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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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daß ich einige Ranken zum Anhaften an die Ulme ausgeworfen habe, von der ich gestützt werden will. – Das ist für mich eine ganz neue Sprache! – Aber weil ich weiß, daß ich keine Schmarotzerpflanze bin, will ich die Liebesbeweise annehmen, auf die jeder Pulsschlag antwortet, wenn ich daran denke, mit Dir wieder in einem Haus zusammen zu sein. – Gott schütze Dich!
    Ganz Deine Mary«.
 
    Das große Haus, in dem Imlay für sie eine Wohnung gefunden hatte, gehörte einem Geschäftsfreund, dem Seifenfabrikanten John Wheatcroft. Es lag in der Rue de Corderie, Section des Sans-Culottes, nahe am Hafen.
    Gleich nach ihrer Ankunft am 25. Januar ließen sie und Imlay sich vorschriftsmäßig bei der Meldebehörde registrieren. Mary zeichnete als Marie Imlay – Citoyenne des Etats Unis. Als Heimatadresse gab sie Virginia an.
    Umarmungen des Todes
    An den Weihnachtstagen 1793 war Mary bei Helen Maria Williams zu Besuch gewesen. Vielleicht waren sie und ihre Mutter die Damen, die die Schwangere neugierig angestarrt hatten, und war John Hurford Stone der Mann, dessen rohe Witze Mary fürchtete? » Rights of Woman schreibt ein ungeheuer dickes Buch«, berichtete er Anfang Januar seinem Bruder. Es werde vermutlich langweilig und ungenau werden.
    Das Werk mit dem umständlichen Titel An Historical and Moral View of the Origin and Progress of the French Revolution and the Effect It Has Produced in Europe , das 1794 bei Johnson erschien, ist tatsächlich ziemlich voluminös, obwohl die Erzählung nur bis Ende 1789 reicht. (Zwei oder drei weitere Bände sollten folgen, von denen ein beträchtlicher Teil schon fertig sei, wie es im Vorwort heißt, aber erhalten hat sich davon nichts.) Als historische Darstellung war es schon bei Erscheinen überholt, zumal es auf einer allzu schmalen Quellenbasis gründet. Dafür ist es gedankenreich, meinungsstark und sehr mutig. Mary riskierte damit ihr Leben. Dem Rat von Helen Maria Williams, das Manuskript zu verbrennen, ist sie nicht gefolgt. Langweilig? Ein prominenter Leser fand ausgesprochen anregend, was sie schrieb. Zum Beispiel das:
    »Früher verachteten Könige und große Männer die Gerechtigkeit und traten sie mit Füßen; aber in unseren Zeiten, wo die Vernunft bis zu einem gewissen Grade die Regierungen lenkt, halten die Menschen es für nötig, ihre Handlungen durch moralische Motive aufzupolieren, obwohl sie möglicherweise gar nicht darin gründen. Und sogar der Jargon der Empfindsamkeit, der jetzt allgemein geworden ist, zeigt, wohin die Eitelkeit, das wahre Thermometer der Epochen, ausschlägt. – Eine affektierte Menschlichkeit ist die Prätention des Tages; und die Menschen geben fast immer vor, die Tugend oder Eigenschaft zu besitzen, die gerade en vogue ist.«

    32  John Adams. Ölgemälde von
Mather Brown, 1785.
    »Diesen Jargon haben Sie sich zu eigen gemacht«, warf JohnAdams ihr vor, der es liebte, mit Büchern zu diskutieren. Er hat sein Exemplar von Marys Revolutionsgeschichte zweimal intensiv durchgearbeitet und mit zahlreichen Bemerkungen versehen, zuerst 1797, als er nach George Washington der zweite Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika geworden war.
    »Dieser Erguß ist voller Sinn und Unsinn.«
    »Die Meinungen auf dieser Seite sind die einer schwachen Frau!«
    »Wunderbar! Gott gebe es!«
    »Die Schneide dieser Sätze ist zu scharf, um stark zu sein!«
    »Armselige Beredsamkeit!«
    »Ist das bewiesen?«
    »Das habe ich in Frankreich nie gehört!«
    »Obwohl sie gefällig schreibt, zeigt sie auf jeder Seite, daß sie nichts bis auf den Grund durchschaut. Sie hat keine Ahnung von ihrem Gegenstand. Aber in dieser Unwissenheit wird sie von den größten Männern ihrer Zeit erreicht und sogar übertroffen.«
    Zusammenfassend aber urteilte er: »Das ist eine Dame von männlichem, meisterhaftem Verstand. Ihr Stil ist kräftig und klar, obwohl manchmal zu wortreich. Mit etwas Erfahrung in öffentlichen Angelegenheiten und einschlägiger Lektüre und dem daraus resultierenden Nachdenken hätte sie eine Geschichte ohne die Mängel und Flecken produziert, die in den Randbemerkungen vielleicht mit etwas zu viel Strenge und zu wenig Galanterie aufgezeigt werden.«
    Aber auch ohne ihre Schilderung eines Ganges durch das verlassene Versailles.
    »Wie still Versailles nun ist! – Der einsame Besucher, der das prächtige Treppenhaus hochsteigt, macht an jedem Absatz halt, während das Auge die Leere durchwandert, beinahe in der Erwartung, daß die

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