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Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
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mich an die Stimme zu gewöhnen. »Mom«, flüsterte ich, »Mutter«, um es einzuüben. Dann folgte ein scheußlich synthetischer Song, wie man ihn vielleicht auf einem neu gekauften Anrufbeantworter hört, bevor man bemerkt, dass man ihn löschen muss. Als der Song vorbei war, flüsterte ich ohne nachzudenken, »Hallo.«
    Der Hörer entglitt mir und schlug klappernd gegen den Tisch. Ich packte ihn, legte ihn auf die Gabel, hielt ihn aber weiter mit der Hand umklammert. Sie würde diese Nachricht hören. Meine Mutter würde meine Stimme hören und sich vielleicht fragen, ob ich das sein konnte. Ich holte tief Luft. Ein letztes Mal.
    Ein, zwei, drei Klingeltöne und dann die Stimme. »Wer zum Teufel ist da?«
    O mein Gott.
    Ich sackte an der Wand entlang auf den Hintern und konzentrierte mich auf einen schwarzen Fingerabdruck auf der gelben Tapete. »Ich …« Meine Stimme war ein heiseres Krächzen. »Hallo.« Ich schüttelte den Kopf. »Hallo, ich bin’s. Hier ist Kerry.« Ich krümmte die Zehen in meinen Turnschuhen. »Hier ist deine Tochter Kerry.«
    Ich konnte sie am anderen Ende atmen hören, jedes Geräusch war verstärkt. Ich hörte alles, angefangen vom Knacken der
Grundmauern bis hin zum Zischen eines Heizkörpers. Ich glaubte zu hören, wie ihr Gehirn nach Worten suchte, stellte mir den Schrecken auf ihrem Gesicht vor, und die Freude. Ich dachte, ich hörte das Zittern in ihrem Herzen und die Tränen, die ihr in die Augen stiegen.
    »Oh«, sagte sie leise. »O Mann, du hast dich vertan.«
    Ich grub die Nägel in meine Knie. Verflucht. Zum Teufel mit ihr. »Der Teufel soll dich holen«, sagte ich.
    »Also wirklich, Kerry, ich bin nicht deine Mutter. Du willst mit Diana sprechen, stimmt’s? Ich bin eine Freundin von ihr, ich hab mit ihr zusammengewohnt, bis sie vor fünf Jahren weggezogen ist. Sie hat diesen Typen geheiratet, einen Bauunternehmer, Joey war sein Name, aber sie sind inzwischen nicht mehr zusammen.«
    Ich zog die Knie an die Brust, Tränen trockneten auf meiner Haut. »Joey?«
    »Ich hab ihre Nummer, wenn du sie willst. Na ja, sicher willst du sie. Ich kann nicht glauben, dass du nach all der langen Zeit anrufst. Diana hat immer von euch Mädchen gesprochen, mir ständig die Ohren vollgequasselt.«
    Ich wischte mir das Gesicht ab. »Wirklich?«
    »Ich hab auch ihre Adresse, wenn du willst. Ich hab sie erst letzten Sommer dort besucht. Sie hat eine schöne große Eigentumswohnung mit allen Schikanen, seitdem sie Joey verlassen hat, eichenvertäfelte Bibliothek, Wanne mit Druckdüsen und so’n Kram. Sie ist nach Miami runter gezogen, weil das für Joeys Job günstig war, und ist nie mehr zurückgekommen.«
    Ich starrte auf den Fleck an der Wand, bis er mir vor den Augen verschwamm. »Also gut«, sagte ich. »Geben Sie mir die Nummer.«

    Die Frau gab einen seltsamen Summton von sich. »Vielleicht sollte ich sie vorher anrufen und ihr sagen, dass ich mit dir gesprochen habe. Ich hab die Nummer hier, aber du wartest lieber, bis ich sie vorgewarnt habe. Das wird sie wahrscheinlich ziemlich umhauen.«
    Ich nickte, als könnte die Frau mich sehen, und nickte wieder, als wollte ich mich überreden, weiter zuzuhören. Als sie fortfuhr, klang ihre Stimme weicher und leicht gekünstelt. »Bist du es, die krank ist? Oder deine Schwester?«
    »Was?«
    »Sie wollte raufkommen, als sie davon hörte, das schwöre ich. Aber sie wollte nicht, dass ihr euch aufregt.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wer hat ihr gesagt, dass Eve krank ist?«
    »Oh.« Es folgte ein kurzes Schweigen. »Also, ich sag ihr, dass du angerufen hast, ja? Ich bin mir sicher, sie ruft zurück.«
    »Woher hat sie es gewusst? Wer hat es ihr gesagt?«
    »Es war schön, mit dir zu sprechen. Deine Stimme klingt genauso wie ihre, weißt du, genauso tief. Ich richte es ihr aus.«
    Es klickte, als sie auflegte. Ich hielt den Hörer an die Brust, hielt ihn immer noch fest, während das Freizeichen ertönte, der Operator sich meldete und der schrille Alarmton erklang. Erst als das Telefon mit einem Klicken verstummte, war ich in der Lage aufzustehen.

19
    Die ganze Woche erfand ich Ausreden, um das Haus nicht verlassen zu müssen. Jedes Mal, wenn das Telefon klingelte, sprang ich auf, als wartete ich auf einen Jungen, der mich zum Abschlussball einlud, und übte, mit dem richtigen Maß an Gleichgültigkeit zu antworten. Hallo, Mutter, ich hätte nicht gedacht, dass du anrufen würdest. Aber am Ende schickte sie ein Päckchen, anstatt anzurufen, als

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