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Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
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schwarze Magie erinnerten, zusammenzog: Beifuß, Wermut, Zaubernuss, kanadische Blutwurz. Blutwurz. Ich strich mit dem Finger über das Bild der weißblütigen Blume. Blutwurz wuchs in LoraLees Garten, eine der ersten Blumen, die im Frühjahr herauskamen. Aber die zarten Blütenblätter wurden von Gewitterstürmen zerfetzt, sobald sie sich geöffnet hatten, und im April mussten wir die kahlen Stängel herausreißen.
    Ich hatte sie auch an einer Sumpfwiese entlang Rodman’s Hollow blühen sehen. Einmal pflückte ich eine Blume für mein Haar, und der orangerote Saft hatte tagelang Flecken auf meinen Händen hinterlassen. Ich könnte dort hingehen, könnte sie finden, wenn ich wollte. Esmeralda lockt ihre Schwester mit einem
tödlichen Schlaftrunk, aber dank eines Tricks wendet sich das Blatt. Der Trunk geht an Eve.
    Ich stellte das Buch aufs Regal zurück, dann brachte ich das Rohr zu LoraLee hinaus. Sie musterte mich eindringlich, als wollte sie die Ausdruckslosigkeit in meinem Gesicht durchdringen, aber ich lächelte und beugte mich hinunter, um die Hände in die Erde zu graben. Ich war nicht ganz bei mir, das wusste ich, aber es spielte keine Rolle. Der Plan füllte die leere Stelle aus, an der einmal mein Herz gewesen war. Es war eine verzweifelte Achterbahnfahrt aus Schmerz und Angst, zu schnell, mit zu viel Wucht. Im Moment das Einzige, was Sinn ergab.
     
    Es ist das Wünschen und Wollen, was Dinge wirklich werden lässt, hatte LoraLee gesagt. Und so konzentrierte ich mich auf das Wollen und staute roten, bitteren Hass in mir an.
    Wie es schien, stieß ich jeden Tag auf neue Bilder von Justin. Sie waren hinter Spiegelrahmen gerutscht, fanden sich unter meinem Kopfkissen, in meiner Brieftasche. Sie steckten in meinen Schulheften und standen gerahmt auf meiner Frisierkommode und meinem Nachttisch. Und als ich sie herauszog und sorgfältig in meiner Schuhschachtel verstaute wie Samen, die auf den Frühling warteten, erinnerte ich mich, wie ich sie damals in den Stunden, als wir getrennt waren, angesehen hatte. Jetzt wusste ich, dass Eve das Gleiche getan haben musste.
    Die Zeichen waren immer vorhanden gewesen. Von Anfang an hatte sie mit Ausflüchten und Lügen reagiert, und ich hatte alles geschluckt wie Lebertran, nie nachgehakt, weil ich immer glaubte, so sei es am besten, sie sei die einzige Person auf der Welt, der ich trauen sollte, wie meinem Vater. Wie meiner Mutter.

    Und ich hasste sie alle.
    Und ich wollte, dass Eve tot war.
    War es das, was mit Serienmördern passierte? Ein Zorn, der mit einem Mal zu groß wird und sie plötzlich mit unbeschreiblicher Kraft zum Morden drängt? In der Nacht von Ryan Macleans Tod hatte ich eine unsichtbare Mauer durchstoßen, eine unüberwindbare Grenze überschritten, die jetzt offen vor mir lag und darauf wartete, erneut überschritten zu werden.
    Der Weg durch Rodman’s Hollow war stickig; es gab keine Bäume, die Schatten spendeten, nur das unglaublich satte Grün des Hangs und die purpurnen Astern mit ihrem Blütenstaub, der alles viel zu grell besprenkelte. Um eine Biegung herum und über den Hügel, und da lag der Teich, ein Märchenteich, von glatten Steinen umsäumt. Das Wasser war ruhig, reflektierte das Grau des diesigen Himmels, und Mücken und Libellen schwirrten über die Oberfläche. Und da war die Blutwurz, ohne Blüte, um jeden rötlichen Stängel ein Blatt gewickelt, das in der Hitze vergilbt war.
    Ich kniete mich nieder, pflückte einen Stängel, öffnete das kleine Aspirinfläschchen, das ich mitgebracht hatte, und gab den Stängel hinein, pflückte dann noch einen und weitere zwei. Vier Stängel zerdrückte ich zu einer blutigen Masse in dem Fläschchen. Als ich fertig war, wusch ich meine Hände in dem lauwarmen Teich und sah zu, wie sich die verfärbten Wasserschlieren wieder auflösten. Doch auf meinen Händen blieben rote Flecken zurück, als sei die Arbeit schon erledigt.
     
    Mondlicht warf Schatten über Stein und Gras und durch die krummen Zweige der Bäume. Die ersten Siedler waren hier begraben, die Dodge-Familie, die Roses, die Balls, von denen einige
Nachfahren noch immer auf der Insel lebten. Wie es wohl wäre, in dem Bewusstsein zu sterben, dass die eigenen Nachfahren auf dieser Insel leben würden, die man selbst entdeckt hatte? Und die Kinder dieser Kinder, und immer so weiter, wie ein anhaltendes Vermächtnis? Und was war Daddys Vermächtnis? Sein Vermächtnis war Tod.
    Ich kniete an seinem Grab mit dem schlicht gemeißelten

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