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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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eine Gruppe hitzköpfiger Enthusiasten, die ihr Land in den Ruin treiben, unter dem Vorwand, es zu befreien.«
    Helen Williams little democratical book is mighty pretty , bemerkte Mrs. Piozzi spitz. Sie hatte sich darüber geärgert, daß Helen en passant den Engländern mangelnde Wohltätigkeit vorwarf. Ohne Zweifel schlug ihre Abstammung von einem Rebellenvolk durch! »Es ist schon seltsam und sehr merkwürdig, wie aufrichtig die Schotten immer noch die Einwohner dessen hassen, was sie Südbritannien nennen. Keine Nation ist so großzügig und wohltätig wie unsere. Aber Sie ist eine Schottin und von Natur aus für Frankreich voreingenommen.«
    Ein Rezensent warnte, daß die unverheiratete Verfasserin der Briefe aus Frankreich fürchten müsse, ledig zu bleiben, wenn sie weiterhin demokratische Grundsätze vertrete.
    Mary Wollstonecraft hatte mit demokratischen Grundsätzen keine Probleme. Sie besprach Helens Buch für die Analytical Review sehr wohlwollend, fand bestätigt, daß Miss Williams ein gutes Herz hatte, und zitierte beifällig deren Schilderung vom Besuch der geschleiften Bastille. Aber sie wies auch auf die literarischen Qualitäten des Werkes hin und ordnete die »interessanten und unaffektierten Briefe« dieser »gefälligen« Schriftstellerin in eine spezifisch weibliche Literaturtradition ein, die Nische, die die Frauen für sich erobert hatten. In der Kunst des Briefeschreibens waren sie den Männern überlegen. Auch Helen Maria Williams habe die Gabe, auf dem Papier in dieser leichten, unmethodischen Art zu plaudern, »die Briefe Freunden wertvoll und Fremden amüsant macht«.
    Neu war allerdings, daß eine Frau diese Vorzüge in einer Männerdomäne zur Geltung bringen konnte, ohne »aus ihrem Wirkungskreis zu schreiten« (wie es in der Zauberflöte heißt). Wo Religion und Politik unter dem gemeinsamen Nenner der Menschenliebe zusammenfanden, fielen die alten Grenzen. Daß die Letters written in France ein großer Erfolg wurden, liegt sicher daran, daß Helen das geschickt genutzt hat. Vor allem die ergreifende Geschichte von der hartgeprüften Liebe des Ehepaars du Fossé, die als eine Art »Kommentar zur Erklärung der Menschenrechte« im wahrsten Sinne das Herz ihres Buches ist und mehrere Kapitel einnimmt, kam beim Publikum an und erschien bald auch als Separatdruck.
    »Die große Begebenheit, nach welcher sich künftighin das laufende Jahrhundert nennen wird, die Freiwerdung Frankreichs, mußte die Aufmerksamkeit der Briten auf sich ziehen und brachte unter andern auch in diesem Jahre noch verschiedene Schriften hervor, welche jenen erhabenen Auftritt schilderten. Indessen fanden die Briefe der patriotischen Miss Helen Mary Williams über diesen Gegenstand und noch mehr die des Herrn Christie einen desto uneingeschränkteren Beifall in England, je allgemeiner man ihre Unparteilichkeit, ihre Gründlichkeit und die Annehmlichkeiten der Schreibart darin empfand. Es wäre wirklich zu verwundern, daß diese Werke, die man leicht zusammenschmelzen könnte, bei uns nicht übersetzt worden sind, wenn nicht die Kabale so bekannt wäre, welche sich die geduldige Natur unserer Landsleute zunutze gemacht hat, um alles zu verschreien, was nicht auf Einschläferung und blinde Anpreisung des alten Despotismus hinauslief.« So Georg Forster in seiner Geschichte der englischen Literatur vom Jahre 1791.
    Als Helens Buch dann ein Jahr später doch auf deutsch erschien – zwei Übersetzungen sind nachgewiesen –, konnte man es nur noch nostalgisch lesen. Der wohlwollend herablassende Rezensent der Leipziger Ausgabe schrieb (in der Jenaer Allgemeinen Literatur Zeitung ) entschuldigend: »Wenn sie in einigen Stücken zu sanguinische Hoffnungen hegt, von andern, wenigstens zweideutigen, Personen und Sachen spricht; so muß man nicht vergessen, daß die Verf. als Frauenzimmer und Ausländerin nicht immer genau unterrichtet sein konnte, und daß sie zu einer Zeit schrieb, wo Frankreich sich bei weitem noch nicht in der verzweifelten Lage befand, als gegenwärtig, wo eine glückliche Auflösung der großen und verworrenen Staatsaktion nur durch einen Deum ex machina möglich zu sein scheint.«
    Der zweite Band von Helens Berichten aus Frankreich, der einige Monate später herauskam, war schon beim Erscheinen überholt.

Farewell England
    Dem französischen König, naturgemäß kein Freund der Revolution, war mehrmals sehr deutlich geworden, daß er nicht mehr Herr im Haus und Gefangener in seinem eigenen Lande

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