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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Jisraeli, ein Fertigbetonwürfel wurde in Teilen von Ma’aleh Chermesch hertransportiert, damit der Kindergarten eine eigene Bleibe bekam und die Synagoge ganz im Dienst am Heiligtum stehen konnte – und der Synagoge selbst wurde eine umfassende Renovierung vergönnt, die ein neues Dach, Steinwände, farbige Glasscheiben mit Tempelornamenten und eine Klimaanlage beinhaltete.
    An jenem Tag konnten die Arbeiter von Herzl Weizmann nicht kommen. Beide lagen im Trainingsanzug mit vierzig Grad Fieber zu Hause im Bett. Und wenn man auf jüdischer Arbeit bestand, war es schwer, auf die Schnelle Ersatz zu finden, noch dazu an einem solchen Tag. Herzl rief von unterwegs an und setzte Chilik, der im Auftrag der Siedlung für die Baumaßnahmen verantwortlich war, das Problem auseinander. Chilik hatte gar nicht gewusst, dass Herzl heute kam, doch Herzl erklärte, dass er vor dem Schabbat noch ein bisschen an der Synagoge und auch am Kindergarten arbeiten wolle. Chilik rief Jehu an, der nicht antwortete – er antwortete nie; und Josh, der zwar ans Telefon ging, allerdings Erledigungen in Jerusalem machte; und schließlich Gavriel, der sagte, er helfe gern bei der Synagoge, kein Problem, er sei in fünf Minuten dort, es sei ohnehin unmöglich, bei dem Regen auf dem Feld zu arbeiten, und nein, es sei nicht nötig, ihn zu bezahlen, das sei heilige Arbeit, Dienst am Heiligtum.
    Chilik war zufrieden. Ein guter Junge, der Nechuschtan. Solche Menschen gab es kaum noch, Menschen, die bereit waren zu geben und nichts dafür erwarteten. Wenn überhaupt, dann existieren sie nur bei uns, am Hügel, dachte er. Er schlurfte in Hausschuhen zum Wasserkocher, um auf den Knopf zu drücken. Einen Nescafé, den brauchte er jetzt. Im Warmen sitzen, bei dem Sturm draußen, und sich mit einem Nescafé, Keksen und einer CD von Gershwin verwöhnen. Er blätterte die CD s im Regal durch, zog die Rhapsody in Blue heraus und legte sie in das Gerät ein. Er hatte daran gedacht, zur Universität zu fahren, an der Doktorarbeit zu arbeiten, doch nicht einmal einen Hund jagte man an einem solchen Tag hinaus. Wie viele Gelegenheiten gab es schon für einen ruhigen Tag? Dem Herrn sei Dank, dass er so ein Regenwetter beschert hatte.
    Das Telefon klingelte. Er sah am Display, dass es Otniel war. Antworten oder in Ruhe den Nescafé trinken? Chilik war im Zwiespalt. Er rückte die Kipa zurecht, streichelte seinen Schnurrbart. »Nu …«, seufzte er. Die Neugier siegte. Otniel belästigte einen nicht bloß so. Er drückte auf den grünen Knopf. »Ja, Otni?«
    »Hast du gesehen, dass sie neue Befehle ausgehängt haben?«, schoss es aus dem kleinen Gerät wie ein vergifteter Pfeil, der geradewegs mitten in die Pläne von Nescafé und Keksen mit Gershwin traf.
    Gabi traf Herzl in der Synagoge. »Gesegnet sollst du sein«, sagte der Generalsanierer, »alle Achtung, dass du helfen kommst.«
    »Was für eine Frage«, antwortete Gabi und nahm seinen Hut ab. Die weiße Kipa auf seinem Kopf mit dem Bommel am Ende war groß und sein Lächeln breit. »Das ist Dienst am Heiligtum, und du bist ein Zaddik, dass du den ganzen Weg wegen unserem Schabbat gekommen bist. Ein wahrer Gerechter.« Zwar arbeiteten beide in der gleichen Branche und in derselben Siedlung, doch es war noch nie dazu gekommen, dass sie zusammen arbeiteten. Herzl hatte immer andere Arbeiter, Gabi war immer bei Otniel beschäftigt oder mit dem Zimmer, und außer einem »Schalom-Schalom« und ein- oder zweimal, da sie sich Werkzeug oder Zucker für den Kaffee geliehen hatten, hatten sie noch nie ein Wort miteinander gewechselt.
    Auch an jenem Vormittag, als sie zu arbeiten anfingen, wurde zunächst nicht viel geredet. Die Arbeit war simpel: Herzl stieg auf die Leiter, ging mit Hilfe eines Schraubenziehers und eines Schwedenschlüssels alle neuen Verbindungsstellen durch und setzte die restlichen zusammen. Gabi reichte ihm Schrauben und Muttern, und dazwischen räumte er den Saal der Synagoge von Material und Werkzeug frei, das er in einer Ecke zusammenstellte und dann nach draußen brachte, als der Regen aufhörte. Schließlich montierten sie gemeinsam die oberen Holzbalken, die der Decke eine angenehm ländliche Anmutung verliehen, abgesehen von der Stützfunktion.
    In der ersten Pause sagte Herzl: »Du arbeitest gut. Gebe Gott, ich hätte immer Arbeiter wie dich.«
    Gabi nahm lächelnd einen Schluck Tee. »Es gibt viel Arbeit, gelobt sei der Herr. Aber danke. Wenn ich frei bin, immer gern.«
    Es trat Schweigen

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