Auf ewig und einen Tag - Roman
Ohr zu pusten, um rauszukriegen, ob er auf der anderen Seite einen Luftzug spürt.«
Ich nickte. »Weißt du, ob Justin zu Hause ist?«
»Du verstehst nicht. Ich hab Georgias Stimme gehört, Kerry, sie meinen es ernst.«
»Wir könnten sie um Geld bitten.«
»Machst du Scherze? Damit hätten sie genau den Beweis, um uns als Versager hinzustellen, dass wir’s allein nicht schaffen. Sie würden sagen: Ach, wie viel brauchst du denn, Liebes? Und dann: Du weißt doch sicher, dass es gar nichts kosten würde, wenn ihr bei uns leben würdet?«
»Justin hat mich geküsst.«
Eve erstarrte und sah mich an. Ich konnte nicht anders und platzte lachend heraus: »Ich hab’s ihm beim Abendessen gesagt … Gott, ich hab ihm gesagt, dass ich ihn liebe. Und dann bin ich weggerannt, und er hat mich festgehalten und mich geküsst. Er hat mich geküsst!« Ich zog Eve in meine Arme und fügte hinzu: »Und jetzt weiß ich nicht, ob das stimmt.«
»Ob was stimmt?«, fragte Eve flüsternd.
Ich ließ sie los. »Er hat mir mehr oder weniger erklärt, er sei froh, dass es passiert ist. Zumindest glaube ich, dass er das gesagt hat. Aber ich war so krank gestern - vielleicht hab ich das Ganze nur geträumt.«
Eve zitterte. Ich sah es an ihren Fingern, sah ihr zusammengekniffenes Gesicht. »Warum hast du mir erzählt, er will sich verloben?«, fragte ich.
Eve lächelte starr. »Tut er das denn nicht? Ich schätze, ich dachte …« Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, Ker, ich wollte einfach nicht, dass du verletzt wirst, das ist alles. Ich weiß doch, wie sehr du dich in Dinge hineinsteigerst, dich verlierst, während Justin bloß ein Typ ist, dem es nur darum geht, was ihm gerade Spaß macht. Ich wollte nicht, dass du deine Zeit vergeudest und auf etwas absolut Unmögliches hoffst.«
»Er hat mich nie verletzt.«
Eve zuckte die Achseln und drehte sich zum Fenster um. »Also hat er gesagt, dass er dich liebt?«
»Nein, nicht wirklich. Ich weiß nicht. Er hat es vielleicht zu verstehen gegeben. Ich bin mir nicht sicher.«
»Es zu verstehen gegeben?« Eve zupfte an der Nagelhaut ihres Daumens, eine Angewohnheit, die wir früher beide gehabt und vor Jahren überwunden hatten. Doch als ich ihre Hand nahm, damit sie damit aufhörte, zog sie sie weg und lächelte. »Wie war er? Der Kuss?«
Ich unterdrückte ein Lächeln. »Ich weiß nicht, ob ich es wirklich erklären kann. Stell dir den besten Film vor, den wir je gesehen haben, keinen Schmachtfetzen, sondern die Art, wo ein Paar nach zwanzig Jahren wieder zusammenfindet. So ähnlich war es, nur besser. Er hat mich festgehalten, und dann hat er mich richtig zärtlich übers ganze Gesicht geküsst.« Ich strich mit dem Finger von Eves Schläfen zu ihren Lippen. Sie zuckte zurück. »Ich dachte, ich würde ohnmächtig werden.«
Eve schloss die Augen. »Ach, Kerry.« Schweigend saßen wir eine Weile da, dann öffnete Eve die Augen und grinste. »Erinnerst du dich noch, als wir uns Knutschflecken auf die Arme gemacht haben?«
»Ich weiß! Und mit unseren Kissen so taten, als würden wir mit jemandem knutschen?«
Eve lachte schallend. Ich nahm mein Kissen und drückte den Kopf hinein. »Ach, Liebling, deine Lippen sind so weich und süß. Ich bete dich an.«
Eve packte ihr Kissen. »Nimm mich jetzt!«
Ich beobachtete sie eine Weile, ihre feuchten, schmatzenden Küsse, bis sie mit rotem Kopf das Kissen wegzog. Ich lächelte und fühlte mich plötzlich älter. »Aber wie sich herausgestellt hat, war es ganz und gar nicht so. Ich meine, kein Vergleich. Es war, als würden ausgehend von deinen Lippen eine Million winziger
Nerven durch deinen ganzen Körper funken, sogar außerhalb deines Körpers. Ich kann es nicht erklären, Eve, es gibt keine Worte dafür. Du wirst es nicht verstehen, bevor du es selbst erlebt hast.«
Plötzlich stand Eve auf. »Gut, Ker. Das ist gut.« Sie ging in Richtung Tür und drehte sich dann um. »Ich freue mich für dich, Kerry, wirklich. Er musste sich ja für eine von uns entscheiden, denke ich.«
Ich sah ihr nach, wie sie hinausging, und mein Lächeln verblasste langsam. Ich rollte mich unter der Decke zusammen und versuchte, nicht auf ihre sich entfernenden Schritte zu lauschen, nicht nachzudenken. Denn tief in mir verstand ich. Tief in mir wusste ich, dass ich genauso reagiert hätte, wenn die Lage umgekehrt gewesen wäre, wenn Eve sich Justin geschnappt hätte.
Während der nächsten Woche änderte sich nicht viel. Justin und ich redeten
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