Auf ewig und einen Tag - Roman
Samstagmorgen-Cartoon degeneriert.
»Über neununddreißig Grad Fieber.«
»Kerry …« Eve stand mit zusammengebissenen Zähnen in der Ecke. Sie starrte auf mein Kissen, auf dem sich Flecken von
meinem Make-up abzeichneten. Ich packte das Kissen, drückte es an die Brust und gab ihr mit flehentlich aufgerissenen Augen ein Zeichen.
»Ich schätze, ich sollte zu Hause bleiben und mich um die Kranken kümmern«, sagte Mrs. Caine.
»O nein, hey«, antwortete ich, inzwischen zu der Glaubwürdigkeit eines Teletubbys herabgesunken. »Das müssen Sie nicht. Ich weiß, dass Ihre Eltern furchtbar enttäuscht wären.«
»Ich werde das nicht tun«, sagte Eve, inzwischen rot im Gesicht.
Oh, tut mir leid. »Eve …«
»Ich werde nicht allein dort hinfahren, verdammt. Auf keinen Fall.«
» Es ist wirklich schlimm«, sagte Mrs. Caine. »Letzte Woche hab ich mit eurer Großmutter gesprochen, und sie hat mich gefragt, was ihr Mädchen euch wohl zu Weihnachten wünscht. Sie klang ganz aufgeregt, euch bei sich zu haben.« Sie seufzte. »Aber ich denke, die beiden Kranken könnten dich gut hier brauchen, Eve, um Tee und Taschentücher zu bringen. Es wäre sicher nicht richtig, euch Mädels an Weihnachten zu trennen.«
Ich spürte fast so etwas wie Erleichterung, bis ich in Eves angespanntes Gesicht blickte, die mit ihren zusammengekniffenen Augen und ihrem kurz geschnittenen Haar wie eine Fremde auf mich wirkte.
Ich sah in ihre Richtung, kniff ebenfalls die Augen zusammen, wir bissen die Zähne aufeinander und funkelten uns stumm an. Schließlich wandte Eve sich ab. »Vergiss es«, sagte sie. »Vielleicht ist dein Fieber ansteckend - ich fühl mich ja schon krank, wenn ich bloß hier bei dir stehe.« Sie packte ihre Tasche und ging hinaus.
»Eve?« Mrs. Caine sah mich an und ging ihr dann nach. »Eve!«
Ich legte die Arme um die Knie, und mein Blick verschwamm. Ich wusste, was ich getan hatte. Und ein Teil von mir wusste, dass nichts mehr so wie früher sein würde.
11
Ich hatte Eve eine Woche lang nicht gesehen. Und jetzt, als die Fähre in den Hafen einfuhr, überkam mich Angst. Was albern war, wie ich mir sagte, weil Eve und ich nie lange böse aufeinander waren. Groll gegeneinander zu hegen war nicht praktisch, wenn man im selben Schlafzimmer schlief und Zahnpasta und Tampons teilte.
Justin saß auf dem Fahrersitz und trommelte auf dem Lenkrad den Takt der Radiomusik mit, und ich klopfte einen abgehackten Rhythmus auf meinen Sitz - vier Schläge, wenn er einen schlug.
Und dann trat Eve aufs Dock. Ich atmete erleichtert auf und fühlte mich wie ein verloren gegangenes Kind, das endlich, nachdem es eine Stunde lang weinend durch endlose Gänge geirrt war, seine Mutter in der Menge der Fremden erkennt. Ich küsste Justin auf die Wange und stieg aus, um sie zu begrüßen. Eve ging auf mich zu, und ich breitete die Arme weit aus. »Eve, ich hab dich vermisst!«
Ohne etwas zu sagen, streckte sie mir ihre Tüten entgegen. Ich schlug mich damit herum, während sie auf den Vordersitz neben Justin kletterte. »Frohe Weihnachten!«, sagte sie. »Gott, Justin, was für eine Höllenwoche! Gestern waren wir Schneeschuh laufen. Schneeschuhe, stell dir vor! Die zwei alten Deppen sind rumgerutscht wie Balletttänzer.«
Justin sah mich an. Ich zwang mich zu einem Lächeln, öffnete
dann die hintere Tür, stieg ein und überlegte mir, was ich sagen könnte. »Wow«, war alles, was mir einfiel.
»Ich hab mir tatsächlich überlegt, dir Schneeschuhe zu Weihnachten zu kaufen, Justin, um dir zu zeigen, was für ein Höllenspaß das ist. Zu schade, dass ich schon was anderes besorgt hatte.«
Ich sah auf Eves Nacken, wo ihr Haar den blauen Schal umsäumte, und spürte eine schlimme Ahnung in mir aufsteigen. »O ja«, sagte ich. »Das Geschenk wird dir gefallen, Justin, es ist wirklich schön.«
Ich war mit ihr zusammen gewesen, als sie den Harley-Kalender aussuchte. Jeden Monat ein anderes Motorrad! Es hatte mich stolz gemacht, dass sie zu glauben schien, die Reparaturwerkstatt sei eine Möglichkeit, Karriere zu machen. Ich selbst hatte auf der Suche nach dem perfekten Geschenk über Katalogen gebrütet und mich schließlich für eine Ledermappe für seine Papiere und eine goldene Cross-Feder entschieden. Eve fand, dass dies viel zu praktisch sei, um romantisch zu sein, die Art von Geschenk, die man von Großeltern bekam, die ihre Enkel kaum kannten, wie etwa Pyjamas mit angenähten Füßen. Aber er benutzte beides jeden Tag und
Weitere Kostenlose Bücher