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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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zu verdanken, der Paine bewunderte und sich engagiert für ihn eingesetzt hatte.
    Als Godwin, ein kleiner Mann mit dem durchgeistigten Kopf eines Denkers, an diesem Nachmittag – es war ein Sonntag – die Treppen zu Johnsons Wohnung hochstieg, freute er sich auf die Bekanntschaft und ein interessantes Gespräch mit Paine. Wahrscheinlich ging es Mary Wollstonecraft genauso. Beide schlugen sich zu dieser Zeit noch mehr schlecht als recht als Schriftsteller durch und sahen keinen Grund, sich füreinander zu interessieren. Die Bücher, die sie berühmt machten, waren noch nicht publiziert, aber schon im Entstehen. Sein philosophisches Hauptwerk, An Enquiry Concerning Political Justice , erschien 1793, ihre Vindication of the Rights of Woman im Januar 1792, knapp zwei Monate nach der Begegnung mit Godwin. Ihre erste, gegen Burke gerichtete Vindication of the Rights of Men hatte er nur durchflogen und sich, typisch für literary men , wie er selbstkritisch zugab, über grammatikalische Fehler geärgert, sicher auch über den scharfen, auftrumpfenden Ton des Pamphlets. Er konnte Rechthaberei bei anderen nicht leiden. Und nun verdarb sie ihm damit auch noch den Abend, von dem er sich so viel versprochen hatte, freilich auch, weil Paine den Mund kaum aufmachte. »Mary und ich trennten uns in gegenseitigem Mißfallen« resümiert er.
    »Paine redete normalerweise nicht viel, und obwohl er gelegentlich scharfsinnige und frappierende Bemerkungen machte,wurde das Gespräch in der Hauptsache von mir und Mary bestritten. Wir streiften eine ziemliche Vielfalt von Gegenständen. Vor allem ging es über die Charaktere und Gewohnheiten einiger berühmter Männer. Mary hatte in einem ziemlich tadelnswerten Ausmaß die Gewohnheit angenommen, alles von seiner negativen Seite zu sehen und auch dann mit kritischen Urteilen nicht zu sparen, wenn die Umstände in jeder Hinsicht zu Zweifeln berechtigten. Dagegen hatte ich einen starken Hang zu wohlwollenden Deutungen, und besonders da, wo ich unzweifelhafte Zeichen von Genie entdeckte, war ich sehr geneigt, das Vorhandensein hochherziger männlicher Tugenden vorauszusetzen. In dieser Art erörterten wir die Charaktere von Voltaire und anderen, die von einigen glühende Bewunderung erfahren haben, während die Mehrheit sie mit äußerster moralischer Strenge behandelt hat.
    Mary fühlte sich schließlich dazu herausgefordert mir zu sagen, daß Lob, das so reichlich gespendet werde, wie ich es spende, weder dem Geber noch dem damit Bedachten zur Ehre gereiche.
    Wir diskutierten einige Fragen, die die Religion betrafen, wobei ihre Ansichten den allgemein akzeptierten näher waren als meine. Im Fortgang des Gesprächs wurde ich zunehmend unzufrieden mit meinem Anteil daran. Wir berührten alle Gegenstände, ohne irgendeinen davon energisch und zusammenhängend zu behandeln. Immerhin ließ ich ihr Gerechtigkeit widerfahren, als ich sie in einer Gesellschaft, mit der ich beim Essen saß, als selbständig und unabhängig denkende Person lobte, freilich auch mit Tadel nicht sparte. Sie allerdings ließ mir in keiner Weise etwas von dem zukommen, was ich für Gerechtigkeit hielt. Wir trafen uns noch zwei- oder dreimal im folgenden Jahr, machten aber kaum Fortschritte in Richtung einer herzlichen Bekanntschaft.
    Ende 1792 ging Mary nach Frankreich, wo sie zwei Jahre lang lebte.«
    Wahrscheinlich hat sie sich über Godwin so geärgert wie ersich über sie. Auch er liebte nämlich den Kampf in der »geistigen Arena« und konnte seinen Kombattanten dabei ziemlich auf die Nerven gehen. »Er haßte es, eine Auseinandersetzung ergebnislos abzubrechen, und neigte zum Insistieren. Menschen, die die Schärfe seiner Beobachtungen und sein umfassendes Verständnis bewunderten, waren oft zugleich irritiert durch seine direkte und hartnäckige Argumentationsweise. Das schnaubende Lachen, mit dem er signalisierte, daß er anderer Meinung war, konnte höhnisch oder triumphierend klingen. Er redete zuviel und brachte es nicht fertig, ein Thema fallenzulassen, wenn das Interesse der Gesellschaft offensichtlich nachließ. Seinen Gegnern wurde nicht erlaubt, sich unter dem Schutz einer witzigen oder zweideutigen Bemerkung mit Anstand zurückzuziehen. sondern sie wurden dazu gedrängt, ihre Niederlage einzugestehen und zu widerrufen.«
    Sogar posthum wollte er noch recht behalten, wie man an seinem Bericht über die erste mißglückte Begegnung mit Mary sieht. Er findet sich in den Memoirs of the Author of »The Rights

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