vor uns, und alle paar Minuten, wenn er sich in der heißen Junisonne mit rotem, verschwitztem Gesicht zu uns umdrehte, fing er meinen Blick auf, und ich schleuderte ihm meinen abgrundtiefen Hass entgegen, wegen allem, was er uns fast geraubt hätte.
    Eve spürte es auch, spürte seinen Blick. Er drehte sich um, und ich fühlte, wie sie neben mir erstarrte, aber sie hielt die Augen weiter auf die Bühne gerichtet. Ich fragte mich, was er sich wohl dabei dachte, sich zu Eve umzudrehen, obwohl seine Frau neben ihm saß. Vielleicht hatte er bloß Angst. Aber in seinen Augen war mehr zu lesen. Während ich hier saß, begann ich zu verstehen, was er mir nicht hatte sagen können: die unvorstellbare Tatsache, dass der Abgeordnete Maclean Eve in gewisser Weise wirklich geliebt hatte.

    Er erhob sich und ging unter leicht plätscherndem Beifall zum Podium. Dort wartete er eine Weile, sah ins Publikum, lächelte, nickte und nahm die Anerkennung von Bewunderern entgegen, als gelte der Applaus eher ihm als dem Anlass.
    »Ich sehe diese strahlenden jungen Gesichter«, begann er, »so schön, so vielversprechend. Ich sehe sie alle an und bin erstaunt.« Und dann wandte er sich an Eve und sah sie eindringlich mit aufrichtigem, väterlichem Lächeln an. »Ihr habt so viel Vertrauen in das, was ihr jetzt erreicht habt, in die Schritte, die ihr unternommen habt, um euer altes Leben hinter euch zu lassen. Aber bevor

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