Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
of Woman« , mit denen er ihr ein biographisches Denkmal errichten wollte, nachdem sie nach nur sechsmonatiger Ehe im Kindbett gestorben war. Man hört aus dieser Schrift Godwins schmerzliches, eifersüchtiges Bedauern über eine verpaßte Gelegenheit heraus. Alles hätte anders kommen können, sie hätten einander viel länger haben und miteinander glücklich sein können, macht er deutlich, wenn – ja wenn Mary damals nicht unter dem Einfluß eines anderen Mannes gestanden hätte, der sie mit seinen Irrlehren vom richtigen Weg abgebracht, wie die Schlange Eva mit dem Geist der Verneinung angesteckt, ihrem wahren, besseren Selbst entfremdet und schließlich sogar nach Frankreich getrieben habe.
Dieser andere war der in London lebende, aus der Schweiz stammende Maler Heinrich Füssli, der sich in seiner Wahlheimat Henry Fuseli nannte, weil die Engländer sich mit der Aussprache seines Namens schwertaten. Doch wäre Mary ohne ihn the Author of the Rights of Woman geworden?
»Aus einigen Formulierungen, dem angriffslustigen Ton und etlichen direkten Bezügen wird ganz deutlich, daß diese Schrift aus Diskussionen mit Füssli und anderen Mitgliedern des Johnson-Kreises hervorging«, schreibt der Kunsthistoriker Peter Tomory, der gesehen hat, wie produktiv die Freundschaft zwischen Füssli und Mary gewesen ist. Und zwar für beide.
Self-made Woman
Füssli gehört seit langem zum engsten Zirkel von Joseph Johnson, der den Schweizer an sich gezogen hatte, als dieser 1765, im Alter von vierundzwanzig Jahren, zum erstenmal nach England kam. Damals hatte Füssli noch schriftstellerische Ambitionen (Johnson veröffentlichte von ihm eine panegyrische und, wie sich zeigte, unverkäufliche Schrift über Rousseau), entschloß sich dann aber, Maler zu werden. Nach mehrjährigem Studienaufenthalt in Italien siedelte er 1781 endgültig nach London über und nahm die Beziehung zu Johnson wieder auf, der seine neue Laufbahn als Verleger (von Übersetzungen Füsslis), Förderer und Freund begleitete. Den Durchbruch brachte sein Gemälde Der Nachtmahr. Die Bilder, die er, in Konkurrenz mit Kollegen, zum großen Projekt einer Shakespeare-Galerie beisteuerte, bestätigten seinen Rang. »Außer Füsslis ›Sommernachts‹- und ›Macbeth‹-Alpträumen entstand nur hold-prüder, kostümverpackter Erinnerungskitsch.« In der Analytical Review , einem Rezensionsorgan, das der schottische Publizist John Christie für Johnson herausgab, durfte Füssli seine Werke selbst besprechen. Und als er (am 30. Juni 1788) mit Ende 40 sein Lieblingsmodell, die junge hübsche blonde Sophia Rawlins, heiratete, war Johnson Trauzeuge.
Mary Wollstonecraft war noch ziemlich neu in seiner Menagerie. 1786 hatte er ihre erste literarische Arbeit, ein Traktat über die Erziehung von Mädchen, zum Druck angenommen, doch ihre nähere Bekanntschaft beginnt im Sommer 1787, als sie mitneuen Projekten zu ihm kommt, moralischen Geschichten für Kinder und einem schon ziemlich weit gediehenen autobiographischen Roman, in dem sie versuchte, sich zu analysieren und aus ihrer Kindheit heraus zu verstehen. »Mary, die Heldin dieser Geschichte, war die Tochter von Edward, der Eliza heiratete …« Die Namen ihrer Eltern.
Mary Wollstonecraft war das zweite Kind und das erste Mädchen von sieben Kindern (vier Jungen, drei Mädchen). Ihr Vater, der den väterlichen Beruf eines Seidenwebers gelernt hatte, war ein Haustyrann, ein Choleriker und Alkoholiker, der seine Frau im Suff schlug. Nach sozialem Aufstieg strebend, versuchte er durch verschiedene Unternehmungen und Spekulationen sein Glück zu machen, zwang seine Familie zu immer neuen Ortswechseln – aus der Nähe von London nach Yorkshire, nach London, nach Wales, wieder in die Londoner Gegend – und brachte das ererbte Vermögen durch. Die Mutter war in den Augen Marys der Inbegriff einer schwachen Frau, gesundheitlich anfällig, indolent, antriebslos, oberflächlich, ohne Wärme, ohne Liebe für ihre Töchter. Nur die Söhne zählten. Der älteste, Edward, wurde als Kronprinz verhätschelt, Mary kaum beachtet und sich selbst überlassen. Eine existentielle Kränkung, die ihre Widerstands- und Willenskraft mobilisierte. Schon früh erkannte sie, daß sie selbst etwas aus sich machen mußte, wenn etwas aus ihr werden sollte. »In jeder Hinsicht vernachlässigt und sich selbst überlassen, betrachtete sie alles, was sich ihr zur Untersuchung anbot, und lernte zu denken.«
Auf sich zurückgeworfen, beugte sie
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