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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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war.Zuerst im Oktober 1789, als eine von Marktfrauen [ 15 ] angeführte Menge nach Versailles zog, wo er und seine Familie bisher in majestätischer Distanz von der Hauptstadt residiert hatten, und den Umzug des Hofes in die Tuilerien, das Pariser Stadtpalais, erzwang. Im November 1790, als das Volk versuchte, in die Tuilerien einzudringen. Und Ostern 1791, als man ihn und seine Familie an einer Reise in ihr Landschloß Saint Cloud gehindert hatte. Danach entschloß er sich schweren Herzens zur Flucht ins Nachbarland, die Österreichischen Niederlande, wozu ihn seine Frau schon lange gedrängt hatte. In der Nacht vom 20. auf den 21. Juni setzte sich die königliche Kutsche in Bewegung, kam aber nur bis Varennes, wo die Flüchtlinge erkannt und festgehalten wurden. Am 25. Juni waren sie wieder in Paris.
    Die Monarchen anderswo in Europa wurden zunehmend nervös. In England zeigte der antirevolutionäre Propagandafeldzug von Regierung, Behörden und Presse Wirkung. Zum ersten prominenten Opfer des sogenannten Volkszorns wurde der berühmte Naturforscher und Dissenter-Geistliche Joseph Priestley, der die Öffentlichkeit mit radikalen Ansichten und zündenden Reden erschreckt hatte. Mit Gesinnungsgenossen hatte er vorgehabt, in einem Hotel seines Wohnortes Birmingham den zweiten Jahrestag des Bastillesturms am 14. Juli 1791 zu feiern, blieb auf Grund von Warnungen aber zu Hause. Das half leider nichts. Eine vermutlich von der Stadtverwaltung aufgehetzte und bezahlte Menge wütete drei Tage lang gegen die Dissenter und brannte Kirchen und Wohnhäuser nieder. Auch Priestleys Haus wurde ein Opfer der Flammen, sein Laboratorium völlig zerstört. Er selbst konnte sich mit seiner Frau zunächst bei Freunden verstecken und dann nach London entkommen, aber in England wurde er seines Lebens nicht mehr froh. Nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in Frankreich wanderte er nach Amerika aus.
    Ende August fand auf französische Initiative in Pillnitz bei Dresden ein Gipfeltreffen zwischen dem preußischen König Friedrich Wilhelm und Kaiser Leopold von Österreich statt, die sich in einer gemeinsamen Deklaration mit ihrem Standesgenossen solidarisierten – »Seine Majestät, der Kaiser, und seine Majestät, der König von Preußen, erklären, daß sie die Lage, in welcher der König von Frankreich sich jetzt befindet, als einen Gegenstand eines gemeinschaftlichen Interesses für alle europäischen Souveräns betrachten« –, und für eine Koalition warben, die das Ancien régime wiederherstellen sollte. Krieg lag in der Luft.
    Zunächst einmal aber unterschrieb der wieder eingefangene Louis XVI gezwungenermaßen die neue Verfassung, die sein Land zur konstitutionellen Monarchie machte.
    Ganz erfüllt von Menschheitsbeglückungsträumen und ein wenig beschwipst von ihrem jungen Ruhm hatte Helen Maria Williams schon bald nach der Publikation ihrer Letters fest vorgehabt, wieder nach Frankreich zu gehen, und diesmal für mehr als nur ein paar Wochen. »Das Motiv oder vielmehr der Vorwand für diese Emigration war die Sehnsucht, gut französisch zu sprechen, die langue constitutionelle , aber der verschwiegene und wahre Grund war die Hoffnung, aus der Nähe den Sieg der Freiheit miterleben zu können.« Sie wollte die erfolgreich begonnene neue Karriere als Revolutionskorrespondentin fortsetzen. Für eine alleinstehende Frau wäre das unschicklich und schwierig gewesen. Deshalb nahm sie die ganze Familie, die Mutter und die Schwestern, mit.
    Mrs. Piozzi wußte das noch nicht, als sie im Februar 1791 an ihre Freundin Penelope Sophia Weston schrieb: »Wissen Sie schon, daß einer unserer kleinen Williams-Lieblinge uns im nächsten Sommer verlassen wird? Fair Helena ist diese Person, und Sie wird für zwei oder drei Jahre in Frankreich wohnen. Ich bin überzeugt, Sie wird als bessere Patriotin zurückkommen, als Sie ging – eine bessere oder liebenswürdigere Frau kann Sie nicht werden.«
    Helen machte der Öffentlichkeit ihren Entschluß in einem langen Gedicht bekannt, in dem sie Zweifel an ihrem Patriotismus zu bekämpfen suchte, sich zu ihrer Liebe zur Revolutionbekannte und versicherte, sie sei trotzdem immer noch die gefühlvolle Dichterin, als die man sie bisher geschätzt hatte. Es war ganz sachlich A Farewell, for Two Years, to England überschrieben und gefiel allgemein.
    Die Analytical Review entdeckte darin wieder die der Verfasserin eigene glückliche Mischung aus Energie und Zartheit: »Das Vorhaben, Frankreich zu

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