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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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in solcher Lage versuchen, durch Mäßigung und Besinnung die Erregung des liebenden Herzens zu zügeln. Aber die Hoffnung, die sie genährt hatte, war bald vernichtet. Imlay empfing sie kalt und verlegen. Auseinandersetzungen (›Verständigungen‹ wurden sie genannt) folgten, grausame ›Verständigungen‹, die nur geeignet waren, die Qual eines Herzens zu erhöhen, das ohnedies schon im Gram versunken war. So wenig Aufklärung sie auch brachten, so zeigten sie doch das eine deutlich, daß die Mißhelligkeiten nicht wieder gut zu machen waren.
    Unter dem Eindruck dieser Vorgänge war Mary außerstande, ihre Fassung zu bewahren. ›Liebe! Süße trügerische Liebe!‹ ruft sie später im Gespräch mit einer Freundin aus. ›Die strenge Vernunft forderte Entsagung, aber wie sollten nicht alle vernünftigen Erwägungen verfliegen, wenn man endlich erst wahre Freuden kennengelernt hat?‹ Das Leben wurde ihr zu einer unerträglichen Bürde.
    Wenn Imlay abwesend war, konnte sie ruhig von der Aussicht auf Trennung und wiedergewonnene Unabhängigkeit sprechen, aber in einem Hause mit ihm konnte sie nicht umhin, es immer wieder zu versuchen, das alte herzliche Verhältnis aufs neue herzustellen, und die so oftmalige Wiederholung solcher vergeblicher Versuche trug immer aufs neue Nahrung zu dem Feuer, das sie verzehrte. Endlich faßte sie in Verzweiflung den Entschluß zu sterben.«
    Mary nahm Laudanum. »Stein der Unsterblichkeit« hatte Paracelsus diese Opiumtinktur stolz genannt, überzeugt, mit ihr ein Allheilmittel gemischt zu haben. In ganz Europa war die Wunderdroge als Schmerz-, Beruhigungs- und Schlafmittel überaus beliebt, und sie half auch gegen das Leben. »Sie schluckte das Laudanum; ihre Seele war ruhig – der Sturm hatte sich gelegt – und nichts blieb, als ein starkes Verlangen, sich selbst zu vergessen – vor dem Schmerz zu flüchten, den sie litt, allem Denken zu entfliehen – dieser Hölle der Enttäuschung.« Marys Selbstmordversuch mißlang wie der ihrer Romanheldin Maria. Einer Ohnmacht folgt »heftigstes Erbrechen«, und dann ist es der reuige Gedanke an ihr Töchterchen, der Maria nach heftigem Ringen sagen läßt: »Ich will leben – für mein Kind!«
    Mary wollte vor allem für Imlay leben, immer noch. Ihr versuchter Suizid hat ihn wohl so geschockt, daß er ihr neue Hoffnungen machte. Zuvor aber sollte sie für ihn (für ihre gemeinsame Zukunft) eine Reise nach Norwegen unternehmen, über deren Notwendigkeit sie schon öfter miteinander gesprochen hatten. Vor Ort konnte man dem verschwundenden Silberschatz vielleicht doch noch auf die Spur kommen. Die Ablenkung würde ihr guttun, und ihm würde sie damit einen großen Dienst erweisen, da er selbst wegen anderer geschäftlicher Verpflichtungen keine Zeit hatte, die Reise zu unternehmen. Danach wollte er sich dann mit Mary treffen, nicht in England, sondern auf dem Kontinent. Wahrscheinlich in Hamburg, möglicherweise aber auch in Basel, Mary träumte schon lange von einem Aufenthalt in der Schweiz. Ein ingeniöser Plan, der Marys Leben wieder Sinn geben, Imlay von ihr erst einmal befreien und, am wichtigsten, seinen finanziellen Interessen dienen würde. Wie schwach sie war – und wie stark, sich auf ein solches Unternehmen einzulassen.
    »Hiermit bevollmächtige ich, Gilbert Imlay, Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika, zur Zeit wohnhaft in London, Mary Imlay, meine beste Freundin und meine Frau, mich in allen meinen Geschäften zu vertreten, die ich bisher in die Hände von Mr. Elias Backman, Geschäftsmann in Göteborg, oder von den Herren Ryberg & Co in Kopenhagen gelegt hatte. Ich wünsche, daß in diesen Angelegenheiten so verfahren wird, wie es ihr am klügsten und vorteilhaftesten erscheint.«
    Um den 7. Juni 1795 brach Mary in das nordenglische Hafenstädtchen Hull auf, mit Fanny, die gerade ein Jahr geworden war, und ihrem heiteren Kindermädchen Marguerite Fournée. Pamina und Papagena auf Reisen!
    Die Abfahrt des kleinen Frachtschiffes verzögert sich immer wieder. Endlich, am 21. Juni, sticht es in See, kann aber dann wegen widriger Winde nicht wie vorgesehen in Arendal an der norwegischen Küste landen, wo die Familie von Kapitän Ellefsen zu Hause war und das verschwundene Silber vermutet wurde. Statt dessen verschlägt es sie an die gegenüberliegende schwedische Seite. Ein Ruderboot bringt sie an Land, etwa 30 Kilometer von Göteborg entfernt, wo sie am Nachmittag des 27. Juni eintreffen. »Ich habe nur einen

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