Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
Vom Netzwerk:
heute früh bin ich per Anhalter unterwegs.«
    »Jotam hat einen Haufen im Schrank. Nimm eins von ihm.«
    Als Roni aus der Dusche kam, erfrischt und in einem grünen T-Shirt mit dem Aufdruck einer Heinecken-Bierflasche auf der Brust, lag der Plastikball zwischen den zerwühlten Laken auf dem Bett, Gabi jedoch nicht mehr. Auch Ronis Uniform, mitsamt Fallschirmspringerabzeichen und der neuen, glänzenden Nadel der Kommandoeinheit, war nicht mehr da.
    Die Kuh
    Wie die Fliegen fielen sie über ihn her, er ließ nur seine Nase sehen, hob bloß den Finger, und schon hielten sie, weiße, rote, silberne, große und kleine, luxuriöse Wagen wie Klapperkisten, Militärfahrzeuge oder Leihwagen. Zwei Minuten am Anhalterplatz des Kibbuz auf der Hauptstraße, und er befand sich in einem Renault 4 auf dem Weg nach Tiberias, mit einem jungen Mann mit Bart und Kipa. Dann kam ein Simca, anschließend ein Subaru, gefolgt von einem Peugeot der Armee, danach ein Lastwagen von Tnuba-Molkereiprodukten in der Nacht, und gegen Morgen war es ein großes, bequemes Auto, schnell und leise, das es ihm ermöglichte einzudösen.
    Alle stellten Fragen. Alle waren einsam und gelangweilt in ihrem Auto, auf ihrer Fahrt, sahen geradeaus und waren ganz versessen darauf zu reden. »Wann hast du die Laufbahn beendet, warum hast du keine Waffe, die Militärpolizei wird dir die Haare abrasieren, tragen alle in der Brigade Palladium Boots? Was ist denn, hast du die Sprache verloren? Wo macht ihr Linie?« Gabi antwortete nicht. Die Hälfte der Fragen verstand er gar nicht. Linie machen? So sehr er sich abmühte, diese Frage zu verstehen, es gelang ihm nicht, sie zu entschlüsseln. Eine Linie machen? Die Frage machte ihm einen Kurzschluss im Hirn. Also antwortete er nicht. Er sagte, er sei sehr müde. Er versuchte einzuschlafen. Er sagte, er könne nicht darüber sprechen. Und sie waren enttäuscht, erbittert: »Aber echt, du bist der erste Golani, der mir hier auf Geheimdienst macht.« Sie wollten reden, dafür nahmen sie ihn mit, um sich die Fahrt zu verschönern. Nur eine sagte sofort, als er einstieg, zu ihm: »Du schaust wie ein Junge aus, die Uniform ist komisch an dir. Hast du sie jemandem geklaut?« Und er, den Rücken halb gebückt, mit einem Bein schon eingestiegen, sah sie an, hielt mit schiefem Lächeln inne, wusste nicht, was er sagten sollte, doch da brach sie in schallendes Gelächter aus, zeigte alle Zähne, und winkte mit der Hand, er solle einsteigen: »Komm, komm, denk dir nichts. Wohin musst du?«
    Noch eine Frage, auf die er keine Antwort gab, denn er wusste es nicht. Er erwiderte: »Wohin fahren Sie?« Wenn die Antwort darauf erfolgt war, sagte er: »Ausgezeichnet, das wäre gut für mich, ich fahre von dort weiter.« Und fast immer fragten sie ihn dann: »Wohin fährst du von dort aus weiter?« oder: »Wo musst du am Ende hin?« Er sagte immer: »Egal«, oder: »Afula ist hervorragend«, oder: »Atlit liegt auf meiner Strecke.« Und dann war er drinnen, in ihrer Welt, ihrem Geruch, ihren Dingen. Die hässlichen Objekte, die am Spiegel hingen. Die Kleiderhaufen, Zeitungen, Flaschen auf dem Hintersitz. Die kleinen oder großen Kinder, deren Blicke immer am klügsten waren, die am besten wussten, wer er in Wahrheit war, ein Betrüger, kein Soldat, doch sie sagten nichts, sie waren letztendlich im gleichen Lager. Das Radio, bei dem ein Teil der Leute immer hartnäckig darauf bestand mitzusingen. Heiße Ventilatorluft, die nicht erfrischte, sondern sich nur zu der Hitze gesellte, die durch klapprige Fenster eindrang. Und er fuhr weiter und weiter, stieg ein und aus, schlief und erwachte, lächelte und brummelte.
    Frühmorgens fand er hinter dem Anhalterplatz irgendeines Städtchens einen Wasserhahn, streifte die Palladiums ab und zog das olivfarbene Hemd aus, wusch sich die Füße, das Gesicht und die Hände und summte ein Lied von Kaveret, das er auf der letzten Fahrt gehört hatte, von einem zerstörerischen Jungen, der das Prinzip erst gelernt hatte, nachdem er abgestürzt war.
    Die Familie Gam-zo-letova – eine religiöse Familie, die jedes Eck in dem Susita Rom Karmel ausfüllte, so dass völlig unverständlich war, weshalb sie für ihn anhielten und ihn hartnäckig aufforderten: »Komm, Jude, komm, wir finden ein Plätzchen, mit Hilfe des Herrn, Malka, David, macht Platz!« – brachte ihn an die erste echte Station seiner Wanderfahrt.
    Die Blinker des Susita hingen seitlich an ihren Kabeln heraus. Der braune Plastikbezug der Sitze

Weitere Kostenlose Bücher