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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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großer Teil ihres Geschlechts, nur zum Fühlen geboren schien; und die Beweglichkeit ihrer wohlgeformten, sogar üppigen Gestalt vermittelte mehr den Eindruck eines starken Gemüts als eines kräftigen Körpers.«
    Das ist Maria, die Heldin des Romans, an dem Mary arbeitete. Ein Spiegelbild mit kleinen Retuschen, die der Fiktion und ihrer Eitelkeit geschuldet sind. Godwin machte dieses Projekt auch zu seiner Sache, das wohl auch deshalb unvollendet blieb und von ihm als Fragment veröffentlicht wurde.
    Wie sie seine Lehrmeisterin in der Liebe gewesen war, so wollte er ihr das richtige Schreiben beibringen. Anders als Füssli glaubte er nicht an Originalgenies. »Es gibt so etwas wie Talent in der Welt, aber ich habe den starken Verdacht, daß es so etwas wie Inspiration nicht gibt«, schrieb er einem Bekannten. »Jedermann ist oberflächlich, bevor er tief ist.« Er war ein sorgfältiger Arbeiter, der lange an seinen Sätzen feilte. Marys impulsive, oft in fliegender Eile geschriebenen, unregelmäßigen Texte waren in seinen Augen Wildwuchs, den es zu beschneiden galt. Als sie ihm Anfang September 1796 ein Manuskript zu lesen gab – wahrscheinlich die ersten Kapitel des Romans –, kritisierte er sie mit vernichtender Schärfe.
    »Ich habe mich den ganzen Morgen vergeblich bemüht, meine Niedergeschlagenheit zu bekämpfen, die einige Deiner gestrigen Bemerkungen erzeugten; ich will versuchen, ob ich sie abschütteln kann, indem ich die Art der Empfindungen beschreibe, die Du in mir erregt hast.
    Ich beziehe mich auf das, was Du über meine Art zu schreibengesagt hast – daß sie einen fundamentalen Makel habe – einen Wurm in der Knospe etc. Was ist zu tun? Ich muß entweder Deine Meinung mißachten, sie für ungerecht erklären oder verzweifelt meine Feder zu Boden werfen, und das würde bedeuten, daß ich meine Existenz aufgebe, denn als ich fünfzehn war, habe ich beschlossen, niemals um eines Vorteils willen zu heiraten oder ein Leben in Abhängigkeit zu ertragen. Kurz, ich muß darauf vertrauen, daß ich mit meinem Schreiben etwas Gutes bewirke und genug Geld verdiene, oder für immer einschlafen. Ich werde mich nicht damit zufriedengeben, nur Leib und Seele zusammenzuhalten. Ich bin sicher, daß Johnson durch das, was ich bisher für ihn geschrieben habe, Gewinn gemacht hat. Und da ich will, daß Du mein Herz und meinen Kopf genauso siehst, wie sie mir selbst erscheinen, ohne einen Schleier gespielter Bescheidenheit darüber zu ziehen, obwohl dieser ganze Brief auf peinliche Weise von mangelndem Selbstbewußtsein zeugt, kann ich nicht umhin zu denken, daß in meinen Schriften etwas ist, das von größerem Wert ist als in den Produktionen einiger Leute, denen Du warme Lobeshymnen spendest – ich meine mehr Geist – nenne es wie Du willst – mehr Beobachtung eigener Gefühle – mehr von den Schöpfungen meiner Phantasie – dem Ausdruck meiner Gefühle und Leidenschaften – als in den kalten Produktionen des Verstandes mit Materialien, die ihm die Sinne und die Phantasie anderer Schriftsteller zur Verfügung gestellt haben.
    Ich bin ungeduldiger und unzufriedener mit mir, als Du Dir vorstellen kannst, wenn ich Dir sage, daß ich kaum eine Zeile geschrieben habe, die mir selbst gefällt (und sehr wenig, was die Menge angeht), seitdem Du mein Manuskript gesehen hast.«
    Trotz Marys inspirierter Verteidigung ihrer Originalschöpfungen gegen die Sekundärliteratur anderer Schriftsteller hat sie sich doch Godwins Autorität unterworfen und hat sich von ihm lähmen lassen – so wie Füssli sie beflügelt hat. Sie zeigte ihm, was sie schrieb, besprach es mit ihm, korrigierte und arbeitete es nach seinen Wünschen um. »Auch die unerfahrenste Autorinhätte keinen größeren Eifer an den Tag legen können, Nutzen aus den kritischen Meinungen und Vorschlägen zu ziehen«, lobte er. Ob das Buch dadurch besser geworden ist? Godwin selbst scheint daran gezweifelt zu haben. Das kann man sowohl aus seinem Vorwort zu den Wrongs of Woman herauslesen – es hätte ein guter Roman werden können, schreibt er sinngemäß – als auch aus den Memoirs , in denen er Mary seinen Gestaltungswillen als Kuckucksei unterschob.
    »Ich werde mich hier nicht damit aufhalten, den Charakter dieses Werkes zu beschreiben, das, soweit es vollendet wurde, veröffentlicht ist. Ich will nur bemerken, daß Mary, die sich, wie ja nicht anders möglich, ihres Talents bewußt war, doch sehr darauf gespannt schien, ob dieses Werk

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