Auf ewig und einen Tag - Roman
neuen Dessous. Ein Strapsgürtel, wie funktionierte der? Höschen aus so zarter Spitze, dass sie nichts verbargen. Wenn man es recht bedachte, machten sie den Zweck, überhaupt Höschen zu tragen, zunichte. Ein Bustier, um die Brüste so hochzupressen, dass sie als Buchablage dienen konnten. Ich kleidete mich aus, zog es an und betrachtete mich in dem großen Spiegel. Ein Hauch von Eves dunklem Lippenstift, dicke Wimperntusche, Rouge, um die Wangenknochen zu betonen, und ich würde wie jemand anderes aussehen. Älter. Wie Eve.
Justin hatte mir einmal gesagt, dass mein Tanzen das Aufregendste sei, was er je gesehen habe. Wenn er die Tür aufmachte, würde ich mit einer tänzerischen Bewegung auf ihn zugehen, ohne dass es unbedingt wie ein Tanz aussähe. Ich übte einen pas de bourrée, einen leichten Laufschritt auf den Zehen, gefolgt von einem petit jeté, mit dem ich bei der Tür landen würde.
Doch nachdem ich gelandet war, sprang mir eine Brust aus dem Bustier.
Ich zog eine Grimasse, stopfte sie wieder zurück, legte mich dann quer aufs Bett, zog den Bauch ein und richtete den Blick auf die Tür. Ich wölbte den Rücken, und die Brust sprang wieder heraus. Ich zog die Schultern hoch, schob sie wieder zurück und flüsterte: »Gott, ich brauche dich«, dann zuckte ich innerlich zusammen. Wie albern, viel zu melodramatisch. Ich stellte die Füße auf den Boden und bemühte mich um einen glühenden Ausdruck in den Augen. »Komm her«, formte ich tonlos mit den Lippen. Ich stellte mir sein Gesicht vor, den Schock, und dann das Hinschmelzen. Ich streckte ihm die Arme entgegen: »Komm her.«
Ich hörte Eves Schritte, die aus Daddys Zimmer kamen, sprang auf und lief zum Schrank, um meinen Morgenrock zu holen. Die Tür ging auf, und Eve sagte: »Hör zu, Kerry.« Bei meinem Anblick hielt sie inne und lachte spöttisch. Ich zog den Morgenrock um die Brust, wir sahen uns einen Moment lang an, dann drehte sie sich um und schloss die Tür.
Warte!, wollte ich rufen. Komm zurück! Was wolltest du sagen? Stattdessen stand ich da, starrte auf die Tür, ließ schließlich den Morgenrock von den Schultern gleiten und setzte mich aufs Bett, um zu warten.
Als Justins Wagen endlich in die Einfahrt fuhr, stand ich auf und ließ den Morgenrock zu Boden fallen. Ich zitterte, als ich ihn aufs Haus zugehen sah. Einerseits, weil ich nur Unterwäsche trug, andererseits, weil ich Angst hatte.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er am Gewächshaus vorbeigegangen war, zur Tür schielte und näher trat, um zu sehen, was ihn da erwartete. Alles in Zeitlupe, Bild für Bild: hochgezogene
Augenbrauen, erhobener Kopf, Papier auffalten, langsames Stirnrunzeln.
Meinen Brief las er zuerst, und als er fertig war, sah er zum Fenster hinauf. Ich kauerte mich nieder. Damit ich seine Reaktion nicht sah, wenn er den nächsten Brief öffnete. Als ich über den Fenstersims spähte, sah ich nur ein kleines Stück von seinem Kopf, während er vorwärtseilte, zu mir eilte.
Ich setzte mich auf dem Bett zurecht, warf das Haar über eine Schulter und versuchte mich mit einem verführerischen Blick. Mit schnellen Schritten eilte er die Treppe herauf, kam zu mir, und ich hielt den Atem an. Es war der letzte Tag meiner Jungfräulichkeit, der Tag, an dem ich mich mit dem Menschen vereinigen würde, den ich am meisten liebte auf der Welt. Und gerade, als ich dachte, ich würde explodieren vor Erwartung, verklangen die Schritte.
Ich stand da, drückte das Ohr an die Tür und bedeckte mit den Armen meine bloße Brust. Undeutlich hörte ich, wie Daddys Tür aufging und dann klickend ins Schloss fiel.
33
Zuerst war ich sicher, dass Justin sich vertan hatte. Ganz sicher sogar. Ich fühlte mich plötzlich furchtbar nackt und zog ein T-Shirt und Jeans an. Ich setzte mich aufs Bett und wartete, dass er seinen Fehler bemerkte, woran ich allerdings länger glaubte, als angemessen gewesen wäre. Und als es mir schließlich dämmerte, traf mich die Einsicht wie ein Schlag mit dem Sandsack. Ich konnte mich nicht bewegen, saß einfach nur da, wie von einem schweren Gewicht niedergedrückt, wie ans Bett genagelt. Meine Ohren sausten. Meine Brüste, immer noch in dem Bustier, fühlten sich fremd an, wie angeklebt.
Dann spürte ich, wie sich mein Körper rührte, sich über den Boden und den Gang hinab bewegte. Mein Ohr drückte sich an die Tür, ruhige Stimmen. Ruhig. Kein Fehler.
»… wie schwer das war, Justin. Für mich war es auch schwer.«
»Aber Kerry!«
»Sie
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