Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
wiedergutzumachen. Was mich angeht, bin ich nicht so anmaßend, auch nur mit einem Wort Deine Vergebung zu erflehen.«
Vier Tage – Nächte – später dann endlich toute.
Mary an Godwin, am 22. August:
»Ich fühle mich manchmal quälend demütig – Schreib mir, nur eine Zeile, um mir zu versichern, daß Du hin und wieder mit Zuneigung an mich gedacht hast – seitdem wir uns getrennt haben –«
Godwin an Mary, am gleichen Tag:
»Demütig! Um Himmels willen, sei stolz, sei arrogant! Du bist – aber ich kann Dir nicht sagen, was Du bist. Ich habe nochnicht herausgefunden, was Dich an die Schwäche unserer Natur bindet. Ich werde es aufstöbern.«
September, Oktober, November, Dezember: Chez moi, chez elle, chez moi, chez elle, chez moi, bonne. Bonne in Godwins Tagebuch, das ist ein Gefühlsausbruch. Mary gab Godwin, was Imlay ihr gegeben hatte. Sie wurde seine Lehrmeisterin in der Liebe, sie heilte ihn, versöhnte ihn mit seinem Körper, machte ihn ganz. Adorable maîtresse! »Jetzt erst erfuhr ich vollkommenes Glück. Wenn ich nach meiner eigenen Erfahrung urteilen soll, so kann ich sagen, daß die Natur für alles Unglück und Elend, das sie so reichlich und unablässig über ihre Söhne ausschüttet, sie durch diese eine Gabe entschädigt hat, die Seligkeit und die unaussprechliche Lust, die mit der Zuneigung zweier Menschen verschiedenen Geschlechts verbunden sind«, schwärmte er Jahre danach – in seiner Art. »Das Glück, das wir genossen, war maßvoll und würdig, und eben seine Nüchternheit diente dazu, die Lust zu steigern.« Das klingt, als hätten sie sich an Wasser berauscht – Godwin war eben nicht Imlay –, aber berauscht waren sie, und ihre Liebe wuchs, je vertrauter sie miteinander wurden, je mehr Mary Godwin vertraute, dessen rücksichtsvolle Zärtlichkeit Balsam auf ihre Wunden war. »Ich bin froh, daß Du mich zwingst, Dich immer mehr zu lieben, trotz meiner Angst, daß mir jeder das Herz durchbohrt, auf den ich den gewaltigen Vorrat meiner Zuneigung ablagere.«
»Ich hätte heute gern mit Dir gegessen, nachdem ich Deine Essays ausgelesen hatte, so daß meine Augen und Lippen – ich meine weniger meine Stimme – Dir hätten sagen können, daß sie Dich in meiner Achtung haben wachsen lassen«, schrieb sie Anfang Oktober. »Was für ein kaltes Wort! Ich würde Liebe sagen, wenn Du mir versprichst, nicht über die Angemessenheit dieses Wortes zu streiten, wenn ich eine wachsende Zuneigung ausdrücken will, die auf einer näheren Bekanntschaft mit Deinem Herzen und Deinem Verstand gründet.
Ich werde alle meine liebevollen Gefühle mit einem Korken verschließen – doch es kann sein, daß die feine flüchtige Essenzdavonfliegen wird, wenn ich spazieren gehe – Du weißt nicht, wieviel Zärtlichkeit für Dich in einem wollüstigen Seufzer entkommen könnte, wenn die Luft, was oft vorkommt, die Empfindungen in eine angenehme Bewegung versetzen sollte, die sich um mein Herz gerankt haben, als ich diesen Morgen las – und mich ab und zu daran erinnerte, daß der Autor mich liebte . In dem Wort wollüstig steckt oft eine Bedeutung, die ich ihm nicht geben will. Ich würde einen dieser Augenblicke beschreiben, wenn die Sinne von der wachsenden Zärtlichkeit des Herzens feingestimmt werden und die einwilligende Vernunft dazu verlockt, ganz im gegenwärtigen Augenblick zu leben, ohne an Gegenwart oder Zukunft zu denken – Es ist nicht der Taumel der Leidenschaft – Es ist eine sublime Ruhe. In Deinen Armen habe ich sie empfunden – psst – Laß das Licht es nicht sehen, ich hätte fast hören gesagt – Diese Bekennntnisse sollten nur geäußert werden – Du weißt wo, wenn die Vorhänge heruntergelassen sind und die ganze Welt ausgeschlossen ist.«
Die Brieflein, die im Herbst 1796 zwischen den beiden hin- und herflogen, sind zwischen den Nächten geschrieben. In ungeduldiger Vorfreude, enttäuscht, frustriert, wenn sie nicht zusammenkamen – er fühlte sich nicht wohl, sie war unpäßlich, Fanny hatte Windpocken. Und durchwärmt von ihren Umarmungen. Als Godwin in seinen Erinnerungen an Mary ihre wunderbare Metamorphose durch Imlay beschrieb – »ihre Augen bekamen neuen Glanz und ihre Wangen neue Farbe und Lieblichkeit« –, schilderte er, was er selbst erlebt hatte – und ohne Imlay nicht erlebt hätte.
»Laß mich Dir sagen, daß Du heute morgen nicht nur in meinem Herzen bist, sondern in meinen Adern. Ich wende Dir etwas beschämt den Rücken
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