Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
und Schrecken erwecken würde – eine, die dem Leser Angst machen würde, sich umzuschauen, die das Blut in den Adern gefrieren und den Herzschlag stocken ließ.«
Die Geburtsstunde von Frankenstein , mit dem Mary den Mythos der Moderne schuf. Gegen Ende des Romans setzte sie Füsslis Nachtmahr in Szene.
»Sie war da, leblos und reglos, über das Bett geworfen, ihr Kopf hing nach unten, ihre bleichen, verzerrten Züge von ihren Haaren halb bedeckt. Wohin ich mich auch wende, ich sehe die gleiche Gestalt – ihre blutleeren Arme und ihre gelöste Gestalt, die der Mörder über die bräutliche Totenbahre geschleudert hat …
Als ich noch in den Qualen der Verzweiflung über sie gebeugt war, blickte ich zufällig auf. Die Fenster des Raums waren zuvor verdunkelt worden, und ich fühlte eine Art Panik, als ich das blasse gelbe Licht des Mondes sah, das die Kammer erleuchtete. Die Läden waren aufgestoßen worden; und mit unbeschreiblichem Entsetzen sah ich am offenen Fenster die grauenhafteste, verabscheuungswürdigste aller Gestalten. Auf dem Gesicht des Ungeheuers lag ein Grinsen; er schien höhnisch zu lachen, als er mit seinem teuflischen Finger auf die Leiche meiner Frau deutete.«
* * *
Gilbert Imlay läßt sich noch bis 1801 sicher in London nachweisen – es gab Klagen von Geschäftspartnern –, vielleicht war er auch noch länger da. 1812 schloß ein Mr. Imlay, seines Zeichens »Hersteller von Farbstoffen, die von Brauern verwendet werden«, eine Versicherung ab. Offenbar ist Imlay in keiner Branche lange geblieben, »wahrscheinlich, weil er die Neigung hatte, seine Rechnungen nicht zu bezahlen«.
Erst 1828 finden wir ihn wieder: auf der Insel Jersey, wo eram 20. November im Alter von vierundsiebzig Jahren starb und (auf dem Friedhof von St. Brelade) beerdigt wurde. Jersey scheint eine passende letzte Adresse für einen Betrüger und Spekulanten. Sein Grabstein war mit einem pompösen, wortreichen, wolkigen Epitaph versehen, das irgendwie an die Zeit der revolutionären Visionen erinnert und sie mit Jenseitshoffnungen verquickt: Transient hope gleams even in the grave.
2
Cherchez la femme!
»O ich Tor! Ich rasender Tor! Und rasend ein jeder
Der, auf des Weibes Rat horchend, den Freiheitsbaum pflanzt!« läßt Schiller Georg Forster posthum in seinen Xenien ausrufen.
Ob sich Forster der Revolution in die Arme geworfen hatte, weil seine Frau ihn dazu gedrängt hatte, oder aus Verzweiflung über »das liederliche Weib« (so Johann Reinhold Forster) oder irgendwie aus beiden Gründen, jedenfalls war sie in den Augen seiner Familie an allem schuld. Im März 1794 bekam Forsters Schwester Antonie Besuch von Meta, ehemals Forkel, nun verheiratete Liebeskind, und war von ihrem sanften Wesen, ihrer höchst gebildeten Unterhaltung und ihrem richtigen Verstand sehr angetan, noch mehr aber von Metas Freundschaft zu ihrem Bruder. »Sie hat mir Briefe von ihm geschickt, aus denen ich gesehen, daß ein geschwisterliches Verhältnis zwischen ihnen war. In diesen Briefen sind Stellen, die mein Herz zerrissen haben. Indes er beständig arbeitete, welches die Liebeskind und was er ans Licht gegeben gleich bezeugen, drang Therese immerfort in ihn, dem geselligen Umgang und dem wenigen Genuß, der ihm übrig blieb, noch weniger Zeit zu lassen, und klagte in Briefen und mündlich über seinen wenigen Hang zur Arbeit, und die Mühe die sie hätte ihn im Gleis seiner Geschäfte zu erhalten. Der Charakter dieses Weibes ist mir jetzt fürchterlich geworden, die größten Anlagen des Geistes ganz ohne Herz. Denn so beurteilt sie die Forkeln selbst, die milden Sinnes ist, und nicht Freundschaft für sie fühlte.«
Christian Gottlob Heyne dagegen machte die Ränke der sittenlosen Caroline Böhmer für Forsters Schicksal verantwortlich, außerdem als Wurzel allen Übels dessen Vater, der ihn nicht nur durch eine Erziehung in »sklavischer Abhängigkeit« unheilbar beschädigt habe, sondern auch als Stockaristokrat noch unlängst erklärt habe, »es solle ihn freuen, den Sohn am Galgen zu sehen. Ungeheuer!« Das war sicher eine böswillige Verleumdung. Der alte Forster hatte sich die größten Sorgen um Georg gemacht und gewünscht, »er wäre aus dem Pariser Pandaemonium und irgendwo in Sicherheit«.
Wie die Väter, so haben sich Forsters einstige Freunde und Bekannte, später dann die Literarhistoriker und Publizisten auf die Suche nach (mehr oder weniger) Schuldigen gemacht und sich dabei meist entweder auf Carolines
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